SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)
Mundstücks. Paffend und schmauchend zog er und der Tabak fing an zu qualmen. Der Duft von Vanille und Kirsche waberte durch den Raum. Nilah beruhigte sich wieder. Ahab sah sie an.
»Manchmal, Nilah, tut uns das Leben so weh, dass wir versucht sind, es für den Rest aller Zeiten zu hassen. Aber weil kein Mensch so lange und so inbrünstig hassen kann, wird das Leben an einem dunklen Ort eingesperrt und vergraben und dann, manchmal, wirklich für immer vergessen.«
Nilah ahnte, was der Bibliothekar damit sagen wollte.
»Ist mir so etwas passiert? Was kann man denn dagegen tun?«
»Es gibt Fälle, wo sich das weggeschlossene Leben von selbst befreien kann und wieder an die Oberfläche zurückkehrt, machtvoller denn je. Aber es gibt auch Menschen, bei denen das nicht so ist, weil sie es nicht wollen, um keinen Preis des Meeres und dieser Wille ist eine starke Kette mit einem starken Schloss aus Angst.«
»Das klingt, als wäre Ihnen das selbst einmal widerfahren«, bemerkte Nilah.
»Das stimmt«, seufzte Ahab. Das Licht der untergehenden Sonne spiegelte sich in seinen Augen. Er blickte aus dem Fenster, als ob er trotz der Dunkelheit in seinem Kopf das Bild einer alten Erinnerung sah. »Damals hat mir jemand geholfen, diese unselige Kette zu sprengen und hat mir mein Leben mit einer neuen Sicht auf die Dinge zurückgegeben. Es war sehr schmerzhaft, aber ich habe es niemals bereut.«
»Kann dieser Jemand mir vielleicht auch helfen? Mir helfen, mich wieder zu erinnern?« Nilahs Herz klopfte wild bei dieser Aussicht. Egal wie schmerzhaft es sein würde, wenigstens könnte sie endlich diesen Nebel aus Ungewissheit lüften und die Dinge dahinter sehen. Endlich verstehen, warum sie hier war, warum all dies mit ihr passierte.
Die Kajüte wurde mit dem rot-blauen Licht des Himmels gefüllt. Die Bronze- und Messinggegenstände auf dem Tisch fingen es ein und warfen es glitzernd zurück. So jedenfalls war es früher gewesen, bevor die Dunkelheit gekommen war.
Ahab sah sie an. Ja, er hatte es unter seinen Händen gefühlt. Sie war zurück. Schöner denn je. Es hatte so gut getan, ihn mit solcher Ergriffenheit gepackt, dass es ihn fast alle Kraft gekostet hatte, nicht vor Freude zu schluchzen. Das hätte sie nur noch mehr verwirrt.
›Aber war es gut, dass sie wieder hier war? War sie stark genug dafür? Oder würde die Wahrheit sie endgültig zerreißen?‹ Sinuhe hatte noch kein Mittel gefunden, um wirklich helfen zu können. Auch nicht mit dem Computer. Überhaupt war dieser ägyptische Salbenmixer ein ständiges Nervenbündel. Würde Queequeg nicht wie ein schwarzer Felsen bei ihm sein, so hätte sich der gute Kräuterbruder wahrscheinlich längst vor lauter Verzweiflung von seinem Leuchtturm gestürzt.
Deshalb war das Wesen auch zu ihm gekommen und nicht zu Sinuhe. Als Ahab vor ein paar Tagen durch sein geliebtes Bücherschiff gestreift war, hier und dort liebevoll etwas zurechtrückend und beginnen wollte, die wenigen Bücher, die er sorgfältig in einigen Verstecken gerettet hatte, zu ordnen, da hatte er plötzlich einen eigenartigen Geruch wahrgenommen, der eindeutig nicht in seine Bibliothek gehörte.
Ein intensiver, ja geradezu magischer Duft war es gewesen. Mit der Krücke unter dem Arm und humpelnd ging er zu einem der Sofas und setzte sich. Wenn sich jemand die Mühe machte, ihn hier aufzusuchen, dann war es auch an ihm sich zu nähern und vorzustellen. So saß er da und wartete.
Der Besucher ließ sich Zeit. Aber Ahab war ein Mann von stoischer Ruhe. Es machte ihm nichts aus nur dazusitzen, in Erinnerungen zu schwelgen und auf den Duft und die Geräusche zu achten, die der Besucher von Zeit zu Zeit machte – ein kaum wahrzunehmendes Klicken von Krallen auf dem Holzboden. Mal näher, mal weiter entfernt. Es musste ein sehr scheues Wesen sein, das sein Vertrauen nicht jedem schenkte.
Ahab musste kurz eingenickt sein, nicht mehr als ein paar Minuten, aber als er die Augen öffnete und seine Sinne wieder ins Hier und Jetzt kamen, da wusste er, dass das Wesen direkt vor ihm stand. Er konnte es fühlen.
Lange herrschte Schweigen zwischen den beiden und Ahab glaubte zu spüren, wie seine Seele von dem Besucher erforscht wurde.
»Ich bin Dahi!«, sagte das Wesen.
»Ich bin Ahab«, antwortete der Bibliothekar. »Freut mich dich kennenzulernen, Dahi.«
Das Wesen zog die Luft durch seine Nase. Offenbar konnte es dadurch wertvolle Informationen sammeln.
»Ich bringe dir etwas. Liran sagte, du wirst es
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