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Seelensunde

Seelensunde

Titel: Seelensunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silver Eve
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durchtrainiert.
    Naphré überlegte. Butchers Plan war es vermutlich gewesen, sie auf den Friedhof zu führen und sie dann am Rande eines offenen Grabes zu erschießen. Dann hätte er sie danach einfach in die ausgehobene Grube wälzen können. So jedenfalls hätte sie es gemacht, aber dazu hatte Butcher ihr keine Gelegenheit mehr gegeben. Spätestens, als er das Messer gezogen hatte, hatte er ihr keine andere Wahl gelassen. Sie hätte ohnehin nicht riskiert, mit ihm – selbst mit der Pistole im Anschlag – noch eine längere Strecke über den Friedhof zu spazieren. Butcher war erfahren genug, um jede, auch die geringste Gelegenheit zu nutzen, das Blatt noch einmal zu wenden.
    Es half nichts. Ihr stand ein schweres Stück Arbeit bevor. Naphré blickte sich um. Sie spähte durch die Eisengitter des Zauns und ließ den Blick über die Gräber dahinter gleiten, dann die Straße entlang, die sie gekommen waren, und über den Parkplatz. Es war abgesehen von ein paar müden Straßenlaternen und dem Mondlicht, das von Zeit zu Zeit durch die Wolken drang, so dunkel, dass man kaum etwas erkennen konnte. Sie war sich sicher, dass niemand da war. Und dennoch wurde sie das Gefühl nicht los, dass irgendwo jemand lauerte und sie beobachtete.
    Paradoxerweise waren Übernatürliche viel leichter auszumachen als Sterbliche. Sie strahlten eine besondere Energie aus, deren Wellen jeder sofort spürte, der empfänglich dafür war. Und Naphré gehörte zu jenen. Bei den Sterblichen konnte man sich nur auf seine Augen und ein gutes Gehör verlassen.
    Naphré überlegte einen Augenblick lang, wie sie Butcher transportieren sollte. Sie brauchte dazu beide Hände. Deshalb lockerte sie seinen Gürtel, steckte den Spaten mit dem Stiel voran in seinen Hosenbund und griff darauf unter seine Achseln. So zog sie ihn rückwärts watschelnd, bis sie mit dem Rücken gegen das Friedhofstor stieß. Es war mit einer Kette verschlossen.
    Nachdem sie Butchers Leiche losgelassen hatte, untersuchtesie das Hindernis eingehender. Sie rüttelte an der Kette, zerrte an dem Vorhängeschloss, schlug mit dem Griff ihrer Pistole dagegen, aber es half alles nichts. Schließlich nahm sie ihre Glock und sprengte das Schloss mit einem gezielten Schuss. Das Tor kreischte in seinen Angeln, als sie es öffnete, wie in einem billigen Horrorfilm. Passend zu dieser Nacht.
    Naphré wandte sich wieder Butcher zu. Aber bevor sie den Weg fortsetzte, hielt sie inne. Es war nicht das Stück Zeitungspapier, das der Wind über die Straße wehte, was ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Da war noch etwas anderes. Etwas …
    Naphré war, als würden ihr hundert Tausendfüßler den Rücken hinunterkrabbeln. Sie wurde das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden, und dachte an Butchers Bemerkung über die Setnakht-Priesterin, die unbedingt bei ihrer Liquidation dabei sein wollte. Die wildesten Fantasien spukten ihr im Kopf herum – eine Ablenkung, die sie in diesem Moment gar nicht gebrauchen konnte.
    Der Wind legte sich, das Rascheln hörte auf, und sofort blieb es mucksmäuschenstill. Nichts regte sich. Sogar sie selbst verharrte noch immer unbeweglich auf der Stelle. Schließlich nahm sie ihre Last wieder auf und schleppte Butchers Leiche durch den nun offenen Friedhofseingang. Mit dem Fuß stieß sie das Tor hinter sich zu. Man konnte ja nie wissen …
    Der schmale, gepflasterte Weg führte an einer Trauerweide vorbei einen Hügel hinauf. Naphré machte eine Verschnaufpause und fluchte über die Steigung. Sie überlegte kurz. Butcher wäre mit ihr niemals diesen ganzen Weg gegangen, und Mick hatte gesagt, dass es zwei ausgehobene Gräber gab. Sie mussten hier in der Nähe sein. Dabei kam ihr die Frage in den Sinn, was Mick mit dieser ganzen Sache zu tun haben könnte. Hatte er gewusst, dass sie das Ziel war, als er das Geld in den Umschlag gesteckt und ihr anschließend übergeben hatte?
    Sie blickte sich um und entdeckte tatsächlich knapp zwanzig Meter entfernt zwischen zwei Granitmonumenten einen frisch aufgeworfenen Erdhügel. Mit einiger Mühe wuchtete Naphréden massigen Körper in diese Richtung. Butcher schien mit jedem Meter schwerer zu werden. Der Kerl musste eine Tonne wiegen. Naphré war außer Atem, und die Arme taten ihr weh.
    Du musst mehr essen, Mädchen. Wie wär’s mit einer schönen Portion Käse-Pommes mit Soße? Rasch schob sie die Erinnerung an Butchers Redensarten beiseite. Er liebte seine Käse-Pommes. Überhaupt dieses ganze fettige Zeug.
    Wie kam er bloß

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