Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
heftig.
»Wurde sie damit ermordet?«, flüsterte das Mädchen und wirkte wie ein verschrecktes Kind.
»Wir haben das Messer neben ihr gefunden. Gehörte es Ihrer Freundin?«
Lara betrachtete die Klinge, als sei sie ein unappetitliches, außerirdisches Insekt. Dann gab sie den Beutel zurück und schüttelte den Kopf.
»Was ist das überhaupt für ein Messer? So eines habe ich noch nie gesehen. Und Friederike hatte so ein Teil ganz sicher nicht.«
»Das ist ein Filiermeser. Man benutzt es um zum Beispiel einzelne Schnitzel von einem großen Stück sauber und glatt abzutrennen, oder um kleine Fettstreifen vom Fleisch zu lösen«, erklärte Nachtigall.
Lara verzog angewidert das Gesicht.
Richtig, in dem Alter waren viele Mädchen Vegetarier. Ein Gemüsemesser wäre vielleicht als Tatwaffe besser angekommen, überlegte er bissig.
Kaum hatten die beiden den Raum wieder verlassen, setzte die Musik wieder mit ohrenbetäubender Lautstärke ein. Frau Meister, die sich in der Zwischenzeit mit ein paar Schlucken Wein über ihre Einsamkeit hinwegzutrösten versucht hatte, schwankte leicht, als sie die Ermittler zur Tür begleitete.
26
»So, was haben wir?«
»Einen Verdächtigen, der uns nach Strich und Faden belogen hat. Er hat nicht frei, ihm wurde gekündigt. Fristlos. Schon vor fast einer Woche.« Michael Wiener war sauer und sprach perfektes Hochdeutsch. »Wieso erzählt der ein Märchen, das man so schnell als Lüge entlarven kann?«
»Vielleicht hat er einfach gehofft, wir verzichten auf die Überprüfung seiner Angaben, gerade weil er uns die Nummer gegeben hat«, mutmaßte Nachtigall etwas abgelenkt und fuhr in Gedanken über seinen linken Oberarm. Ein wütender Schmerz ließ ihn zusammenzucken.
»Jeden Tag kommen neue Motive hinzu. Was ist eigentlich mit Wolfs Alibi?«
»Alle haben bestätigt zur fraglichen Zeit bei ihrem guten Kumpel Udo gewesen zu sein. Was davon übrig bleibt, wenn sie es beschwören müssen, kann ich natürlich nicht sagen.«
»Also ich finde, der Kindsvater hat schon ein starkes Motiv. In seinen Augen ist es Mord gewesen. Er hätte damit den Tod seiner ungeborenen Tochter gerächt. Das könnte ich schon fast verstehen«, meinte Albrecht Skorubski und goss sich ein Glas Mineralwasser ein.
Sie hatten die Fenster des Büros weit geöffnet, doch eine wirkliche Abkühlung war dadurch nicht zu erreichen. Es wehte ein warmer Wind, der wenigstens die Illusion eines kühlen Luftzugs mit sich brachte. Nachtigall sehnte sich nach einer kalten Dusche.
»Aber die Familien, die sie verklagt hatten, dürfen wir auch nicht vergessen. Wenn jemand Jule so einen Dreck verkaufen würde und sie danach nie wieder sie selbst sein könnte oder gar sterben müsste – glaubt mir, dann hätte ich ein wirklich tragfähiges Motiv.«
»Und würde mir meine gesamte Lebensplanung aus der Hand genommen werden, dann könnte ich auch über Mord nachdenken.« Das entschlossene Gesicht des jungen Kollegen ließ keine Fragen offen.
»Diese Lara hat schon eine eigenartige Lebensauffassung, nicht? Für mich klingt das so wie: Ich mache, was mir gefällt. Wenn du damit ein Problem hast, ist es deins und nicht meins.«
»Ja. Ich bin fast an all dem erstickt, was ich gerne dazu gesagt hätte«, empörte sich Albrecht Skorubski.
»Wir haben also immer noch einen ganzen Sack voller möglicher Mörder«, kam Nachtigall wieder zum Fall zurück. »Alle sagen uns, sie fänden es großartig, dass jemand endlich dieses Mädchen ermordet hat, aber sie seien es nicht gewesen. Gut. Vielleicht stimmt das auch. Aber was, wenn es eben nicht nur einer war, sondern sich einige zusammengetan haben?«
»Wie bei Agatha Christie? Mord im Orientexpress?«
»Nein. Ich denke nicht an einen gemeinschaftlich ausgeführten Mord. Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass er gemeinsam geplant wurde. Einer hat ihn ausgeführt, die anderen sichern das Alibi und wir werden es nie beweisen können.«
»Wir müssen herausfinden, ob die betroffenen Familien nicht doch in Kontakt standen.«
»Als wir Frau Kamenz besucht haben, standen drei Gläser bereit. Sie wusste also von zwei Polizisten, die sie besuchen kommen würden. Diese Information konnte sie nur von Markus Eltern bekommen haben.«
»War vielleicht ein Zufall. Ich glaub eher sie haben gespart und zusammen einen Profi engagiert!« Michael Wieners Augen leuchteten. Ein Auftragsmord in Cottbus! Vielleicht Verbindungen zur osteuropäischen oder russischen Mafia!
»Michael!«, rief
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