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Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Titel: Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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Beule am Oberarm.
    Sie sah ihn fragend an und Nachtigall nickte überrumpelt.
    Frisch geduscht saß er fünfundvierzig Minuten später im Behandlungszimmer einer Hautärztin, von der er immerhin wusste, dass sie Conny hieß und gern Sport trieb. Sie bugsierte ihn zu einem starken Mikroskop und untersuchte die ominöse Stelle gründlich.
    »Es ist sonst nicht meine Art, Patienten von der Straße aufzulesen. Aber wenn ich mich nicht sehr täusche, hast du viel zu tun, wenig Zeit und überhaupt keine gesunde Besorgnis, was deinen Körper angeht. Damit warst du noch nicht beim Arzt, oder?«
    »Nein, im Moment bleibt dafür keine Zeit.«
    »Dieses Ding da sieht nicht gut aus. Das muss ich mal so sagen. Unter dem Mikroskop ist nicht zu beurteilen, ob es harmlos ist, oder nicht.«
    »Und?«
    »Es gibt so eine Art Muttermal, das entwickelt sich auch manchmal in diese Richtung: wird rau, rissig, fängt an zu bluten, verursacht mitunter Schmerzen. Hier laufen auch Hautnerven und die Innenseite der Oberarme ist besonders empfindlich. Als Ärztin kann ich dir nur dringend raten diese unklare Wucherung entfernen zu lassen.«
    »Du willst es rausschneiden?«
    »Ja. Das wäre sicher das Beste. Eine Verschiebeplastik wird nicht notwendig sein, so groß ist es nun auch wieder nicht – aber wenn wir sicher sein wollten – für den Fall der Fälle – im Gesunden operiert zu haben, wird der Schnitt ungefähr so groß werden.« Sie nahm einen Marker und zog einen elliptischen Ring um den dunklen Fleck.
    »So groß? Mit Narkose?«
    »Ach was.Das geht mit örtlicher Betäubung. Aber es wird schon eine Weile wehtun. Ich denke, ungefähr acht Zentimeter lang wird der Schnitt schon sein. Ich würde intrakutan nähen – da bleibt dir später nur ein schmaler Strich als Erinnerung. Das Gewebe schicke ich an ein Labor und nach ein paar Tagen liegt die Auswertung vor. Wie gesagt – es muss nicht unbedingt Krebs sein, aber es wäre möglich. So! Du kannst in Ruhe über die Sache nachdenken.«
     
    Die selbstbewusste Frau zog viele Blicke auf sich. Sie bewegte sich anmutig, war fröhlich und Nachtigall war bezaubert. Ihre Lebhaftigkeit riss ihn mit und für einige Zeit verschwanden Opfer und Täter, Motive und Methoden aus seinem Bewusstsein. Wohlige Schwere hatte von seinem Körper Besitz ergriffen und er entspannte sich zusehends bei einem Glas Wein und scharfem mexikanischem Essen. Das Lokal war voller Menschen aller Altersgruppen, die Musik laut und rhythmisch. Durch die großen Rundbogenfenster sah man auf den Altmarkt. Alle Tische waren an diesem warmen Abend besetzt. Als sie sich nach zwei Stunden verabschiedeten, hatte Nachtigall einen OP-Termin für den nächsten Morgen und eine Visitenkarte, die leicht orientalisch duftete und auf der Dr. Cornelia Stamm den Termin notiert hatte, damit er ihn nicht vergessen würde.

44
     
    Samstag
     
    Es war nur eine kleine Gruppe Trauernder, die sich vor der Einsegnungshalle des Südfriedhofs versammelt hatte. Frau Weinreich war sehr blass und lehnte sich gegen den breiten Körper ihres Mannes. In ihrem schwarzen Kostüm wirkte sie zerbrechlicher denn je.
    Herr Weinreich trug einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd mit offenem Kragen.
    Die beiden Mädchen standen artig neben den Eltern, beide in dunkelblauen Röcken und weißem T-Shirt, den Blick auf den Boden gesenkt.
    Peter Nachtigall hielt sich diskret im Hintergrund. Schließlich wollte er die Beisetzung nicht stören, sondern nur beobachten. Unauffällig sah er sich nach Herrn Petzold um, konnte ihn aber nicht entdecken.
    Die große Flügeltür öffnete sich und die Familie sowie die anderen Trauergäste betraten die Halle.
    Herr Petzold hatte für seine Tochter einen weißen Sarg ausgewählt, der nun groß und beherrschend an der Stirnseite stand, daneben war ein kleines Rednerpult platziert. Leise, getragene Musik erfüllte den Raum.
    Mit festem Schritt ging die Familie Weinreich durch den Mittelgang bis zur ersten Reihe und setzte sich direkt gegenüber dem Rednerpult. Auf der anderen Seite saßen bereits zwei Männer – wie Nachtigall sofort erkannte, Herr Petzold und sein Sohn Dirk. Der junge Mann warf einen raschen, verlegenen Blick auf seine Mutter, rührte sich aber nicht von der Stelle.
    In den dahinterliegenden Reihen verteilten sich Nachbarn der Weinreichs und einige Freunde und Freundinnen von Friederike. Lara Meister saß neben ihrer stocksteifen Mutter in der dritten Reihe. Das Mädchen weinte leise, Frau Meister reichte ihr

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