Seelentausch - Ein dunkles Familiengeheimnis (German Edition)
überwinden. Und selbst die Patronen, die das Monster am Hautschwulst neben dem Kopf oder sogar direkt im Gesicht trafen, konnten nichts ausrichten. Sie prallten einfach ab, als würde der Käfer über ein unsichtbares Schutzschild verfügen oder eine zweite, innere Hülle aus Stahl besitzen. Als die ersten Männer nachladen mussten, riss der Käfer sie mit mächtigen Bewegungen seiner Schere in Stücke.
Kurzzeitig wurde es gespenstisch hell. Etliche flammende Lichter schwebten in der Höhle umher, und alle wurden sie von der hervorschnellenden Zunge des Käfers eingesammelt. Danach machte sich das Vieh wiederum daran, die leblosen Körper noch weiter zu zerteilen und aufzufressen. Dies alles geschah mit atemberaubender Geschwindigkeit. Peter fuhr sich schnaufend durch die schweißnassen Haare. Während dieser kurzen Zeit hatte das Monster bereits vier Soldaten zerteilt, die Energie aufgesaugt und Teile von ihnen gegessen. Inzwischen fraß es längst nicht mehr alles. Meistens begnügte es sich mit einem Oberschenkel oder einem Arm. Die Köpfe seiner Opfer wanderten allerdings in jedem Fall in sein mächtiges Maul.
Peter sah, wie sein treuer Kamerad Dieter mit angstverzerrtem Gesicht zu Lackner und ihm herüberstarrte. Sein Lebensretter von einst rief um Hilfe, warf seine Waffe weg und wollte einen Schritt auf sie zumachen, als eine der Scheren seinen Unterleib durchbohrte. Sie ging durch seinen Körper als bestände er nur aus warmer Butter. Als die zweite Schere seinen Kopf abknipste, schaute Peter schnell zu Boden. Dennoch sah er aus den Augenwinkeln heraus, wie das vertraute Gesicht seines Kameraden über den ebenen Steinboden rollte. Sogar seine Augenlider bewegten sich noch einmal und schienen ihm auf diabolische Weise zuzuzwinkern. Dann erschien das Licht, und der Käfer schnappte danach, kurz bevor er sich den Kopf einverleibte.
Peters Beine knickten ein, sein Körper rutschte an der Wand herunter. Sein Magen rebellierte. Mit den anderen Soldaten verband ihn nichts, aber Dieter hatte sich von Anfang an um ihn gekümmert. Ein ums andere Mal hatte Zwirbelbart ihn aus misslichen Situationen gerettet. Peter hörte das Geräusch des zermalmenden Schädels, und er konnte nicht mehr an sich halten. Es gelang ihm gerade noch, den Kopf zur Seite zu drehen, bevor er sich übergab.
In der Höhle blinkte und leuchtete es inzwischen wie bei der Einlaufparade eines erfolgreichen Eishockeyteams. Die Zunge des Käfers hatte Schwerstarbeit zu verrichten, um alle Lichter zu fangen. Aber sie schaffte es. Keine der menschlichen Energien ging sinnlos verloren.
Am Schlimmsten war das mörderische Treiben der Kreatur am Felsen, der den Eingang sicher und fest verschlossen hielt. Hierhin war fast die Hälfte der Soldaten geflüchtet. Insgeheim hofften sie anscheinend noch immer auf ein Wunder. Ein Felsen, der einfach so aus dem Boden wuchs, konnte mit etwas Glück ja auch plötzlich wieder verschwinden. Peter beobachtete, wie sich die Soldaten dagegen stemmten und mit ihren Fäusten auf den kalten Stein schlugen, bis ihre Hände blutige Klumpen waren. Das Monster hatte leichtes Spiel und konnte seine Opfer beinahe im Sekundentakt auseinandernehmen.
»Ich kann nicht mehr«, hörte sich Peter erschöpft sagen.
»Gleich ist es vorbei«, antwortete Lackner schleppend.
Auch seine Stimme klang jetzt tonlos und keuchend. Er hatte seine Brille abgenommen, hielt sie mit einem der Bügel in der rechten Hand und starrte ausdruckslos auf seine Stiefel. Die grausame Szenerie hatte also endlich auch bei ihm Spuren hinterlassen.
Dann verebbten die Schreie.
Peter schaute um sich, und auch der verbliebene Mageninhalt wollte unbedingt heraus. In der Höhle sah es aus, als wäre eine Bombe eingeschlagen. Der ganze Boden war übersät mit Körperteilen, Blut und Innereien. Der rauchige Duft der Patronen war längst verflogen. Es stank inzwischen bestialisch.
Ein Stöhnen lenkte seine Aufmerksamkeit von den menschlichen Überresten ab. Hauptmann Wissenhagen stand in der Mitte der Höhle und drehte sich entsetzt im Kreis. Seine Waffe hatte er fallen gelassen.
»Was bist du?«, schrie er den Käfer an, der genüsslich an einem Oberschenkel herumnagte und ihm den gepanzerten Rücken zudrehte.
Lackner stieß sich mit den Händen von der Wand ab.
»Wir können ebenfalls Hauptmann zu ihm sagen«, erklärte er dem völlig verwirrt dreinblickenden Kompaniechef. »Er ist mächtig. Er gibt uns ein neues Leben.«
»Wa... Was?«, stammelte der
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