Seepest
würde man
weitersehen.
Gerade wollte er seine Akte nehmen und zur Tür gehen,
als das Telefon schrillte. Rangehen oder ignorieren? Und wenn es sich wieder um
einen dieser Anrufe aus Freiburg handelte? Unschlüssig ließ er ein paar
Sekunden verstreichen, ehe er nach dem Hörer griff.
»Kriminalobermeister Straub vom Revier Ludwigshafen«,
meldete sich eine gemütlich klingende Stimme. »Ich stehe hier auf dem Haldenhof
vor einem ausgebrannten Fahrzeug. Ihr solltet euch das mal ansehen.«
Wolf kannte Straub flüchtig; der Kollege hielt, was
seine Stimme versprach, wenngleich er diesmal ein leichtes Vibrato
herauszuhören glaubte. »Ist der Wagen leer?«
»Eben nicht! Da sitzt einer drin … vielleicht ist es
auch eine Sie, so genau lässt sich das nicht mehr feststellen. Ich tippe auf
Fahrzeugbrand mit Todesfolge, mindestens. Allerdings kommt mir Verschiedenes
etwas spanisch vor, aber das müsst ihr euch selbst ansehen.«
»Wer hat euch verständigt?«
»Ein Tourist. Ist vor einer halben Stunde mehr
zufällig am Haldenhof vorbeigekommen, kam von Sipplingen hoch. Um diese
Jahreszeit ist die Gegend hier wie ausgestorben. Der Mann ist noch hier, seine
Personalien haben wir.«
»Festhalten bitte. Wir kommen. Ende.«
Noch unter dem Eindruck des Gehörten kramte Wolf nach
seinen Gitanes. Nachdem er eine angesteckt hatte, wählte er die Nummer der KTU .
»Wolf hier. Ist Jo bei euch? Dann gib sie mir mal
bitte«, verlangte er und blies einen Rauchkringel in die Luft. Als sie sich
meldete, erklärte er: »Wir müssen umdisponieren. Auf dem Haldenhof steht ein
ausgebranntes Auto samt Fahrer … oder dessen Überresten. Schneidewind muss
leider noch etwas warten. Schwing die Hufe.«
Zwei Minuten später stand sie vor ihm, das Gesicht vom
schnellen Laufen gerötet – ein durchaus hübscher Kontrast zu ihren schwarzen
Locken. »Warum können wir nicht das eine tun, ohne das andere zu lassen, Chef …?«
»Ich verstehe nicht …«
»Ist doch ganz einfach: Sie gehen
zum Haldenhof – allein ! Währenddessen versuche ich
bei Schneidewind mein Glück.«
»Kommt nicht infrage.«
»Darf ich wissen, warum? Denken Sie, ich kann unser
Anliegen dem Staatsanwalt gegenüber nicht nachdrücklich genug vertreten, oder
was?«
»Du hättest es mit Schneidewind zu tun, vergiss das
nicht.«
»Ja und? Was kann schon passieren? Sollte er sich
meinen Argumenten verschließen oder sonst wie zickig sein, können Sie ja nach
Ihrer Rückkehr immer noch intervenieren, notfalls zusammen mit Sommer. Also,
was ist?«
Wolf zögerte. Er kannte Schneidewind gut genug, um ihm – zumindest in bestimmten Situationen – jegliche Objektivität abzusprechen.
Möglicherweise hing das aber auch mit seiner eigenen Person zusammen – und
vielleicht gelang es ja Jo tatsächlich, dem Staatsanwalt Lescheks Verhaftung
schmackhaft zu machen? Argumente dafür gab es schließlich genug, und ihre
Anschuldigungen waren sämtlich beweisbar.
»Also gut, wenn du dir das antun willst. Im Grunde
hast du recht, wir würden deutlich schneller vorankommen. Na, dann drück ich
dir mal die Daumen.«
Gemessen
an seiner Fläche war der Parkplatz vor dem Haldenhof so gut wie leer. Ein
blau-weißer Streifenwagen mit laufendem Blaulicht und offen stehenden Türen,
aus denen in gewissen Abständen Funkverkehr quäkte, daneben ein roter Audi mit
der Aufschrift »Notarzt«, das war alles. Außer dem ausgeglühten Kleinwagen
natürlich, der wie der sorgfältig drapierte Mittelpunkt einer Waldbühne wirkte.
Leichter Brandgeruch lag über dem Areal, das von milder Spätherbstsonne beschienen
wurde.
Einer der Streifenpolizisten, ein Mann wie ein
Kleiderschrank, kam auf Wolf zu, schon von Weitem streckte er ihm die Hand
entgegen.
»Hauptkommissar Wolf, wenn ich nicht irre? Hallo, ich
bin Kriminalobermeister Straub. Wir kennen uns von einem früheren Fall,
flüchtig jedenfalls. Gut, dass Sie da sind …«
»Waren wir nicht schon mal beim Du?«
»Soll mir recht sein. Dann lass uns gleich
rübergehen.« Im Gehen wies er auf Wolfs Barett. »An dem Ding da hab ich dich
wiedererkannt«, sagte er lachend.
Wolf lächelte zurück, er mochte Straubs offene Art.
Straub machte ihn zunächst mit seinem Kollegen und dem
Notarzt bekannt. »Den Doc haben wir vielleicht etwas vorschnell dazugeholt.
Eigentlich hätte selbst ein Blinder mit Krückstock auf Anhieb erkennen müssen,
dass da nichts mehr zu machen war.«
Bei dem Kleinwagen handelte es sich um einen hellen
Smart. Wolf
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