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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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und eben vor der Tür ein bisschen locker sein konnte. Der Gedanke an den Mord, der sich genau vor ihrem Schlafzimmer abgespielt hatte, die Erinnerung an das Krematorium, die Augen ... Sie hatte ihr Notizbuch. Sie konnte es wahrscheinlich riskieren, noch zwei mehr zu nehmen. Es spielte keine Rolle, ob ihr Verstand ein bisschen langsamer arbeitete, solange sie sich sorgfältig Notizen machen und später damit befassen konnte, wenn sie sich eher dazu imstande fühlte.
    »Lange nicht gesehen, Kleines«, sagte Bump und bedeutete ihr mit ausholender Geste, sich auf die andere Couch zu setzen. Er war im Pyjama, einem grauenhaften pinkfarbenen Pelzpyjama mit schwarzen Zebrastreifen. Seine dünnen rötlichen Locken standen vom Hinterkopf ab wie die Flusen, die manche Haustiere in der Wohnung verstreuten.
    Aber selbst im Pyjama und mit ungekämmten Haaren war er doch immer noch Bump. An seinem Bein lehnte ein glänzender schwarzer Gehstock mit Goldknauf, und an den Fingern glänzten schwere Ringe, die kleine Lichtflecke an die Wände warfen.
    Chess setzte sich, nachdem sie dem Drang widerstanden hatte, sich erst einmal ein Tuch unterzulegen, und wartete, dass er mit der Sprache herausrückte.
    »Warum ziehst du nicht erst mal deinen verdammten Mantel aus, hm? Ist doch nicht kalt hier drin. Bleib ’n bisschen beim alten Bump. Bump hat da ’n paar Sachen mit dir zu besprechen, kleines Schwätzchen, wenn du verstehst.«
    Na schön. Wenn er von ihr verlangte, dass sie länger blieb, konnte er auch etwas für sie tun. Sie schälte sich aus dem Mantel und gähnte demonstrativ.
    »Du musst auch immer Zicken machen, was?« Er stand auf - im Ganzen betrachtet war der Pyjama noch viel schlimmer -, schlurfte zu der glänzend schwarzen Bar in der Ecke und kehrte mit einer kleinen schwarz lackierten Dose zurück. »Mein Privatvorrat. Hoffe, du weißt das zu schätzen.«
    In der Tat. Die Dose war raffiniert gearbeitet und zeigte beim Öffnen einen verspiegelten Boden und Halterungen für die jeweils benötigten Utensilien. Chess machte sich daran, ein paar Lines auszulegen, während Bump redete.
    »Also, was haste für mich? Schon was gefunden?«
    »Nichts Genaues. Es ist ein Geist, aber nicht der Weinende Mann, wie alle glauben. Der ist nach wie vor im Geistergefängnis. Ich habe ihn heute gesehen. Abgesehen davon - hat Terrible dir nichts erzählt?«
    Bumps Augenbrauen verschwanden praktisch in seinem Haaransatz. »Tja, er kann mir nur sagen, was ihr gesehen habt, nicht, was du verdammt noch mal alles weißt. Verstehst du mich?«
    »Zeig ihm die Augen, Chess.«
    Ach ja, richtig. Für ungefähr eine halbe Sekunde war es ihr tatsächlich gelungen, sie zu vergessen. Mit kribbelnden Fingern griff sie in ihre Tasche, während Terrible seinen Bericht abgab.
    »Two-Eye Lou hab ich noch nicht zu packen gekriegt, Bump. Den hat anscheinend keiner gesehen oder was von ihm gehört. Bin mal bei ihm zu Hause vorbei, sieht aber nich so aus, als wär er in letzter Zeit mal da gewesen.«
    Bump verzog das Gesicht. »Ha, der verkriecht sich. Weiß wohl, dass er gesucht wird.«
    Terrible nickte. »Hab Nestor draußen erwischt. Hab ihm das hier abgenommen.« Chess sah auf, als Terrible die labbrigen Geldscheine in Bumps ausgestreckte Hand schlug. »Wollte mir ’n Deal anbieten, hat gesagt, er hätte was über 'n Lagerhaus oben an der Neunzigsten gehört, war sich aber nicht sicher. Hat gefragt, ob du’s vielleicht honorierst, wenn er die Info beschaffen kann. Könnte was sein, oder?«
    Bump zuckte die Achseln und musterte die Scheine und die Augäpfel gleichermaßen desinteressiert. »Die hat dir jemand gegeben, Süße?«
    Sie nickte. Ein langes Schweigen folgte, wo nur das Klicken des goldenen Röhrchens auf dem Spiegel und Chess tiefes Schniefen zu hören war.
    Oh ... heilige Scheiße. Bumps Privatvorrat war wirklich eine Klasse für sich. Ihre Nase wurde taub, ihre Nebenhöhlen wurden taub, die ganze rechte Gesichtshälfte wurde taub, und ihr Herz galoppierte mit einem freudigen Hüpfer drauflos. Schlagartig änderte sich die Atmosphäre im Raum. Die roten Wände wirkten gemütlich, Bumps pelziger Schlafanzug war ganz reizend, und das vulgäre Bild an der Wand - okay, das war immer noch vulgär, aber es störte sie nicht mehr so sehr.
    Allerdings störte sie das leise Lächeln, das über Bumps Gesicht huschte. Er führte irgendwas im Schilde, oh ja, und sie stellte sich innerlich darauf ein, so gut es ging. Nicht dass sie bei dem, was auf sie zu kam,

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