Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

Titel: SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
Vom Netzwerk:
wahrnahm, stand sie auf. Blasses Licht fiel durch die Bullaugen.
    Sie stieg die Stufen zum Ruderhaus hinauf. Es wurde Morgen. Jean Luc setzte ein breites, bärtiges und aufmunterndes Grinsen auf. Sie sah in die Richtung, in die sein ausgestreckter Arm so freudig zeigte, und bemerkte die dünne Linie, die sich am Horizont wie der Rand einer Schale abzeichnete.
    »Das ist ... Irland!«, meldete er stolz.
    Nilah nickte.
    Irland.
     

 
    Die Spirale wandert nach Innen
     
    Hätte man Irland von hoch oben betrachten können und das von Ost in Richtung Westküste, so hätte man den Eindruck bekommen, dass in einer Zeit, als die Menschheit noch nicht von Belang in dieser Welt gewesen war, ein Wesen eine gewaltige, klauenbewährte Tatze auf den linken unteren Rand des Landes gesetzt habe. Vielleicht hatte es zu lange dort gestanden und dem Ozean gelauscht, vielleicht war es eingeschlafen, oder es hatte aus einem noch viel unergründlicheren Grund den Fuß einfach dort gelassen. Jedenfalls sah es von weit oben so aus, als streckten sich vier gigantische Zehen in den Atlantik, deren Zwischenräume wunderschöne langgezogene Buchten bildeten. Diese vier Halbinseln bildeten die südliche Grafschaft Kerry. Drei dieser majestätischen Halbinseln hatte man Namen gegeben: Beara, Iveragh und Dingle.
    Der vierten seltsamerweise nicht, vielleicht weil sie wie der kleine, unwichtige und gespaltene Zeh aussah, wer weiß es schon?
    Jedenfalls bildeten diese Zehen eine der westlichsten Landmarken Europas, dahinter kam nur noch Wasser, das nach Hunderten von Seemeilen auf der anderen Seite gegen den amerikanischen Kontinent prallte.
    Nilah sah hinaus auf die Küstenlinie, die immer näher kam und größer wurde, wie ein Berg, den man mühsam aber dennoch bestieg.
    Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum und versuchte ihre Gedanken zu ordnen, während der Wind durch ihre Haare fuhr. Geistesabwesend sah sie das Land an, wo sich alles entscheiden würde, das wusste sie, wie sie nichts anderes wusste.
     
    Es war ganz einfach. Nach der zweiten Landzunge rechts abbiegen. Jean Luc Dardon segelte in die Dingle-Bay. Für einen kurzen Moment hatte er Angst, dass ihm wegen des beschädigten Bootes jemand die versprochenen Schecks sperren lassen könnte, aber als er die junge Nilah vorn am Bug stehen sah, wie sie hinunter in die schwarzen Wellen blickte, wurden all diese Gedanken wieder bedeutungslos. Sicher, er würde Ärger bekommen, vielleicht sogar großen Ärger. Aber was war schon ein verstimmter spanischer Multimillionär im Gegensatz zu dem, was sie erlebt hatten, was Nilah erlebt hatte? Dann war halt dieses teure Superboot eben nur noch ein Bild des Jammers. Drauf geschissen. Er hatte unter Lebensgefahr das Schiff nach Irland gebracht, aber viel wichtiger war, dass er Nilah heil dort abliefern konnte.
    Unvermutet sann er darüber nach, wer sie dort erwarten könnte. Herr im Himmel, sie hatte doch auch Eltern. Eltern, die sich bestimmt fürchterliche Sorgen machten. Er würde sie verständigen müssen und er musste dringend selbst zu Hause anrufen.
    Jean Luc holte das Segel ein, verschnürte es gut und warf den Motor wieder an. Mit dreiviertel Fahrt steuerte er Steuerbord an der Küste entlang. Hoch türmten sich die Flanken der tiefen, sich weit ins Land dehnenden Bay in die Höhe. Graue Felsen, grüne Hänge und Bäume, sandige Ufer. Er wusste, dass sie bald da waren und hielt nach einer spanischen Flagge Ausschau und es dauerte nicht lang, da sah er die rot-gelb-rot dreigeteilte Fahne mit der Krone in der Mitte an einem Mast lustlos im Wind flattern.
    Es war eine schöne kleine Bucht. Bäume ragten zwischen hausgroßen Felsen hervor. Eine lange hölzerne Treppe lief den großen Hügel hinauf, verschwand unter Büschen, bis sie oben wieder neben akkurat aufgeschichteten niedrigen Mauern auftauchte.
    Der Anlegeplatz war ein weit in die Bucht ragender breiter Holzsteg, der auf nassen algengrünen Pfählen ruhte. Jean Luc drosselte die Geschwindigkeit, stellte den Motor ab und trieb den Rest des Weges nur noch dahin.
    Nilah stand noch immer am Bug und sah den Hügel hinauf. Erst jetzt bemerkte Jean Luc, dass jemand immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunterlief. Der Bretone schnaufte tief durch und suchte in seinem Kopf nach dem spanischen Wort für Entschuldigung, aber er fand es nicht, und so stieg er aus dem Ruderhaus, sprang behände auf den Steg und vertäute das Boot.
    Nilah streckte stumm den Arm aus, er ergriff ihn und half

Weitere Kostenlose Bücher