Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
neunzehn Uhr? Dann habe ich den Plan fertig«, verabschiedete ihn der Therapeut und Nachtigall wagte nicht zu protestieren.
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Die Fenster waren alle dunkel. Hilde Mandel wunderte sich und spürte eine unbestimmte Unruhe in sich aufsteigen. In der Regel sah Frau Markwart noch fern, wenn sie auf ihrer Abschlussrunde bei ihr vorbeikam, um ihr ins Bett zu helfen. Das Fenster zur Straße war geschlossen und für einen Moment durchfuhr die Pflegerin mit beißendem Spott der Gedanke, wie schrecklich es doch für die Leute in der Straße sein musste, für ein paar Stunden nicht so gut bewacht zu werden. Unbemerkt hätte sich jetzt ein Einbrecher in eines der anderen Häuser schleichen und dort alles Mögliche treiben können, ohne ertappt zu werden.
Sie tastete nach ihrem Schlüsselbund und betrat den stillen Hausflur. Trotz der Hitze auf den Straßen war es hier angenehm kühl. Es roch nach Erde und jemand hatte wohl zum Abendessen einen Fisch gebraten, dessen Dunst sich im Gang gehalten hatte.
Entschlossen steckte sie den Wohnungsschlüssel in die Tür und klapperte dabei ordentlich, damit ihre Patientin sich nicht erschreckte, wenn sie plötzlich mitten im Wohnzimmer stand. Die große, dunkle Holztür quietschte beim Aufdrücken vertraut. Seltsam! Sie war nun ernsthaft besorgt. Es brannte nirgendwo Licht. Hoffentlich war nichts passiert. Schwester Hilde wusste sehr wohl, dass ihre Patientin gerne beim Essen über die Stränge schlug – womöglich hatte sie es übertrieben und sich gründlich den Magen verdorben.
Rasch betrat sie das Schlafzimmer und schaltete das Licht ein. Der Raum war leer. »Frau Markwart?«, rief sie und hörte, wie unangenehm schrill ihre Stimme klang. »Frau Markwart? Ist Ihnen nicht gut?« Schnell ging sie von Raum zu Raum – ganz zum Schluss kam sie in die Küche.
»Um Himmels Willen, Frau Markwart!«, sie hockte sich neben die Frau, die ausgestreckt am Boden lag und tastete mit professionellem Griff nach dem Puls an Hals und Handgelenk. Doch sie spürte sofort, dass der Körper schon kühl wurde. Erwartungsgemäß fand sich kein Puls mehr.
»Ach je, Frau Markwart. Nun sind sie doch ganz allein gestorben. Das tut mir leid.« Schwester Hilde streichelte ihrer Patientin über das Gesicht, schluckte die Tränen hinunter und verständigte den Hausarzt.
Während sie auf ihn wartete, hatte sie ausreichend Zeit über diesen unerwarteten Todesfall nachzudenken.
Kaum hatte er die Reha-Einrichtung verlassen, als auch schon das Handy in seiner Tasche klingelte.
»Nachtigall!«
»Wachtmeister Beil. Wir haben hier eine Tote in der Breitscheidstraße. Das sollten Sie sich vielleicht mal ansehen.«
»Ein Mord?«
»Tja, ich weiß nicht so recht. Der gerufene Arzt und die Angestellte vom Pflegedienst diskutieren noch. Da Sie doch den Mord an diesem Mädchen hier aus der Straße bearbeiten, interessiert Sie das vielleicht.«
»Wie heißt denn das Opfer?«
»Luise Markwart. Und auf dem Küchentisch liegt eine Karte mit der Nummer Ihres Büros.«
»Vielen Dank. Ich bin gerade um die Ecke. Dauert nur ein paar Minuten.«
Peter Nachtigall warf seine Sporttasche in den Kofferraum und warf einen Blick Richtung Busbahnhof.
Wenn er zu Fuß ging, wäre er wahrscheinlich schneller am Ziel als mit dem Auto.
Mit raumgreifenden Schritten verließ er den Hof der Villa und erreichte nach wenigen Minuten die Straße der Jugend. Nun musste er nur noch die Marienstraße entlanggehen. Ein wenig deprimiert eilte er an einigen unrenovierten Häusern vorbei, die man doch so schmuck herausputzen könnte.Die vernagelten Hauseingänge hatten etwas geisterhaftes. Hier wohnte schon lange niemand mehr. Er folgte der Taubenstraße nach rechts und hielt zügig auf den Weltspiegel, ein Kult - Kino der Stadt, zu.
Schon von der Einmündung in die Breitscheidstraße aus entdeckte er den Streifenwagen.
Er klingelte und platzte mitten in eine heftige Auseinandersetzung zwischen Hausarzt und Pflegerin der Verstorbenen.
»Es war doch gar nicht wirklich überraschend! Was haben Sie denn gedacht? Sie hatte Diabetes, ihr Herz konnte diesen massigen Körper nicht mehr ausreichend versorgen, sie hat sich in den letzten Jahren kaum noch bewegt – ich finde es keineswegs erstaunlich, dass sie nun tot ist!«
Jedes Wort traf Nachtigall wie ein Keulenschlag. Er schüttelte sich und versuchte den Kopf frei zu bekommen.
»Hauptkommissar Nachtigall. Man hat mich zu einem unklaren Todesfall gerufen.«
Mit einem leisen
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