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Seelensunde

Seelensunde

Titel: Seelensunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silver Eve
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dunkles Haar, und er trug Ohrringe. Er hat sich mir als Mal vorgestellt und gefragt, ob wir nicht zusammen einen Kaffee trinken wollten. Ich fand ihn ziemlich“ – kurzer Blick zu Naphré – „scharf, und deshalb bin ich mit ihm gegangen. Mal war sehr nett. Wir haben uns stundenlang unterhalten.Er war lustig und unterhaltsam. Ich habe ihm auch die Geschichte von meiner vergessenen Handtasche erzählt. Er war so ein guter Zuhörer. Bald darauf hat er mir ein Taxi gerufen. Ich hatte ihm meine Telefonnummer gegeben und dachte, er würde mich vielleicht mal anrufen, aber er hat es nicht getan.“
    Maries Bedauern war deutlich. „Als wir uns verabschiedet haben, ist noch etwas Merkwürdiges passiert, fällt mir dabei ein. Mir war, gerade als ich ins Taxi steigen wollte, als sähe ich auf der anderen Straßenseite einen der Wachleute vom Tempel. Dann ist ein Bus gekommen, sodass mir die Sicht versperrt gewesen ist. Ich habe einen Moment gewartet, aber als der Bus vorbei war, war der Wachmann verschwunden.“
    Alastor hatte aufmerksam zugehört, ohne sie zu unterbrechen. Naphré hatte das unbestimmte Gefühl, als sei ihm die Geschichte mit Mal und Marie nicht ganz neu, aber auch ihr war etwas daran aufgefallen. Es dauerte eine Weile, dann kam sie darauf. Die Beschreibung, die Marie von ihrer Bekanntschaft gegeben hatte, passte genau auf den Mann, dem sie zusammen mit Alastor an der Tür des Nachtklubs begegnet war.
    „Ist Pyotr irgendwann noch mal auf die Sache mit der Handtasche zu sprechen gekommen?“, fragte Naphré dann. Es lag nahe, einen Zusammenhang zwischen diesem Vorfall und dem, was Marie in dieser Nacht zugestoßen war, zu vermuten.
    „Mit keinem Wort. Nur ist er seitdem, wie gesagt, sehr aufmerksam und freundlich zu mir gewesen.“
    „Natürlich“, bemerkte Alastor trocken.
    „Oh mein Gott, was mach ich denn jetzt?“, jammerte Marie leise. Sie klang wie ein kleines Mädchen, das sich verlaufen hatte. „Ich kann doch jetzt nicht einfach nach Hause gehen, oder?“
    „Sicher nicht“, sagte Naphré bestimmt, während es in ihr arbeitete. Dass Marie allein nach Hause ging, kam gar nicht infrage. Das stand fest. „An dem Abend, als du die Handtasche gesucht hast, hast du da einen Namen gehört oder ein Gesicht wiedererkannt?“
    „Nein. Das hat mich Mal auch gefragt. Das Einzige, was ichaufgeschnappt habe, war, dass von irgendeinem Schlachter die Rede war.“
    Schlachter. Oder auch Butcher , das englische Wort dafür. Naphré warf einen Seitenblick auf Alastor. Auch bei ihm hatte es „klick“ gemacht. Das war wirklich neu. „Da bist du sicher?“
    „Ganz sicher.“
    Noch einmal sah Naphré zu Alastor hinüber und war überzeugt, dass er denselben Verdacht hatte wie sie. Butcher war auf den Seelensammler angesetzt worden, und irgendetwas war dabei schiefgegangen. Der Seelensammler war kein anderer als Alastors Bruder, ein Sohn Sutekhs. Kein Wunder also, dass Alastor darauf bestanden hatte, sich Butchers Schwarzer Seele zu bemächtigen.
    „Was war eigentlich der Anlass zu dieser Party, von der du gesprochen hast?“ Dieses Mal war es Alastor, der fragte.
    Marie traten Tränen in die Augen. „Es ging um ein Fest in der Gemeinde, ein Ritual. Ein Schaf sollte geopfert werden.“ Sie wandte sich an Naphré. „Das ist nicht so grausam, wie es sich anhört. Das Schaf wird einfach geschlachtet wie in jedem beliebigen Schlachthof auch, und das Fleisch wird an die Armen verteilt.“ Ihre Stimme klang unsicher, als wäre sie selbst von dieser Rechtfertigung nicht ganz überzeugt.
    Alastor lächelte sarkastisch. „Dass Hochwürden ein Schlachtopfer plante, glaube ich auch. Allerdings ging es wohl weniger um ein Schaf als um ein kleines, dummes Lamm.“ Ein Lamm mit großen braunen Augen und schulterlangem Haar, ein Lamm, das das Pech gehabt hatte, zur falschen Zeit am falschen Ort aufzutauchen. Naphré verstand genau, wen er damit meinte.
    „Oh, mein Gott! Da, schon wieder!“, rief Marie aus und zeigte auf die Wand.
    Dieses Mal wirbelte Naphré so schnell herum, dass sie die Raupe mit dem Handballen erwischte, ein stattliches Exemplar, mindestens sieben Zentimeter lang.
    „Ist ja ekelhaft“, meinte sie, kratzte die Reste des Tiers vonder Wand und warf sie in das Glas, aus dem Marie getrunken hatte. Der hintere Teil des Wurms zuckte noch und versuchte, sich an Naphrés Fingern festzuhalten. Dann sah sie, wie Marie grün im Gesicht wurde. „Raus!“, rief sie und zeigte auf den Flur. „Rechts unter der

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