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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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sind wir vermutlich nicht sicher.«
    Charlotte blickte schärfer als ein Dolch. »Noch so eine spöttische Bemerkung, und ich infiziere Sie mit dem Papillomavirus.«
    Mit gefährlichen Krankheiten kannte sie sich aus. Was war bloß los mit dieser Frau? »Und was soll das jetzt wieder sein?«
    »Warzen«, sagte George.
    Lachen kam nicht infrage, rief er sich ins Gedächtnis. »Entschuldigung. Lassen Sie mich die Lage bitte mithilfe von
Worten
bereinigen: Wir sind hier sicher! Barlo ist ein alter Freund. Seine Boxer kennen mich. Wir können hier offen sprechen.«
    Sie ließ den Kopf hängen.
    George riss sich die durchweichte Matte vom Kopf und warf damit nach seinem Bruder. Jack duckte sich, die Perücke klatschte gegen die Wand.
    »Schwachkopf!«
    »Wer? Ich?« Jack blinzelte und setzte eine Miene engelsgleicher Unschuld auf.
    »Du!« Ein weißer Glanz legte sich über Georges Augen. »Zwei Wochen! Ich habe Parris zwei Wochen lang beschattet, und du vermasselst mir die Tour. Dabei hättest du mir nur aus dem Weg gehen und diese Typen im Auge behalten sollen. Was zum Teufel hast du angestellt?«
    Jack zuckte die Achseln. »Einen Fisch gestohlen.«
    Richard verkniff sich ein Lachen. Wenn er für jedes gleichlautende Gespräch, das er mit Kaldar geführt hatte, eine Dublone bekommen hätte …
    Georges blaue Augen weiteten sich. »Wieso?«
    »Weil ich Hunger hatte. Und langweilig war mir auch. Aber vor allem hatte ich Hunger.« Jack breitete die Arme aus. »Schau, ich habe nur einen kleinen Fisch genommen, und da fing dieser Typ an zu schreien, also habe ich ihm eins mit dem Fisch verpasst. War doch nicht meine Schuld, dass er gestolpert und in den Obstkarren gefallen ist. Ich habe gelacht, und dann sind alle hinter mir hergerannt.«
    Die Wut in Georges Gesicht wich eiskalter Entschlossenheit. Seine Stimme klang mit einem Mal ganz ruhig. »Dann ist also diese stocksaure Meute hinter dir her. Und warum hast du sie zu mir geführt?«
    Jack riss spöttisch die Augen auf. »Weil du ein Bad nötig hattest.«
    George zog sich seine Lumpen über den Kopf und schleuderte sie zu Boden. Er trug eine grau-schwarze Tunika und Hosen. Gute Wahl, fand Richard. Die Kleider schmiegten sich an seinen Körper, ließen ihm aber ausreichend Bewegungsfreiheit. In den wenigen Jahren, die er ihn nun kannte, war der Junge ordentlich gewachsen. George würde zwar nie ein großer Mann sein, verfügte aber über die verheerende Kombination aus geschmeidigen Muskeln, Schnelligkeit und Disziplin, die einen gefährlichen Schwertkämpfer ausmachte.
    »Zwei Wochen in dieser Gasse. Regen, Hitze, Leute, die mich im Vorbeigehen getreten haben. Und da findest du, ich brauche ein Bad.«
    »Wasser schadet dir nicht. Echt. Du warst dreckig.«
    »Mhm«, machte George.
    »Hast du überhaupt eine Ahnung, wie übel du gestunken hast?« Jack rümpfte die Nase.
    »Ich musste so stinken. Ich habe nämlich so getan, als wäre ich ein Bettler. Du hast mir meine Tarnung versaut.«
    »Deine Tarnung war sowieso hinüber«, sagte Richard. »Parris weiß, dass der Spiegel ihn beschattet.«
    »Siehst du?«, sagte Jack.
    »Aber darum geht es nicht. Weil dir langweilig war, hast du zwei Wochen Arbeit zunichtegemacht. Jetzt werde ich von diesem Auftrag abgezogen, und jemand anders muss meinen Platz einnehmen.«
    Jack zuckte die Schultern, allerdings ein bisschen weniger selbstsicher. »Schön. Es ist Sommer. Und du arbeitest nur. Vielleicht können wir uns jetzt endlich auch mal amüsieren.«
    »Ich bringe dich um«, sagte George ruhig.
    Noch so ein vertrautes Gefühl. Diese Wunden mussten bluten, sonst würden sie eitern.
    »Jungs«, begann Charlotte. »Ich glaube wirklich nicht …«
    Ein leuchtend gelber Glanz überzog Jacks Iriden. Er war zwei Jahre jünger als George, bereits genauso groß und in den Schultern sogar breiter, und er setzte allmählich kräftige Muskeln an. Einer der Vorteile, wenn man Gestaltwandler war. Allerdings gab es auch jede Menge Nachteile.
    Jack näherte sich George. »Na los!«
    George holte aus und stürzte sich auf ihn. Jack wollte ihn abblocken. Doch George drehte sich mitten im Schlag, nahm Geschwindigkeit auf, sprang und trat seinem Bruder vor die Brust. Jack segelte durch die Tür in die Boxhalle.
    Na toll!
    Charlotte schnappte nach Luft.
    Zielstrebig marschierte George zur Tür.
    »George!«, rief Charlotte.
    Er drehte sich auf dem Absatz um, vollführte eine vornehme Verbeugung, sagte »Verzeihung, werte Dame, es wird nicht lange dauern«

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