Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
Mal das Taschengeld gestrichen, nur weil sie wieder diese Marihuana-Tütchen bei ihr gefunden hatte.
» Mann, wieso lässt du das Zeug auch immer so offen rumliegen? « , hab ich sie noch gefragt, aber es war wohl einfach so, dass ihre Mutter die möglichen Verstecke ganz gut kannte und einfach alles entdeckte.
Mann, eines Tages stehen die Bullen hier vor meiner Tür, weil die meine Fingerabdrücke auf einem der Beutelchen finden! Ich bin doch registriert – seit dieser Prügelei damals. Aber Monika hat das nicht interessiert. Sie hat nur rumgejammert, weil sie nun für einen Monat kein Geld haben würde, denn natürlich hatte diese schwachsinnige Mutter das Marihuana konfisziert. Den gesamten Vorrat! Für Eltern ist die Welt manchmal so einfach! Wenn mein Kind Rauschgift konsumiert, nehme ich ihm eben sein Suchtmittel weg, drehe den Geldhahn zu und schon löst sich unser kleines Problemchen in Wohlgefallen auf! Wie blöd kann man eigentlich sein?!
Jedenfalls haben wir bei ein paar Gläsern überlegt, was nun zu tun sei. Neben all dem anderen wurde mir klar, dass Monika für mich zum Risiko geworden war, und sie ging mir zudem maßlos auf die Nerven. Ich sann auf eine Strategie – und fand auch eine.
Monika tat, was ich ihr geraten hatte: Sie ging zum Jugendamt.
Eine freundliche, ältere Dame hörte sich an, was sie so über ihre Lebensumstände zu berichten hatte. Monika muss wirklich sehr überzeugend aufgetreten sein. Sie berichtete von Schlägen, wies ein paar blaue Flecke vor, die sie von ihrem Freund vor einigen Tagen verpasst bekommen hatte, behauptete, die stammten von ihrer Mutter, und erzählte noch, sie werde regelmäßig in den Keller gesperrt und bekäme auch oft nichts zu essen. Da ihre Eltern ihr kein Taschengeld zahlten, könne sie sich auch nicht selbst irgendetwas zu essen kaufen und so sei sie häufig vor Hunger geschwächt. Superschlank war sie schon lange, aber das wusste diese Sachbearbeiterin nicht. Die haben doch alle Scheuklappen. Die wollen geschundene Kinder sehen, und wenn wir ihnen Indizien liefern, glauben die jeden Mist, es ist unglaublich!
Beim Abendessen hat Monika ihren Eltern von dem Besuch beim Jugendamt erzählt. Kurz drauf klingelte es an der Tür. Das Jugendamt kam, um seine Pflicht zu tun und eine junge, verletzte Seele aus den Klauen der brutalen Eltern zu retten. Soweit lief noch alles in Monikas Sinne. Die geschockten Eltern mussten zu den erhobenen Vorwürfen Stellung nehmen, der Keller wurde inspiziert und weitere Kontrollen angekündigt.
Aber dann nahm die Sache einen Verlauf, den Monika nicht eingeplant hatte. Ihre Eltern rächten sich. Monika wurde kurzerhand in ein Internat am Ende der Welt verfrachtet. Das ging so schnell, dass sie sich nicht einmal mehr von ihren Freunden verabschieden konnte. Ein Internat, geführt wie ein Knast. Drogenkontrollen, Briefe und Päckchen wurden geöffnet, Ausgang nur in geführten Gruppen bis zu drei Mann. Schluss mit dem schönen, freien Leben ohne Verpflichtungen. Hier wurden Dienste eingeteilt, es gab keine Partys, kein Handy und keinen MP3-Player, kein Kino und kaum mal einen Film im Fernsehen. Monika hat mich dafür gehasst. Später hat sie behauptet, ich hätte ihre Familie zerstört, es sei allein meine Idee gewesen. Was kann ich denn dafür, wenn sie nicht abschätzen kann, wie ihre Eltern auf so eine kleine Bombe reagieren? Sie haben nie wieder ein Wort mit ihr gesprochen. Woher sollte ich wissen, dass Monika so viel Wert auf Familie legen würde, jetzt, nachdem sie sie verloren hat? Das hätte sie sich eben früher überlegen müssen! Schließlich muss man nicht jeden gut gemeinten Rat einer Freundin annehmen, oder?
23
Mittwoch
»Es gibt tatsächlich eine Akte zu Lara Meister.« Albrecht Skorubski winkte mit einem schmalen Hefter.
»Na, so wild sieht die wirklich nicht aus. Braves Kind verkleidet als Punk«, diagnostizierte Peter Nachtigall nach einem Blick auf die Fotos vom Erkennungsdienst. Flüchtig blätterte er die Seiten um.
»Hier findet sich alles wieder – wie Jule es mir erzählt hat. Nach einer Woche tauchte sie wieder auf. Am nächsten Tag hat die Mutter sie zu uns begleitet und die Kollegin hat das Mädchen erkennungsdienstlich behandeln lassen und mit ihr gesprochen. Sie habe sich eingeengt gefühlt von der Fürsorglichkeit ihrer Eltern und die Freundin habe sie dann überredet bei einem ›Heiler‹ Hilfe für ihre Seele zu suchen. Erst habe die Freundin sie versteckt und ihr später das Geld
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