Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
Wolf. Sie erwartete ein Kind von ihm und ließ es gegen seinen Willen abtreiben.«
»Ach, jetzt verstehe ich. Darum hat er sie Mörderin genannt.«
»Sie wussten nichts davon?«
»Nein. Wie gesagt, es herrschte relative Funkstille zwischen uns.«
»Wofür hat Ihre Schwester ihr Geld ausgegeben? Wir wissen, dass sie großzügig von Ihrem Vater und Ihrer Mutter unterstützt wurde und doch nie mit dem Geld auskam.«
»Sie ging gerne einkaufen. Auch Geschenke für Freunde, oder was sie als solche betrachtete. Ihre Handykosten müssen exorbitant gewesen sein, sie hatte keinen Festnetzanschluss. Da rinnt das Geld nur so davon.«
»Drogen?«
»Klar, die sind auch teuer.«
»Wo hat sie gekauft? Bei wem?«
»Keine Ahnung. Früher ging es einfach auf dem Schulhof, aber sie wird längst andere Quellen gehabt haben. Vielleicht sogar in Dresden. Da fuhr sie gerne hin.«
Nachtigall bedankte sich und sah ihm nach, wie er mit gebeugten Schultern zu seiner Familie zurückkehrte. Er hatte wieder nichts Neues erfahren. Sie traten auf der Stelle und das war ein verdammt unangenehmer Zustand. Dabei hatte es sich zuerst als leicht zu lösender Fall dargestellt.
Er drehte sich um und ging zum Ausgang.
Der Bruder war also auch Opfer irgendeines Coups geworden – was mochte sie ihm wohl angetan haben? War er in Wirklichkeit zu seinem Vater gezogen, weil er seine Schwester nicht mehr ertragen konnte?
Im Auto schaltete er sein Handy wieder ein. Neun Anrufe in Abwesenheit und eine SMS zeigte das Display an. Was konnte das denn nun schon wieder sein?
Die SMS kündigte ihm eine Nachricht auf der Mailbox an, die er noch nicht abgehört habe. Gehorsam wählte er die Nummer der Abfrage.
»Hier Michael Wiener. Ich habe die Nummern aus dem Büchlein gecheckt und dabei eine unter dem Datum des Mordtags gefunden. Es war ein Mietwagen. Natürlich habe ich sofort bei der Firma angerufen, aber dort konnte mir niemand Auskunft geben, wer das Auto geliehen hatte. Die haben mich auf Montag vertröstet.«
Er rief ihn zurück.
»Ein Leihwagen also.«
»Ja. Von einer Werkstatt. Diese Nummer vergeben sie immer, wenn sie einem Kunden einen Leihwagen zur Verfügung stellen, während der eigene zur Reparatur ist. Heute ist nur eine kleine Besetzung da und die Akten liegen beim Chef im Büro. Das ist abgeschlossen. Aber am Montag ist der Chef wieder da. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
»Gut. Da kann man nichts machen. Haben wir eine Telefonnummer vom Chef?«
»Ja. Die schicke ich per SMS. Ich hab auch schon versucht ihn über sein Handy z’erreiche – aber im Moment ist es wohl abgeschaltet – so wie deines!«
»Ich war auf der Beerdigung von Friederike Petzold. Der Udo Wolf war auch hier und hat eine ziemliche Szene am Grab gemacht. Ansonsten nichts Auffälliges.«
»Einer vo dene ischs g’wese – gell?«, fragte Michael Wiener mit breitem Dialekt.
»Ja, aber wer? Und diese Reden – furchtbar! Du hättest glauben können, das Mädchen hätte ein hartes Schicksal gehabt, aber mit keinem Wort hat einer erwähnt, was sie so an Katastrophen verursacht hat. Unser Quartett war auch da – und ich habe mich fast ein bisschen dafür geschämt, dass niemand ... na, ist vorbei. Ich verstehe jetzt vielleicht ein bisschen besser, warum sie das Mädchen nicht in Ruhe gelassen haben.«
»Wir haben doch für heute nichts mehr, oder?«
»Nein. Ich bleibe an der Werkstatt dran. Sollte sich da was ergeben, melde ich mich.«
»Ich bin nämlich gerade auf dem Weg nach Leipzig. Meine Freundin abhole. Und mit ein bisschen Glück finden wir am Wochenende mit vereinten Kräften die Familie dieses Winzlings. Ansonsten muss sie ihn im Zoo abgeben, mir ist das zu stressig. Schließlich lauf ich die halbe Nacht drauße rum und such.«
»Na dann, viel Glück.«
Er parkte den Wagen auf dem Praxisparkplatz und klingelte bei Dr. Stamm. Der Summer ließ ihn ein. Conny lachte, als er in den Wartebereich kam.
»Sieh doch nicht jetzt schon so verzweifelt aus! Dafür hast zu später Zeit, sollten wir einen alarmierenden Befund bekommen.«
Außer ihm war um diese Zeit niemand mehr da. Connys Sprechstunde war schon vorbei.
»Privatpatienten bekommen natürlich ihren Termin nach Absprache!«, neckte sie ihn.
Mit einem flauen Gefühl im Magen zog er sein Hemd aus.
»Das wird nicht reichen. Wir wollen doch keine Keime im OP. Einmal komplett bitte – du darfst die Dessous anlassen und dann diesen Kittel überziehen.«
Als alles vorbereitet war, zog sie eine
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