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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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war kein reicher Vorort, aber ein aufstrebender. Die Neubauten waren größer und hatten großzügige Gärten. Mehr Platz. In dem Maße, wie die Schrecken der Geisterwoche im kollektiven Bewusstsein verblassten, wünschten sich die Leute auch wieder mehr Raum für sich selbst und empfanden es als störend, so dicht an dicht mit den Nachbarn zu leben, wo sie deren Dusche rauschen hören konnten.
    Was hatte Terrible hier draußen zu erledigen? Sie wollte gerade fragen, aber er kam ihr zuvor.
    »Dauert nicht lange«, erklärte er, als er den Wagen vor einem unauffälligen blauen Haus parkte, das zwar größer als viele andere, aber bei Weitem nicht das größte in der Straße war.
    »Wo sind wir denn hier?«
    »Hier wohnt ’n Freund von mir«, sagte er. »Muss nur schnell was abgeben.«
    Das war ja mal eine Überraschung. Er hatte Freunde? Und dann auch noch außerhalb von Downside? Sie wollte ihn darüber ausfragen, aber die Art, wie er die Schultern hochzog und so merkwürdig schwieg, hielt sie davon ab. Stattdessen folgte sie ihm einfach an die Haustür, zog den Mantel enger um sich und wartete ab, während er klopfte. Von drinnen näherten sich Schritte.
    Die Tür wurde aufgerissen. Ein kleines Mädchen sprang aus der Wärme und dem Licht auf Terrible zu. Chess machte überrascht einen Schritt zurück, aber Terrible war vorbereitet. Er hob das Kind hoch und gestattete ihm, die dünnen Ärmchen um seinen Hals zu schlingen.
    »Onkel Terry! Hast du mir was mitgebracht?«
    Onkel Terry ? Wie bitte? Er hatte doch gar keine Familie. Er wusste nicht mal genau, wie alt er war oder wann er überhaupt Geburtstag hatte. Und jetzt hatte er also nicht bloß Freunde in Cross Town, sondern sogar Freunde, die ihm so nahestanden, dass ihre Tochter ihn »Onkel« nannte?
    Was für Geheimnisse mochte er noch haben? Sie spürte einen seltsamen kleinen Stich im Magen.
    »Vielleicht hab ich wirklich was für dich, Kätzchen. Aber ich bleib nicht lange, muss nur schnell was mit deiner Mom besprechen, ja?«
    Chess folgte dem schmollenden Mädchen ins Haus und merkte bei jedem Schritt deutlicher, dass sie die gewohnte Welt verließ. Es war schon so lange her, dass sie in solch einem Haus zu Gast gewesen war — oder war sie überhaupt schon mal in so einem Haus als Gast gewesen, und nicht als Vertreterin der Kirche, die eine Untersuchung einleitete?
    Eine zierliche Frau mit dem gleichen gewellten dunklen Haar wie das Mädchen musterte Chess von Kopf bis Fuß, bevor sie ihr ein widerwilliges Lächeln schenkte.
    »Ich bin Felice«, sagte sie.
    »Chess.«
    »Onkel Terry hat sie mitgebracht«, sagte die Kleine, als Terrible sie absetzte. Sie sah aus, als wäre sie etwa sieben, also in der linkischen Phase, wo das Kleinkindalter vorbei und die Pubertät noch Jahre entfernt ist. Sie war groß für ihr Alter und hatte lange, dünne Arme, Beine wie ein Fohlen und ein Grinsen, das ihr quer über das ganze Gesicht reichte.
    Die Wirkung war bezaubernd, ihre Fröhlichkeit zu groß, um sich eindämmen zu lassen.
    »Ja, Katie, das sehe ich.«
    »Bist du eine Freundin von Onkel Terry? Arbeitest du mit ihm zusammen?«
    Was sollte sie darauf sagen? Weshalb war Terrible hier? War diese Frau eine Stammkundin? Eine lokale Dealerin? Oder was?
    Nein. Er hatte gesagt, dass sie Freunde waren, und es sah ganz so aus, als wäre das wirklich alles. Warum hätte er ihr etwas verheimlichen sollen, wenn es nur eine Geschäftsbeziehung gewesen wäre? Chess entschied sich für die ehrliche Antwort.
    »Nein, ich arbeite für die Kirche. Ich bin Debunkerin.«
    Felices Augenbrauen verschwanden unter ihrem Pony, und Katie sperrte Mund und Nase auf. »Du fängst Geister?«
    »Manchmal. Die meisten Menschen haben aber gar keine Geister. Sie tun nur so.«
    »Daddy sagt, das ist dann eine Lüge«, verkündete Katie. »Er sagt, Lügen ist ganz schlimm.«
    »Da hat er recht«, sagte Felice. »Katie, Liebes, warum gehst du nicht und guckst ein bisschen fern, hm? Mommy muss sich kurz mal mit Onkel Terry allein unterhalten, ja?«
    »Ich will aber bleiben.«
    »Und ich will, dass du ferniehst, und ich bin die Mommy. Also los, geh schon.«
    »Na los, Kätzchen. Hier, nimm das. Und sag mir noch mal, wofür das ist.« Terrible steckte dem Mädchen einen Zwanziger zu.
    Ihr Grinsen wurde noch breiter, als sie ihren Spruch aufsagte: »Ein Dollar ist für mich und der Rest ist für das Sparschwein, bis ich groß bin.«
    »Das ist mein Mädchen.«
    Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange, warf

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