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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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aus.«
    Seine Wut prickelte ihr auf der Haut. Sie enthielt genug Energie, um ihre Tätowierungen zum Kribbeln zu bringen. Eigentlich hätte sie Angst haben müssen, vor allem, nachdem sie beobachtet hatte, wie er Nestor das Bein brach. Wenn sie nicht so high gewesen wäre, hätte sie sich vielleicht wirklich gefürchtet. Sie glaubte nicht, dass viele Menschen ihn in seinem jetzigen Zustand sahen - den muskulösen Körper drohend vor ihr aufgerichtet, die Augen vor Wut funkelnd - und es überlebten.
    Aber sie hatte keine Angst. Sie sah ihn scharf an und sagte: Du hast mich in eine Falle gelockt. Du hast mich in eine Falle gelockt, als du mich da hingebracht hast, ganz wie das brave Schoßhündchen von Bump. Also kapier ich echt nicht, für wen zum Teufel du dich hältst, dass du glaubst, du könntest mir Vorwürfe machen, weil ich die einzige Antwort gegeben hab, dir mir übrig blieb. Nein, ich hab nicht vor, wirklich jemanden umzubringen. Aber ich will rausfinden, wer diese Mädchen umbringt. Ich will meinen Job behalten. Und ich will auf jeden Fall, dass du dich verdammt noch mal bei mir dafür entschuldigst, wie du mich behandelt hast.«
    Statt einer Antwort trat er aufs Gaspedal. Chess wurde zurück in den Sitz geschleudert. Sie hatte den Verschluss noch nicht wieder auf die Flasche geschraubt, sodass ihr das Wasser über den Mantel spritzte.
    Na gut. Wenn er sich so benehmen wollte, war’s ihr nur recht. Das war alles seine Schuld. Sie hatte nicht den geringsten Zweifel, dass sie im Recht war und dass er das auch wusste. Und da hatte er noch die Chuzpe, den großen Macker raushängen zu lassen? Sich aufzuführen, als ob sie einen Fehler gemacht hätte, indem sie die einzige Wahl traf, die ihr blieb?
    Wenn er wirklich ihr Freund wäre, hätte er ihr geholfen. Hätte sie verstanden. Hätte nicht mal fragen müssen, hätte nicht eine Sekunde geglaubt, dass sie tatsächlich vorhatte, einen Todesfluch zusammenzubrauen. Er wusste, was das bedeutet hätte, wusste, dass solche Flüche ein Opfer erforderten, damit sie überhaupt wirkten. Wenn er wirklich ihr Freund gewesen wäre ...
    Wie erbärmlich war das denn jetzt bitte? Nein, natürlich war er nicht ihr Freund. Als die Sache am Chester Airport gestiegen war, war sie diejenige gewesen, die ihn gefragt hatte, ob sie nicht mal was zusammen machen wollten. Sie war auch diejenige gewesen, die ihn ... die ihn in der Bar geküsst hatte. Glaubte sie zumindest. Ihre Erinnerung, wer damit angefangen hatte, war ein bisschen verschwommen. An alles, was danach gekommen war, erinnerte sie sich mit furchtbarer, atemloser Klarheit.
    Dieses ganze bescheuerte Freundschaftsding war einfach bloß eine blöde Fantasie, die sie sich im Kopf zurechtgelegt hatte. Weil sie schwach geworden war. Weil sie so eine Scheißverliererin war, dass sie doch tatsächlich geglaubt hatte, es könnte ganz nett sein, wenn man nicht die ganze Zeit so verflucht alleine war.
    Weil sie dumm genug gewesen war, einem Mann zu vertrauen, der mit Drogen handelte, Prostituierte unter sich hatte und seinen Lebensunterhalt verdiente, indem er Leute zusammenschlug und umbrachte, einem Mann, vor dem die Menschen davonrannten, wenn sie ihn auf der Straße sahen. Sie hatte ihm vertraut, ihm wirklich vertraut.
    Scham und Enttäuschung ballten sich zu einem Kloß zusammen, den sie nicht runterschlucken konnte. Hatte sie ihre Lektion denn immer noch nicht gelernt? Man konnte niemandem trauen. Man durfte sich bei niemandem sicher fühlen. Und das war der Fakt und die Wahrheit.
    »Weißt du was?« Sie riskierte einen Seitenblick, aber er starrte weiter mit zusammengebissenen Zähnen durch die Windschutzscheibe. »Vergiss, was ich gesagt habe. Ich werd’s doch tun.«
    Die Stille im Wagen wurde noch bedrückender.
    Eine Minute später hielt er vor ihrem Haus. Sie machte sich nicht die Mühe, Auf Wiedersehen zu sagen, als sie sich aus dem Wagen schwang und die Tür hinter sich zudonnerte.
    Er sagte ebenfalls nichts. Aber als sie in ihrer Wohnung angekommen war und durch das bunte Glasfenster spähte, das die Außenwand bildete, stand die Chevelle noch auf dem Bordstein, und das Knattern des Motors war alles, was sie hörte.
    Lex ließ in seinem Schlafzimmer immer die Jalousien herunter, um so wenig Licht wie möglich hereinzulassen. Das war hilfreich, wenn man tagsüber schlafen wollte, aber mitten in der Nacht eher hinderlich.
    Chess wusste nicht genau, was sie aus ihrem verschwitzten, unruhigen Schlaf gerissen hatte, bis sie

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