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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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brennend hängen zu bleiben.«
    »Das würde den Zustand der Leiche hinreichend
erklären«, bestätigte Wolf. »Was Sie sagen, deckt sich voll und ganz mit meinen
Überlegungen. Die Konsequenz daraus – sollten wir recht behalten – ist wohl
allen klar, ja?«
    »Wir haben es hier mit Mord zu tun«, antwortete Straub
mit düsterer Miene.
    Als der Notarzt Anstalten machte, sich zu
verabschieden, hielt Wolf ihn kurz zurück. »Eine Frage hätte ich noch.« Er ging
um den Wagen herum und öffnete die Fahrertür, sich dabei mit der Linken die
Nase zuhaltend. »Bitte sehen Sie sich den Leichnam noch einmal genauer an – den
Kopf, meine ich. Lässt sich feststellen, wie es um den Haarwuchs des Mannes
bestellt war?«
    Verdutzt sah ihn der Notarzt an, auch den
Streifenpolizisten stand ein Fragezeichen ins Gesicht geschrieben.
    Wolf wurde deutlicher: »Also gut, im Klartext: Kann es
sein, dass der Mann eine Glatze hatte?«
    Da endlich schien der Notarzt zu kapieren. Er beugte
sich nach vorn, um den entstellten Kopf des Brandopfers in Augenschein zu
nehmen. Schon nach wenigen Augenblicken richtete er sich wieder auf und lief zu
seinem Wagen. Triumphierend hielt er bei der Rückkehr eine Lupe hoch. »Wie
weiland Sherlock Holmes – und das im digitalen Zeitalter«, rief er munter und
versuchte es erneut.
    Wenig später verkündete er: »Alles deutet darauf hin,
dass der Mann kahl war. Selbst in diesem Zustand müssten verkohlte Haarreste,
zumindest aber normal große Haarwurzeln zu erkennen sein. Eindeutig
Glatzenträger, würde ich sagen.«
    »Hab ich’s mir doch gedacht«, nickte Wolf zufrieden.
Er begab sich zur Frontseite des Smart und bückte sich, um das Kennzeichen
näher in Augenschein zu nehmen. Zwar hatte das Nummernschild infolge der Hitze
seine Farbe fast vollständig verloren. Durch die Prägung der Buchstaben und
Ziffern ließ sich das Kennzeichen jedoch eindeutig bestimmen. Er notierte die
Nummer.
    »Was ist so wichtig daran, ob der Mann kahl oder
behaart war?«, wollte Straub wissen, und auch die anderen schauten Wolf fragend
an.
    »Der Mann könnte ein alter Bekannter von uns zu sein.«
Er holte sein Handy hervor und wählte Jos Nummer. »Ja, ich bin’s. Sag Mayer
zwo, er soll zum Haldenhof kommen, sobald er auf der Jacht fertig ist. Sieht so
aus, als hätte unser Glatzkopf den Löffel abgegeben.« Er gab ihr das
Kennzeichen des Smart durch. »Stell bitte fest, auf welchen Namen der Wagen
zugelassen ist. Und ein Foto des Halters wäre gut. Beides möglichst vorgestern,
du verstehst schon. Ich bin in spätestens einer halben Stunde zurück.«
    Nachdem er das Gespräch beendet hatte, wandte er sich
noch einmal an Straub. »Habt ihr Flatterband dabei? Dann sperrt den Tatort
besser großräumig ab – nicht dass uns noch ein zufällig vorbeikommender
Wanderer wichtige Spuren zertrampelt. Und wartet das Eintreffen der Spusi ab,
ja? Ich muss dringend weiter.«
    Noch
während Wolf den Dienstwagen hinter der Polizeidirektion abstellte, schlug die
Turmuhr des nahen Münsters halb vier. Im Vorübergehen warf er gewohnheitsmäßig
einen Blick auf sein Fahrrad, das er, wie jeden Morgen, neben dem Hintereingang
abgestellt hatte. Alles paletti. In der Halle wandte er sich ohne Umschweife
nach links und stieg die Treppe hinauf.
    Kurz darauf stand er mit rasselndem Atem vor seinem
Schreibtisch und starrte überrascht auf ein Formular, das Jo gut sichtbar dort
niedergelegt hatte. War das die Möglichkeit? Er traute seinen Augen nicht:
Hatte es das Teufelsmädchen doch tatsächlich geschafft, Schneidewind den
Haftbefehl für Leschek aus den Rippen zu leiern. Er beschloss, sich zuerst
einen kleinen Pastis zu genehmigen, bevor er der Sache auf den Grund ging.
    Er hatte die Flasche gerade wieder im Regal verstaut,
da stand Jo überraschend unter der Tür. »Einen Kaffee, Chef?«
    »Danke, nein. Erst holen wir uns Leschek. Hast du den
Halter des Smart schon festgestellt und ein Foto von ihm beschafft?«
    »Liegt beides auf Ihrem Schreibtisch. Haben Sie’s
wieder vergraben?«
    »Hier liegt aber nichts«, knötterte er.
    Jo trat hinzu und hob eine Mappe hoch, unter der ein
Blatt mit einem angehefteten Fotoabzug zum Vorschein kam. »Hier«, sagte sie und
drückte ihm die Unterlagen in die Hand. »Es ist tatsächlich der Typ, der
gestern Nachmittag im City-Parkhaus den Audi aufgebrochen hat. Nehmen wir’s
mit?«
    »Na klar. Der Smart, der in Ludwigshafen vom
Hotelparkplatz gefahren ist, hatte Terry zufolge dieselbe helle Farbe

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