Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
näher.
Es war unnatürlich ruhig in Laras Zimmer. Der Lärm der Einsatzkräfte schien sie nicht zu erreichen. Frau Meister summte noch immer. ›Maikäfer flieg‹, erkannte Peter Nachtigall plötzlich die Melodie.
»Es war ein toller Plan sich als Journalistin auszugeben. Darauf ist die Frau Markwart sofort reingefallen, nicht wahr? Einmal im Leben wichtig sein. Darauf haben Sie spekuliert und es hat prima geklappt. Woher hatten Sie denn das Medikament?«
Frau Meister sah stumm an ihm vorbei.
Das Messer an Laras Kehle zitterte.
Wieder schob er sich näher an die beiden Frauen heran.
Er konnte jetzt sehen, dass Lara noch atmete. Mit ausgestrecktem Arm wäre es ihm möglich gewesen sie zu berühren. Doch das Messer ließ ihn zögern.
»Lassen Sie Ihre Tochter gehen.«
»Sie lieben sie doch!«
Wo kommt nur das ganze Blut her, überlegte der Hauptkommissar weiter fieberhaft. Es schien mit beängstigender Geschwindigkeit immer mehr zu werden. Er hörte Stimmen von unten aus dem Eingangsbereich, das Martinshorn des Rettungswagens. Also lebte Herr Meister wohl noch. Gut. Wenigstens ein Familienmitglied war in Sicherheit.
»Geben Sie mir das Messer, bitte, geben Sie es mir. Dann ist es vorbei. Das wollen Sie doch auch, nicht wahr? Dass es endlich aufhört. Alle haben Sie verletzt, auf Ihre Gefühle keine Rücksicht genommen – Sie wollen, dass das endlich aufhört. Ich werde dafür sorgen. Das verspreche ich Ihnen. Geben Sie mir das Messer!«
Sie schien in sich hinein zu lauschen.
Das Summen verstummte, begann wieder neu.
Der Moment schien günstig.
Peter Nachtigall warf sich mit Schwung nach vorn und versuchte gleichzeitig die Hand mit dem Messer und das Mädchen zu packen. Mit einer raschen Drehung seines schweren Körpers gelang es ihm eine Barriere zwischen Mutter und Tochter zu schaffen. Den heftigen Schmerz in seinem Arm ignorierend, drückte er das Mädchen fest an sich, rappelte sich auf und hob sie mit hoch. Ein Beamter sprang hinzu und nahm sie ihm ab, während er gleichzeitig auf den Gang nach dem Notarzt rief. Hektische Rufe hallten durchs Haus, Stiefel polterten auf der Treppe, die Musik war noch immer deutlich im ganzen Haus zu hören.
Die Aktion hatte nur Bruchteile von Sekunden gedauert, und er zuckte zusammen, als ihm ein stechender Schmerz in den Rücken schoss. Er ging zu Boden und sah im Fallen Frau Meister auf den Knien, ihre Hände voller Blut – aber das Messer war nicht mehr da. Ein triumphierendes, irres Lächeln umspielte ihre Lippen, dann verlor Peter Nachtigall das Bewusstsein.
56
»Na? Ausgeschlafen?«
Nur zögernd öffnete der Hauptkommissar die Augen. Erst das linke, dann das rechte. An seinem Bett saß Sabine und lächelte ihn fröhlich an.
»Wurde aber auch Zeit, dass du uns wieder mit deiner mentalen Anwesenheit beehrst. Wo du doch so eine tolle Presse hast! Zwei Morde aufgeklärt, zwei weitere verhindert und einen Suizidversuch vereitelt. Die Zeitungen sind voll des Lobes!«
»Ohne dich wäre ich vielleicht zu spät drauf gekommen«, krächzte er und versuchte sich daran zu erinnern, was genau passiert war.
»Ich sehe schon – hier herrscht eine gewisse Verwirrung. Du liegst im Krankenhaus – Nach einer tiefen Stichverletzung musstest du hier versorgt werden. Herr Meister liegt auch hier, ein paar Türen weiter. Ihn hat es richtig übel erwischt. Wenn ich die Gesprächsfetzen richtig interpretiert habe, ist er noch lange nicht über den Berg.«
Sie streichelte seinen Arm.
»Lara wurde der Magen ausgepumpt; sie liegt zur Beobachtung auf einer anderen Station. Frau Meister wurde auch versorgt und ist nun in einer Zelle untergebracht.«
»Aber hoffentlich«, unterbrach er sie mit unruhig flackernden Augen.
»Ja. Unter Beobachtung. Suizidgefahr.«
»Gut. Was haben sie bei mir gemacht?«, fragte er heiser und tastete behutsam über einen Verband an der Lende.
»Genäht. Du wirst eine erotische Narbe neben der Wirbelsäule zurückbehalten. Zum Glück waren genug Rettungswagen vor Ort – sonst hätte es für dich schlecht ausgehen können.«
»Aha. Kann ich aufstehen?«
»Ja. Übrigens die Halsschmerzen und das Krächzen kommen vom Tubus. Sonst ist alles okay. Wohin willst du denn?«
Peter Nachtigall schwang probeweise die Beine aus dem Bett und ließ sich dann stöhnend wieder zurückfallen.
»Dass du aufstehen kannst, heißt nicht, dass es auch ratsam ist!«
»Ich würde gerne einen Krankenbesuch machen. Bei Groovi.«
Er berichtete Sabine von
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