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Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition)

Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition)

Titel: Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Stefan Burkhardt
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gedauert, bis der Schock kam, doch nun war die ganze Tragweite des Anschlags in ihr Bewusstsein gedrungen. Bilder des Messers in der knochigen Hand des Alten liefen vor ihrem geistigen Auge ab, der fast schon irre Gesichtsausdruck, als Lackner auf sie zugeschossen kam. Und die Tatsache, wie knapp es letztendlich gewesen war.
    Peter knallte mit der Faust auf den Tisch. »Rede endlich«, schnauzte er Lackner an.
    Als dieser keine Reaktion zeigte, schlug ihn Peter mit der flachen Hand ins Gesicht. Hätte der Greis seine Brille noch getragen, wäre sie ihm sicher im hohen Bogen davongeflogen.
    Maren betrachtete die Flecken, die Peters Hand an seiner Wange hinterließen. Lackner bewegte den Mund, als hätte es ihm plötzlich die Stimme verschlagen, und schaute mit winzigen Augen auf die Tischplatte. Seine kümmerlichen Haarreste standen ihm in Büscheln zu Berge.
    Peter schlug dem Greis ohne Vorwarnung ein weiteres Mal ins Gesicht. Diesmal auf die andere Wange. Ein kleiner Blutstropfen bildete sich an Lackners Lippe und lief ihm das Kinn herab. Aus welchem Grund auch immer schien das Peter nur umso wütender zu machen. Sein dritter Hieb traf Lackner am rechten Nasenflügel und ein hellroter Sturzbach bahnte sich einen Weg aus dem haarigen Nasenloch.
    Bevor Peters Hand zum vierten Mal ausholen konnte, umklammerte Maren sein Armgelenk.
    »Es reicht«, sagte sie leise.
    Peter nickte stumm.
    Doch die Schläge waren nicht nutzlos. Nachdem der Greis sich einen Taschentuchzipfel in das linke Nasenloch gestopft hatte, fing er endlich an zu erzählen. Erst mit stockender und rauer Stimme, dann immer flüssiger und weicher. Der alte Mann schien sich an jede einzelne Szene noch genau zu erinnern.
    Eine ohrenbetäubende Detonation schlug nicht weit von ihm ein. Äste splitterten und flogen umher. Blitzschnell senkte Karl Gustav den Kopf. Etwas Stumpfes knallte gegen seinen Stahlhelm. Schnee spritzte ihm ins Gesicht.
    »Allmählich verstehen die Russen keinen Spaß mehr«, sagte eine gepresst klingende Stimme neben ihm. Er blickte zur Seite und sah Wilhelm auf ihn zurobben.
    »Bleib da!«, schrie Karl Gustav. Es war viel zu gefährlich, sich ohne Deckung durch die Gegend zu bewegen. Doch sein Kamerad hatte ihn schon Sekunden später erreicht und krabbelte in die kleine Kuhle, die Karl Gustav vor nicht einmal einer halben Stunde mit seinem Klappspaten mühsam ausgehoben hatte.
    Das Feuer von Maschinengewehren ertönte.
    »Wo sind sie?«, fragte Karl Gustav.
    »Überall. Sie haben uns von drei Seiten eingekesselt. Wir müssen dorthin.« Wilhelm zeigte auf die dünn bewaldete Lichtung hinter dem Hügel.
    »Nicht dein Ernst«, schnaubte Karl Gustav. »Da sieht man uns wie die Hasen auf dem Felde.«
    Wilhelm lachte dröhnend. Abgesehen von Wilhelm hatte Karl Gustav noch nie einen Menschen derart lachen hören. Dieses Geräusch assoziierte Karl Gustav stets mit einem Kettenraucher, dessen Lunge sich gerade abzulösen begann. Dabei rauchte Wilhelm gar nicht.
    »Glaub mir, wir haben keine andere Chance«, meinte der Bauer noch immer glucksend.
    Karl Gustav wollte antworten, aber in diesem Moment brach das Inferno um sie herum los. Patronen surrten durch die Luft, in der Ferne waren schwere Fahrzeuge zu hören, höchstwahrscheinlich Panzer. Der Feind schien Munition im Überfluss zu besitzen, denn er schoss auf mindestens jeden zweiten verdammten Baum.
    Irgendwo auf der rechten Seite, von dort, wo Wilhelm angerobbt war, ertönten Schreie. Aber nur kurz. Maschinengewehre ratterten, und die darauffolgende Stille war fast noch unheimlicher.
    »Wenn wir nicht gleich abhauen, werden wir gegrillt«, stellte Wilhelm ruhig fest. »Als Hasen haben wir wenigstens eine Chance.«
    »Also gut«, antwortete Karl Gustav. »Wann …«
    »Jetzt«, unterbrach Wilhelm und sprang mit Geschrei aus dem Schützengraben. Das war typisch für ihn. Seit er so heftig an den Kniescheiben und im Gesicht verletzt worden war, schien er keine Angst mehr vor noch schwerwiegenderen Frakturen zu haben.
    Karl Gustav hatte Mühe, seinem Kameraden zu folgen. Seine Brille war total beschlagen, der wehende Schnee hatte einen feinen Film aus winzigen Wassertröpfchen darauf hinterlassen. Wilhelm hatte bereits zwanzig oder mehr Meter Vorsprung, als eine Granate fast direkt neben ihm einschlug. Karl Gustav sah mit angstverzerrtem Gesicht zu, wie Wilhelm von den Beinen gerissen und in die Höhe geschleudert wurde. Nicht zum ersten Mal war Karl Gustav dankbar dafür, dass in dieser

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