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Seelensunde

Seelensunde

Titel: Seelensunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silver Eve
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Erlösung.
    Nein, das musste er gleich wieder streichen. Für ihn gab es keine Erlösung. Er war, was er war: Sutekhs Sohn, Sutekhs Laufbursche, Seelensammler bis in alle Ewigkeit.
    Seine Gedanken gingen so seltsame Wege. Gefährliche Wege. Er brauchte seinen Zuckerschub. Sofort. Es kostete ihn so unglaubliche Mühe, mit der Hand in die Hosentasche zu langen, als müsste er sich durch zähe Widerstände hindurcharbeiten. Mit aller Kraft musste er sich darauf konzentrieren. Endlich ertastete er die vertraute, eckige Form des Toffees. Es gelang ihm, ihn aus dem Papier zu wickeln. Er nahm den süßen Duft des Karamells wahr. Das war seine Süßigkeit, die er hierher mitgebracht hatte. Das war wichtig. Er schob sich den Bonbon in den Mund und spürte augenblicklich den Schub, den der Zucker ihm gab.
    Alastor schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, fragte er sich, ob es nur ein Lidschlag gewesen war, oder ob er geschlafen hatte.
    Zwei rot glühende Punkte erschienen in der kompletten Finsternis, die nicht zu begreifen war, denn Alastor konnte bei Dunkelheit ebenso gut sehen wie am helllichten Tag. Aber hier war alles schwarz vor seinen Augen. Bis auf die beiden roten Punkte.
    Nein, es waren Augen, die wie Kohlen glühten. Dann erschienen zwei Zahnreihen darunter, so weiß, dass sie im Dunkeln leuchteten. Sutekh. Er kam, um ihn zu holen. Alastor erkannte ihn in seiner Gestalt als Höllendämon. Dabei hatte er sich seinem Sohn sonst ausschließlich in menschlicher Gestalt gezeigt, seit er ihn aus seiner Familie gerissen und zu sich genommen hatte.
    Dachte er gerade noch, festen Boden unter den Füßen zu haben, merkte er nun, wie ihm das eisige Wasser in Mund, Nase und Ohren drang. Er trieb im Fluss. Immer noch. Die ganze Zeit schon.
    Die Strömung war reißend. Das Wasser rauschte und schäumte und riss ihn mit sich. Von allen Seiten war er von ohrenbetäubendem Brausen umgeben. Er taumelte hilflos und haltlos darin herum. Dann ein Wasserfall. Er fiel über die Kante, wirbelte herum und machte sich auf den Aufprall gefasst. Er überlegte, wie er ihn abfedern konnte, aber es kam anders als erwartet. Mit der Schulter zuerst schlug er hart auf. Der Schmerz war so heftig, dass es eine Weile dauerte, bis Alastor wieder zu sich kam.
    Er rappelte sich auf. Er hockte sich hin, fuhr sich mit der Hand über die Augen, um das kalte Wasser wegzuwischen, und blickte um sich.
    Über ihm breitete sich, so weit das Auge reichte, ein purpurroter Himmel aus. Das Gelände war eben. Keine Berge, keine Bäume, noch nicht einmal kleinere Erhebungen. Die einzige Unterbrechung der Monotonie war der Fluss, der die Farbe des Himmels widerspiegelte und so wirkte wie ein reißender Strom von Blut. An einigen Stellen, wo es zu Turbulenzen kam, schäumte das Wasser an der Oberfläche auf und nahm eine rosarote Färbung an.
    Von einem Wasserfall war nichts zu sehen. Auch die Landschaft mit der Schlucht und den Felsen, in der er sich eben noch mit Naphré befunden hatte, war restlos verschwunden. Alastor überlegte, ob das, was er sah, nun Illusion oder Wirklichkeit war. In der Unterwelt musste man auf beides gefasst sein. Und da er nie zuvor in Izanamis Reich gewesen war, war es erst recht nicht voneinander zu unterscheiden.
    Plötzlich ertönte die Melodie von „Friend of the Devil“ von Grateful Dead. Es war sein Handy. Den Klingelton musste Malthus ihm heruntergeladen haben. Sehr witzig, dieser Spinner, dachte Alastor.
    Es kostete einige Mühe, das Mobilfon aus der Tasche der nassen Hose zu klauben. „Ja?“, meldete er sich knapp.
    „Alastor?“
    Er war erstaunt, Naphrés Stimme zu hören. Sie klang tonlos und unbeteiligt. Bei Alastor schrillten die Alarmglocken. Er kannte Naphré inzwischen gut genug, um zu wissen, dass sie immer so klang, wenn sie aufs Höchste angespannt war.
    „Ich hätte nicht gedacht, dass wir hier ein Netz bekommen“, meinte sie dann.
    „Ja, ich wundere mich selbst darüber. Allerdings weiß ich nicht genau, wo hier eigentlich ist.“ Er hielt einen Moment inne, bevor er weitersprach. „Wie kommst du denn an meine Nummer? Ich kann mich nicht erinnern, dass ich sie dir gegeben hätte.“
    Die Antwort ließ einige Sekunden auf sich warten. „Keine Ahnung. Ich habe einfach das Handy herausgeholt und gesehen, dass ich Empfang habe. Dann habe ich die zuletzt gewählte Nummer aus meiner Liste angerufen, und du warst dran.“
    Alastor war sich sicher, dass er sie nicht angerufen hatte. „Wo bist du jetzt?“
    Wieder

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