Seelennacht
es irgendwas gibt, das ich machen kann … ich weiß schon, wahrscheinlich gibt es nichts, aber …«
»Sei einfach da.«
»Das kriege ich hin.« Mir wurde klar, dass sich seine Haut schon seit einer Weile nicht mehr gekräuselt hatte. »Und vielleicht brauchen wir uns gar keine Gedanken zu machen. Es scheint vorbeizugehen. Fehlstart vielleicht. Wir sollten noch ein paar Minuten abwarten, und dann können …«
Sein Rücken bog sich durch, sein Körper klappte zusammen, als er einen erstickten Schrei ausstieß. Er brachte zwei keuchende Atemzüge zustande, bevor er sich wieder verkrampfte. Seine Arme und Beine wurden steif. Sein Rücken wölbte sich zu einer unnatürlichen Höhe auf, die Wirbelsäule trat hervor. Sein Kopf fiel nach vorn. Wellen schienen über seine Haut zu gehen, während sich sein Rücken noch weiter bog. Ein langes Wimmern drang aus seiner Kehle.
Dann flog sein Kopf wieder nach oben, und eine Sekunde lang hielten seine Augen meine fest, wild rollend vor Schmerz und Entsetzen, mehr noch als beim ersten Mal, denn damals hatte er bei aller Angst gewusst, dass das normal war, dass sein Körper wusste, was er tat, und es zu Ende bringen würde. Jetzt, nachdem wir von den Mutationen wussten, gab es diese Garantie nicht mehr.
Seine Finger gruben sich in die feuchte Erde, bis die Fingerspitzen in ihr verschwanden, und ich sah, wie sich seine Handrücken veränderten, die Sehnen hervortraten, die Handgelenke dicker wurden. Er stieß einen weiteren Schrei aus und verschluckte das Ende in dem Versuch, leise zu sein. Ich streckte den Arm aus und legte eine Hand auf seine. Die Muskeln wölbten und verknoteten sich. Grobes Haar stieß in meine Handfläche und zog sich wieder zurück. Ich rieb seine Hand und flüsterte, es wäre alles in Ordnung, er hielte sich gut.
Sein Rücken bog sich, und er schnappte nach Luft, und in dem einen Moment der Stille hörte ich Schritte den Pfad entlang in unsere Richtung stapfen.
»Seid ihr Kids da drin?« Es war der Busfahrer. In der Stille des Waldes klang die Frage rauh, die Gestalt erschien als schwarzer Schattenriss vor der Beleuchtung des Rasthofs. »Jemand hat euch hier reingehen sehen. Ihr habt eine Minute zum Rauskommen, sonst fährt der Bus ohne euch ab.«
»Geh«, flüsterte Derek, seine Stimme klang guttural und kaum verständlich.
»Nein.«
»Du solltest …«
Ich schaute ihm fest in die Augen. »Ich gehe nicht. Pssst jetzt.«
»Zehn Sekunden!«, schrie der Fahrer. »Ich halte den Bus nicht auf, nur damit ihr im Wald rumvögeln könnt!«
»Wenn er näher kommt, geh da rein.« Ich zeigte auf das Gebüsch. »Ich lenke ihn ab.«
»Macht er nicht.«
Und in der Tat hatte Derek die Worte kaum herausgebracht, als die Gestalt den Rückzug antrat. Ein paar Minuten später sah ich, wie die Rücklichter des Busses vom Parkplatz fuhren.
»Kein Problem«, sagte ich. »Ich habe Geld. Wir nehmen einfach …«
Derek verkrampfte sich wieder. Dieses Mal flog sein Kopf nach hinten, und er spie Erbrochenes in die Büsche. Die Krämpfe gingen durch ihn hindurch, eine Welle nach der anderen, und jede davon leerte seinen Magen weiter, bis Erbrochenes von jedem Zweig tropfte und der süßliche Geruch sich mit dem schärferen Gestank von Schweiß mischte.
Haar spross und zog sich wieder zurück, und er zuckte und würgte, bis es nichts mehr zu erbrechen gab, aber sein Magen versuchte es immer noch mit fürchterlichen trockenen Würgegeräuschen, die schmerzlich anzuhören waren. Ich richtete mich auf die Knie auf und legte ihm die Hand zwischen die Schulterblätter, klopfte und rieb die schweißnasse Haut, während ich immer die gleichen Beschwichtigungen flüsterte, ohne auch nur zu wissen, ob er mich noch hörte.
Seine Rückenmuskeln zuckten und verlagerten sich unter meinen Händen, die Wirbel seiner Wirbelsäule drückten sich mir in die Handflächen, seine Haut war nass von Schweiß und mit grobem dunklem Haar bedeckt, das sich nun nicht wieder zurückzog, sondern immer länger wurde.
Irgendwann hörte er auf zu würgen und schauderte, am ganzen Körper zitternd vor Erschöpfung, den Kopf fast bis auf den Boden gesenkt. Ich rieb seine Schulter.
»Es ist okay«, sagte ich. »Du machst das super, du hast’s fast hinter dir.«
Er schüttelte den Kopf und machte ein Geräusch, das wohl ein »Nein« war, aber es kam zu guttural heraus, um mehr zu sein als ein Knurren.
»Auch gut«, sagte ich. »Es wird oder es wird nicht, du kannst’s nicht erzwingen.«
Er
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