Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
Ernährungsvorschlag meiner Freundin. Instikto zu werden, wäre für mich nicht die richtige Entscheidung. Und die Maiskörner hier brauche ich um Kontakt zu Lucifer herzustellen. Ich denke, sie sind ein gutes Mittel zur Verständigung und werden helfen ein tragfähiges Bündnis zu schmieden.«
Verständnislos sah Peter Nachtigall von der Tüte zu seinem jungen Kollegen und wieder zurück.
»Das glaube ich eher nicht. Wenn ich mich recht erinnere, sprach unser Katechet immer davon, dass Lucifer großes Interesse an Seelen habe – von Maiskörnern war da meines Erachtens nie die Rede. Und du willst doch wohl nicht deine Seele an den Teufel verkaufen, oder?«
»Nein«, lachte der Angesprochene. »Lucifer ist die Ratte von Marlin Storz. Und ich bin sicher, die steht eher auf handfeste Körner als ätherische Seelen mit zweifelhaftem Nährwert.«
»Ah, du willst dich lieb Kind machen. Ja, dann! Und was ist in der Dose – noch eine Leckerei?«
»Mehlwürmer.«
»Oh, die kenne ich«, stellte Albrecht Skorubski lebhaft fest. »Als meine Kinder noch ein Terrarium hatten, musste ich die in der Zoohandlung besorgen. Wenn man sie im Kühlschrank aufbewahrt, bewegen sie sich langsamer und die Metamorphose läuft verzögert ab.« Er machte eine kleine Pause »Allerdings war Frau Skorubski mit dieser Form der Lagerung direkt neben den Lebensmitteln für die menschlichen Familienmitglieder nicht einverstanden.«
»Das kann ich mir vorstellen! Ich möchte gar nicht wissen, was Jule mir erzählen würde, wenn sie so eine Dose mit Würmern neben ihrem fettarmen Käse fände! Da wäre was los!«
Michael Wiener hörte belustigt zu und beschloss den Kollegen lieber nicht zu verraten, was in seinem Kühlschrank so alles aufbewahrt wurde. Seine Freundin Marnie wollte sich später im Hauptstudium auf Zoologie spezialisieren und in ihrer Wohnung tummelten sich schon allerhand tierische Gäste. Da war es manchmal ratsam, nicht in alle Dosen und Behältnisse im Kühlschrank zu gucken.
»Schon was Neues?«, fragte er.
»Das Opfer hat wirklich so einiges an Vorleben zu bieten. Prügeleien, Anzeigen, Gerichtsverfahren. Drogendelikte, ausgerissen, Ladendiebstahl, alles da.«
»Hier ist noch etwas«, Albrecht Skorubski schlug eine neue Seite der umfangreichen Akte auf. »Eine Autofahrerin gab an, sie sei Friederike Petzold ausgewichen, als diese mit dem Fahrrad die Straße zwischen Kahren und Cottbus entlangtrudelte. Du liebe Zeit, noch ein Motiv! Bei dem Ausweichmanöver prallte sie gegen einen Baum. Seither ist sie auf einen Rollstuhl angewiesen! Aber der Richter war wohl nicht gerade streng. Er hat Friederike Petzold nur verwarnt und zu einem Vormittag sozialer Arbeit verurteilt. Frau Christiane Hagedorn war die Fahrerin.«
»Mein Parky mit der Ratte Lucifer ist ein armes Schwein. Da ist wohl einiges in seinem Leben schief gelaufen und heute ist sein bester Freund ein Nager mit schlechtem Ruf. Sein bisheriger Informationsdrang beschränkte sich eben nur auf die lapidare Feststellung, die Parkys seien alle Freunde von Friederike gewesen und hätten das Mädchen geliebt. Mal sehen, ob ich heute noch ein bisschen mehr über die Party und die Gäste erfahren kann. Ich hab ihn herbestellt und ich denke, so in einer Viertelstunde wird er kommen.«
Er nahm den Mais vom Tisch und lief eilig auf den Flur hinaus. Die raschelnden Mehlwürmer ließ er zurück.
»Dieses Behältnis ist doch hoffentlich dicht.« Argwöhnisch trat Peter Nachtigall näher heran und musterte die Dose. Bei genauerer Betrachtung glaubte er schattenhafte Bewegungen darin wahrnehmen zu können.
Angewidert schüttelte er sich.
18
Am späten Vormittag saßen sie auf der Terrasse eines beschaulichen Reihenhauses in Gallinchen. Frau Peters hatte ihre überraschenden Besucher mit Kaffee und Keksen versorgt und sah nun irritiert von einem zum anderen.
»Haben Sie denn neue Erkenntnisse zu dem ›Vorfall‹ von damals?«
Die Anführungszeichen waren deutlich zu hören.
»Nicht direkt, fürchte ich«, antwortete Peter Nachtigall und gab einen ordentlichen Schuss Milch in seine Tasse. »Die junge Frau, von der sie annehmen, sie habe ihrem Sohn die Tabletten verkauft, wurde gestern ermordet. Nach einer Party in ihrer Wohnung.«
Der plötzliche Funke in ihren Augen, der ihm signalisierte, sie habe verstanden, versetzte ihm einen Stich. Es tat ihm leid, aber er konnte ihr das nicht ersparen. Die gutaussehende Frau um die Fünfzig lehnte sich vor und fixierte ihn mit ihren
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