Seelensunde
lassen“, entgegnete er unwirsch. „Es ist ja nicht so, dass du mich überhaupt nichts angingest. Ich habe dich nicht aus dem Kopf bekommen, seit wir uns das erste Mal an der Tür zum Nachtklub begegnet sind.“
Sie schnappte nach Luft. „Was redest du denn da? Du hast mich doch noch nicht einmal richtig angesehen.“
„Nein?“ Er griff nach ihrem Arm und zog sie an sich. Sie musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht zu sehen. „Schwarze Jeans, schwarze Jacke, schwarzer Pullover, feste schwarze Stiefel wie Wanderstiefel. Kein Schmuck, weder Halskette noch Ohrringe noch Ringe. Du hast versucht, dich möglichst unsichtbar zu machen. Leider hat dir da dein entzückendes kleines Hinterteil einen Strich durch die Rechnung gemacht.“
Alastor sprach nicht weiter. Eigentlich erwartete er jetzt, dass sie ihn beschimpfte oder ihm eine Ohrfeige verpasste, aber Naphré schüttelte nur leicht den Kopf.
„Stimmt, die Stiefel“, meinte sie halb zu sich selbst, „an die hatte ich gar nicht mehr gedacht.“
„Mir ist nichts entgangen. Und ich habe auch nichts vergessen, nicht die geringste Kleinigkeit.“
Lass sie los, sagte er sich. Aber es war stärker als er. Und schon beugte er sich über sie und küsste sie voller Gier und Leidenschaft, drang mit der Zunge in ihren Mund und biss ihr in die Lippe. Zu seiner grenzenlosen Überraschung erwiderte Naphré seinen Kuss mit demselben Feuer.
Nur zögernd löste sie die Lippen von seinen.
„Du bleibst hier, mein Kätzchen.“
„Die Vertraulichkeiten, die du dir herausnimmst, geben dir noch lange nicht das Recht, mich herumzukommandieren.“
Vertraulichkeiten? Das traf es nun wirklich nicht. Er wollte sie besitzen, sie als sein Eigentum brandmarken, ihr ein Zeichen auf die Stirn malen oder sonst etwas vollkommen Unzivilisiertes mit ihr anstellen, damit sich ab sofort keiner auch nur in ihre Nähe traute. „Mit Vertraulichkeiten hat das nichts zu tun“, meinte er schließlich.
„Womit dann?“
„Mit …“ Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, wurde sich aber gerade noch rechtzeitig der Hilflosigkeit dieser Geste bewusst und ließ die Hand sinken. „Damit, dass ich dich in Sicherheit wissen will, hier …“
„Hier? In der Küche? Ich soll dann auf dich warten und dir vielleicht noch einen Kuchen backen, wenn du wiederkommst?“
„Wäre nicht schlecht – nein, entschuldige … Verdammt noch mal!“ Wie sollte er ihr etwas erklären, das er nicht einmal selbst verstand?
Naphré gab ein verächtliches Schnaufen von sich. Dann trat sie dicht an ihn heran, stellte sich auf die Zehenspitzen und nahm sein Gesicht zwischen die Hände. Sie war ihm so nah, dass er ihren Atem im Gesicht spürte. „Ich werde hier nicht auf dich warten, Alastor. Das kannst du von jemandem anderen verlangen, nicht von mir.“
Er nahm ihre Hände weg. „Das ist kein Spiel, Naphré.“
„Doch. Das ganze Leben ist ein Spiel, sagt der Weise. Wie Schach. Man muss immer zehn Züge im Voraus berechnen. Und da ist noch etwas: Ich muss herausfinden, was Izanami so dringend von mir will. Deshalb muss ich mitkommen. Ich verstehe es nicht. Meine Seele gehört ihr nicht. Sie gehört jemandem anderen.“
„Jemandem anderen“, wiederholte Alastor. „Aber Isis ist es nicht.“
„Nein.“
„Und wem?“ Alastor kannte die Antwort, wollte es jedoch aus ihrem Mund hören. Er wollte, dass sie Vertrauen bewies.
„Wem meine Seele gehört? Das beginne ich mich auch zu fragen.“ Sie lachte trocken. „Vielleicht gehört Isis doch noch ein Stück davon, vielleicht aber auch Izanami. Ich wollte, ich könnte sagen, sie gehört mir allein.“
„Kannst du aber nicht, oder?“
„Nein.“ Sie biss sich auf die Lippe. „Ich habe meine Seele verkauft, um zu überleben. Einem Dämon. Es war völlig unsinnig und obendrein nutzlos, denn nichts war damit gewonnen. Ich bin genau da gelandet, wovor ich weglaufen wollte. Ich habe praktisch nur den Arbeitgeber gewechselt.“
„Kannst du das ein bisschen genauer erklären?“
„Nein. Es ist eine lange, verwickelte Geschichte. Sie spielt jetzt keine Rolle. Wir haben etwas anderes zu tun. Wir sind noch mit ein paar Maden verabredet.“
Isis, Sutekh, Izanami … Wem ihre Seele nun eigentlich gehörte, war tatsächlich schwer zu entscheiden. Sehr unübersichtlich, dachte Alastor. Dass Naphré dennoch so selbstbewusst wirkte, war bewundernswert.
„Und du hast wirklich keine Ahnung, was Izanami von dir will?“
„Nicht die
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