Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
bringen wollen. Sie haben zwar gewusst, dass Luise Markwart immer am Fenster hockte, aber Frau Markwart hätte keinen von ihnen in die Wohnung gelassen. Jedenfalls nicht freiwillig.«
»Udo Wolf?«, fragte Albrecht Skorubski.
»Motiv ist klar. Er war oft in der Straße und hat sicher auch von Luise Markwarts Beobachtungsposten gewusst. Vielleicht hätte sie ihn sogar eingelassen, wenn er ihr eine rührende Geschichte von einem um sein Kind betrogenen Vater erzählt hätte. Was meinst du, Michael?«
»Ja, könnte ich mir vorstellen. Zumal er nicht so abgerissen aussah wie die Parkys. Ja – vielleicht hätte sie das sogar spannend gefunden.«
»Gut. Er bleibt also verdächtig.«
Es klopfte und Emile Couvier lächelte sie verschwörerisch an.
»Ich komme zwar ein wenig zu spät, aber dafür bin ich um diese Zeit auch nicht allein unterwegs.«
Er zog seine Hand hinter dem Rücken hervor und präsentierte eine Styroporbox. Mit geheimnisvollem Gemurmel stellte er sie auf Nachtigalls Schreibtisch ab und lüftete dann mit Schwung den Deckel. Vier bunte kleine Eisbecher kamen zum Vorschein, jeder mit drei Kugeln, einem kleinen Löffel und einer Eiswaffel.
Vierzehn Kilo, schoss es Nachtigall durch den Kopf, vierzehn!
»Geniale Idee!«, lobten ihn die anderen erfreut.
Als jeder versorgt war, gingen sie die Liste ihrer Verdächtigen weiter durch.
»Das Ehepaar Weinreich? Wenn die Mutter wirklich ihre Tochter getötet hat, um des lieben Friedens willen, dann könnte ich mir auch vorstellen, dass sie danach einen Beobachter aus dem Weg räumt um unentdeckt zu bleiben. Ein cholerischer Stiefvater würde vielleicht auch wenig Skrupel haben einen Mitwisser zu beseitigen um der Strafe zu entgehen. Ich würde die beiden Kärtchen hängen lassen«, meinte Albrecht Skorubski.
Nachtigall zögerte. Er konnte sich Frau Weinreich nicht in dieser Rolle vorstellen.
»Gut, vielleicht hast du recht. Vielleicht kann ich sie mir nur deshalb nicht als Täterin vorstellen, weil ich bei einer so zarten, blassen Frau nicht an psychische Abgründe dieser Art denken mag.« Er hatte seine Lektion gelernt: Frauen durfte man nicht unterschätzen
»Der Eventmanager? Den könnt ich mir jetzt wirklich gut in der Rolle vorstellen. Bei dem Geld, das der verdient, hätte der sich auch ohne Probleme einen professionellen Helfer leischte könne. Der isch eigentlich mein Lieblingskandidat.«
Nachtigall schmunzelte und ließ das Kärtchen hängen.
»Mit dem habe ich telefoniert. Er war in Cottbus, hat seine Tochter besucht. Es ging um eine Kürzung ihrer Bezüge. Natürlich war sie nicht begeistert. Er hat mir den Kartenbeleg von der Bezahlung seines Tickets gefaxt und auch die Nummer eines Freundes, den er in der Bahn getroffen hat. Herr Wilhelm Brandt. Er hat das Treffen bestätigt. Vielleicht ist er damit aus dem Schneider.«
»Was mich interessieren würde ist, warum wurden die Morde auf so unterschiedliche Weise begangen? Der erste mit dem Messer, der zweite mit Gift. Der Täter hätte doch Frau Markwart auch erstechen können – wäre das nicht einfacher gewesen und vor allem schneller?«
»Der Mörder muss sich einen Vorteil davon versprochen haben. Vielleicht hatte er Angst Frau Markwart könnte anfangen zu schreien.«
»Oder er war der Meinung, er könnte leicht die richtigen Stellen verfehlen – Frau Markwart war schließlich anders als normale Sterbliche – dann hätte sie genug Zeit gehabt sich zu wehren und Hilfe zu alarmieren.«
Emile Couvier lachte, als sich ihm alle Blicke zuwandten.
»Gut, schon gut«, er hob abwehrend die Hände. »Ich denke darüber nach. Am einfachsten wäre es, wenn es sich um verschiedene Täter handelt. Verschiedene Charaktere, verschiedene Mordmethoden, verschiedene Zeiten. Aber ihr wollt unbedingt beide Morde in einen Zusammenhang zwingen – gut. Angenommen der Täter war von Hass erfüllt, als er das Mädchen in der Wohnung überfiel, dann könnte es ihm auch darum gegangen sein, diesen Hass auszuleben.«
»Du meinst – er wollte etwas TUN. Vielleicht war nach einer Phase des Aushaltens eine Grenze überschritten worden und nun musste der Täter aktiv werden. Und er wollte etwas von seinem Erfolg sehen, hören und riechen können. Ein theatralischer Schlusspunkt, ja?«
»Ja genau, Peter. So in der Art. Der zweite Mord musste aus anderen Gründen begangen werden: Es galt einen lästigen Zeugen möglichst unauffällig zu beseitigen. Hätte man dich nicht zu dem Streit gerufen, wäre die Tat
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