SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)
verstecken. Schwarze Linien und blaue Linien trennten Land und See. Der Schein einer Öllampe waberte darüber und erfüllte diese mit unheilvollem Leben.
Cormac fuhr mit den Bronze beringten Fingern, welche seinen Namen in Ogam-Schrift wiedergaben, die Küstenlinie von Irland entlang, wanderte weiter Richtung Süden und verharrte dann an einem Punkt, der mit einem roten Kreis markiert war. Dort würden sie aufeinander treffen. Er und der Fian!
Cormacs Brustkorb gab ein schweres Schnaufen von sich. Dieser Liran war ihm unheimlich. Deutlich war ihm noch die Schlacht in Erinnerung, die so viele seiner Schiffe und Männer ins Verderben geführt hatte. Verluste, die sie nie zuvor gekannt hatten. Als A´kir Sunabru damals die Druiden getötet hatte, war es zu einem Bruderkrieg auf der Insel gekommen. Viele von denen, die dabei gewesen waren und sich gegen die Fianna gestellt hatten, waren jetzt in diesem Augenblick an Bord und ruderten.
Damals, beim ersten Zusammentreffen, hatten sie die Anführerin dieser Elitekrieger getötet. Mit Hilfe eines vergifteten Pfeils, was einige nie vergessen hatten, weil die Ehre eines ehrlichen, aufrechten Kampfes damit für immer besudelt worden war.
Sechs Jahre später waren sie zurückgekehrt mit einer ganzen Flotte. Sunabru hatte einen heiligen Wald mit seinem Hass und seiner Macht in Feuer ertränkt und aus dessen Überresten Wesen erschaffen, die so ergeben und gefährlich waren, dass sie endlich nehmen konnten, was ihnen zustand. Doch wer wartete bereits auf sie, als ihre Kiele sich in den feindlichen Strand fraßen? Der Sohn dieser Fian und seine Schwester! Ein Schauer lief Cormac über den Rücken, als er die Bilder wieder vor sich sah. Diese Horde stummer, nackter Kriegerinnen, die mit ihren Streitwagen und ihren stampfenden Pferden die Erde aufwühlten und wie ein weiß-blauer Sturm aus geschliffenem Metall, Pfeilen, Wut und Muskeln in ihre Flanke hereingebrochen waren und nur noch zersplitternde Schilde, gebrochene Knochen und Blut hinterlassen hatten.
Er selbst hatte die Schwester dabei fallen sehen. Ein Verlust, der ihn ebenso schmerzte, wie der seiner eigenen Männer. Nie hatte er solch verwegenen Mut gesehen. Denn er hatte sie gekannt, lange bevor der Bruderkrieg sie auf immer entzweit hatte. Ein altes, wehmütiges Schmunzeln ließ ihn innehalten.
Und nun sollte er den Letzten dieser Familie auslöschen. Einen Krieger, der nicht nur zum zweiten Mal auf einem Schlachtfeld stand, auf das er nicht gehörte, sondern der auch noch imstande war, Sunabrus Wesen zu besiegen. Cormac nahm das Horn, das am Kopf des Tisches stand und trank einen tiefen Schluck.
Waren sie dem Falschen gefolgt? Waren sie blind und taub in ihren Entscheidungen gewesen, den einzig Richtigen in Sunabru gefunden zu haben, der die Macht hatte, sie wirklich gegen Rom zu schützen? War das überhaupt ihr Ziel gewesen? Als es zu dem Bruderkrieg gekommen war, hatten sich Männer auf ihre Seite geschlagen, die bei den Aufnahmeprüfungen der Fianna versagt hatten. Deren verletzter Stolz mehr wog als alles andere. Selbst einige, die von den Druiden fortgeschickt worden waren, hatten sich dazu hinreißen lassen, sich einem Stärkeren zu unterwerfen, als mit gebeugtem Kopf nach Hause zu gehen. Als hätte das ihre Scham und ihre Schuldgefühle tilgen können. Was war nur aus ihnen geworden?
Cormac nahm den Zeigefinger von der roten Markierung und seine Augen blickten stattdessen auf die flachen Ringe, die seinen Namen bildeten, wenn er die Faust ballte.
Wenn er in Sunabrus Nähe war, verlor Cormac seinen Namen, seine Geschichte und seinen Willen. Damit hatte er alle an sich gebunden. Doch nun entfernten sie sich mit jedem Ruderschlag und die Erinnerungen wurden stärker denn je. Er wusste, dass viele so dachten wie er. Sie waren die Verfemten, die Abtrünnigen – für immer! Aber was, wenn sie sich nur ein einziges Mal richtig entscheiden würden? Ihre Ehre wieder herstellten und sich auf jene Seite schlugen, die das Herz ebenso tragen konnte, wie der Verstand? Das Mädchen lebte noch! War das nicht der Beweis, dass sie mehr war, als Sunabru vernichten konnte? Was, wenn sie mehr war, als die kleine unscheinbare Frau, die er damals versucht hatte seiner Macht hinzuzufügen? Selbst die Rätselfinder hatten das erkannt und nun dafür bezahlt. Was, wenn diese Seele zu groß für den ach so mächtigen Sunabru war?
Als Cormac dabei zugesehen hatte, wie der Einzige vier seiner Männer zu willenlosem Getier
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