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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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größeren gelben Umschlag. Mit schnellen Schritten eilte er davon.
    Obwohl die Tiefgarage des Hotelkomplexes über insgesamt achtundsechzig Stellplätze verfügte, musste Hasler nicht lange suchen. Er hatte den blauen Sportwagen rasch ausgemacht. Misstrauisch sah er sich um, bevor er sich in Bewegung setzte. Sekunden später schlug die Wagentür hinter ihm zu.
    Er übergab den Umschlag der Frau hinter dem Steuer. »Du bringst mich in Teufels Küche, weißt du das?«, grollte er.
    »Weiß ich, Onkel Max«, besänftigte ihn Karin Winter und reichte den Umschlag nach hinten weiter. »Glaub mir, es ist für einen guten Zweck.«
    »Ja, ja, das sagst du immer.«
    Auf dem Rücksitz entstand ein kurzes Geraschel, dann verkündete eine Männerstimme mit leicht holländischem Akzent: »Das Datum auf der Kassette stimmt. Wenn das Video auch die Nachmittags- und Abendstunden umfasst, wovon ich ausgehe, kann ich loslegen.«
    »Morgen früh muss ich die Kassette wiederhaben«, teilte Hasler ihnen mürrisch mit. »Und zwar vor sieben Uhr, sonst droht die Sache aufzufliegen. Unser Security-Mann ist ein scharfer Hund.«
    »Du kannst dich auf mich verlassen, Onkel Max. Und danke noch mal für deine Hilfe.«
    Minuten später stand Hasler wieder hinter der Rezeption.
    ***
    Enttäuscht starrte Karin Winter auf den Computerbildschirm. Ihre Befürchtung hatte sich bewahrheitet: Der Flugplan des Bodensee-Airports gab keine Auskunft über ankommende Flüge, die länger als einen Tag zurücklagen. Also musste sie die gesuchte Maschine telefonisch erfragen.
    Sie wollte eben den Hörer aufnehmen, als de Boer neben ihr auftauchte und einen Stapel Bilder vor sie auf den Schreibtisch legte. Obendrauf packte er eine graue Videokassette.
    »Hier die Kassette zurück und meine Ausschnittvergrößerungen, wie wir’s besprochen haben. Du hattest recht, die beiden Männer sind in einem Wagen mit  FN -Kennzeichen vorgefahren, es dürfte sich also um einen Mietwagen handeln. Auf einem der Bilder ist am Heckfenster ein kleiner Avis-Aufkleber zu erkennen. – Hast du einen Kaffee für mich?«
    »Aber klar doch.« Sie besorgte eine frische Tasse und füllte sie aus einer Warmhaltekanne. Während de Boer vorsichtig trank, legte Karin die Videokassette zur Seite und sah sich die Bilder an. »Sehr gut. Datum und Uhrzeit sind auf jedem Foto eingeblendet – so hab ich mir das vorgestellt. Gute Arbeit, Charles.«
    Ein jungenhaftes Grinsen huschte über sein Gesicht. »Der Rest ist für dich ein Kinderspiel. Du ziehst einfach von der dort angegebenen Uhrzeit die Zeit ab, die die beiden Männer für das Auschecken und die Fahrt von Friedrichshafen nach Überlingen benötigt haben – schon hast du den ungefähren Zeitpunkt der Landung. Dann reicht ein Blick in den Flugplan, und du weißt, wo die Maschine gestartet ist.«
    Karin sah ihn skeptisch an. »Das reicht leider nicht. Ich brauche Namen, Charles, keine Flugdaten, verstehst du?«
    Nachdenklich rieb er sich das Kinn, er schien verstanden zu haben. »Du meinst, die Angestellten des Flughafens oder der Fluggesellschaft rücken keine Namen heraus?«
    »Im Leben nicht. Die verstecken sich hinter dem Datenschutz.«
    »Auch dann nicht, wenn du ihnen die Flugnummer nennen und die gesuchten Fluggäste beschreiben kannst – vielleicht mit einem netten Geschichtchen garniert? Um Geschichten warst du doch noch nie verlegen.«
    Mit einer Handbewegung brachte Karin ihn zum Schweigen. »Moment, Charles … lass mich nachdenken.«
    Abwesend sah sie zur Decke hoch, bevor wieder Leben in sie kam. Sie griff nach den Bildern und sah sie hastig durch, bis sie unvermittelt innehielt; offenbar hatte sie gefunden, was sie suchte. Sie führte das Bild näher an die Augen. »Tatsächlich, du hast recht«, rief sie zufrieden aus, »ein Avis-Aufkleber. Und hier, auf dem nächsten Bild, das Kennzeichen des Fahrzeugs. Sehr gut.« Wieder verlor sich ihr Blick in der Ferne, bis de Boer der Geduldsfaden riss.
    »Hätten Gnädigste vielleicht die Güte, mich an ihren Gedanken teilhaben zu lassen? Oder soll ich ein andermal wiederkommen?«
    »Nein, bleib«, wehrte sie hastig ab. »Mir kam nur gerade eine Idee. Warum soll ich den Umweg über die Flughafenleute machen? Die wimmeln mich am Ende ja doch nur ab. Warum halte ich mich nicht gleich an Avis? Der Mieter eines Fahrzeugs muss doch seine Daten hinterlassen, bevor er vom Vermieter die Wagenschlüssel erhält, oder etwa nicht? Und ein passendes Geschichtchen, wie du es nennst, das

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