Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
das Ding bezeichnet hat. Das Ding muss weg, sofort.«
»Wo hat sie den Eingriff durchführen lassen?«
»Im Ärztehaus. Es war ’ne kleine Sache. Friederike hat gesagt, im Grunde dauerte es länger es zu machen als es wieder verschwinden zu lassen.«
Nachtigall hustete.
»Moralische Bedenken hatte sie nicht?«
»Ach Quatsch, Moral! So ein Abbruch ist ganz normal, das macht jeder.«
»Und danach war sie zufrieden und glücklich?«
»Ja, geradezu euphorisch. Ich glaube, sie hatte Panik, weil ein Kind haben auch Verantwortung übernehmen bedeutet hätte und da fühlte sie sich wohl völlig überfordert. Na ja, Familie findet sie sowieso widerlich. Und Udo wollte eine mit ihr gründen. Richtig mit Hochzeit und so.«
»Sie haben uns erzählt, er sei ausgerastet, als er von der Abtreibung erfahren hat. Wie haben Sie das gemeint?«
»Na wie wohl! Es war ein bisschen peinlich, weil Friederike am nächsten Tag zur Nachuntersuchung zum Arzt gehen musste. Und der hat eine Menge blöder Fragen gestellt, weil er ihr nicht so einfach glauben wollte, sie sei die Treppe runtergefallen.«
»Udo Wolf hat sie also verprügelt.«
»Ja. Sie war überall grün und blau. Das linke Auge war dick zugeschwollen.«
»Sie waren dabei?«
»Zufällig. Ich war gerade bei Friederike, um zu sehen, ob sie irgendetwas brauchte. Da klingelte es und Udo stand vor der Tür. Ich war in der Küche und habe Tee gemacht. Zuerst konnte ich die Geräusche nicht richtig zuordnen – doch dann hab ich sofort reagiert. Ich bin dazwischen, habe das Handy rausgeholt und gedroht, ich würde die Polizei anrufen. Da hat Udo sich aufgerappelt, umgedreht und im Weggehen die Tür hinter sich zugeknallt. Wir haben dann die Schwellungen gekühlt und Friederike musste sich hinlegen. Der Udo hat ausgesehen, als wäre er völlig ausgetickt.«
»Aber seither ist er nicht mehr bei ihr aufgetaucht?«
»Sie ist ihm aus dem Weg gegangen. Sie hatte Angst, er würde sie beim nächsten Mal totschlagen.«
»Wer könnte sie denn noch so gehasst haben, dass er sie ersticht?«
»Sie haben doch sicher ihre Akte längst rausgesucht. Fragen Sie bei den Familien nach, die immer wieder versucht haben Friederike was anzuhängen. Als ob sie was für die Drogenabhängigkeit der Kinder anderer Leute konnte! Aber die hätten sie bestimmt gerne umgebracht.«
»Sie denken also, dass dealen ganz okay ist?«
»Wer so ein Zeug nimmt ist selbst schuld – nicht der, der es verkauft. Wenn nicht bei Friederike, dann hätten die sich ihre Drogen woanders beschafft! Lächerlich sie dafür anzuzeigen, wenn das eigene Kind Mist baut oder man eben nicht gut Auto fahren kann. Da sollte man doch eher den Fahrlehrer oder den Prüfer verklagen!«
Albrecht Skorubski fuhr sich mit der Hand besänftigend über die Glatze, Peter Nachtigall fröstelte plötzlich und blieb mit der Hand wieder an der schon fast wieder vergessenen Schwellung hängen, als er sich wärmend über die Arme strich.
»Sonst noch jemand? Hatte sie vielleicht bei irgendwem Schulden?«
»Nein, ich glaube nicht. Sie war zwar immer ein bisschen knapp bei Kasse, aber das kann ich mir nicht vorstellen. Außerdem bekäme der dann wohl sein Geld nie mehr zurück, oder?«
Es wurde still. Jeder hing für einen Moment seinen eigenen Gedanken nach.
»Aber ihr Stiefvater war immer ordentlich sauer auf sie. Mit dem hat sie sich auch schon mehrfach richtig gezofft. Vielleicht ist der nach der Party noch bei ihr aufgetaucht und es gab Streit.«
»Wie Sie wissen, haben wir in einem Versteck diese Fotos gefunden«, er reichte ihr eine Auswahl. Lara betrachtete sie und las die Drohungen. Ihr Mund verzog sich zu einem geringschätzigen Lächeln.
»Jetzt glauben Sie, der Fotograf war der Täter?«
»Wäre doch möglich, oder?«
»Friederike war manchmal komisch drauf. Dann hat sie die seltsamsten Sachen gemacht. Hat sich versteckt, die Tür verrammelt und so was. Aber das hat sie schon immer getan – seit ich sie kenne. Und wenn Sie glauben, sie hätte sich durch solch blöde Drohungen erschrecken lassen, dann sind Sie ganz schön auf dem Holzweg! Das ist doch Kinderkram! Sie hat sicher nichts davon ernst genommen.«
Nachtigall nickte bedächtig. Dann zog er unvermittelt einen Beutel mit einem Messer hervor. Aha, dachte Skorubski, das hatte er also unter dem Pullover versteckt.
»Gehört dieses Messer zur Küchenausstattung von Friederike?«
Lara war ganz bleich geworden und die Hände, mit denen sie nach der Waffe griff, zitterten
Weitere Kostenlose Bücher