Seeteufel
Schreibtisch. »Ist Matuschek da?«, fragte sie, als die Verbindung zustande kam. Kurze Pause. »Immer wenn man ihn braucht, ist der Mann weg. Vielleicht kannst du mir helfen, Moni. Versuch mal, eine Datei zu finden und sie mir vorzulesen. Es geht um einen Bericht, den wir Ende April gebracht haben. Dabei handelt es sich um eine Ãberlinger Sekte ⦠Nein, die Hintergründe kann ich dir nicht verraten ⦠In welchem Verzeichnis der Text liegt? Das müsstest du aber wissen. Also: lokal, Punkt, groÃes Ã, groÃes B, Punkt, Sekte ⦠Hast duâs? ⦠Was soll das heiÃen, du findest die Datei nicht? Dann probierâs noch mal, Schätzchen ⦠Was sagst du, gelöscht? Wieso gelöscht? Das kann nicht sein â¦Â«
Ohne sich zu verabschieden, unterbrach sie das Gespräch und wählte neu. »Wozu hat man schlieÃlich ein Archiv?«, flüsterte sie Wolf und seinen Kollegen hinter vorgehaltener Hand zu, um gleich darauf laut fortzufahren: »Karl, schön, dass ich dich noch antreffe ⦠Ja, ich weiÃ, es ist schon spät, aber tu mir bitte, bitte noch einen klitzekleinen Gefallen. Ich brauche das Erscheinungsdatum eines Berichts über eine Sekte, oder noch besser den ganzen Bericht, erschienen irgendwann im März oder April, Aufmacher Lokalseite. Wirst du das finden? ⦠Gut, ich warte.«
Sie blinzelte den anderen zu, offensichtlich hatte sie sich inzwischen gefangen. »Ja, ich höre ⦠Genau, der ist es. Bitte leg den Text aufs Fax und schick ihn an folgende Nummer â¦Â« Sie nannte dem Archivmitarbeiter die Nummer, die Jo ihr auf einen Zettel gekritzelt hatte. »Danke, Karl, du bist ein Schatz.«
»Gibtâs hier eigentlich keinen Kaffee?«, wandte sich Karin an Jo und lächelte bereits wieder.
»Wennâs der Wahrheitsfindung dient, koch ich gerne Kaffee für Sie. Sonst noch jemand?«
»Ich hol Butterbrezeln«, bot sich Vögelein an. »Hoffe, die Cafeteria hat noch welche.«
Er hatte kaum den Raum verlassen, da trudelte das Fax ein. Aufgeregt riss Karin das Blatt an sich und vertiefte sich in den Text. Kurz darauf legte sie ihn wieder zur Seite.
»Tut mir leid, die beiden Namen sind wider Erwarten nicht erwähnt. Aber jetzt weià ich wenigstens, in welcher Ausgabe der Artikel stand. Kann mich schnell jemand zur Redaktion fahren, damit ich meine Notizen hole?«
»Ja, ich. Hier ist für die nächsten Minuten sowieso tote Hose«, sagte Wolf und bestellte bei der Fahrbereitschaft einen Dienstwagen.
Zwanzig Minuten später saÃen alle vier wieder um Wolfs Konferenztisch. Karin Winter blätterte hektisch in ihren Notizen. Plötzlich sprang sie triumphierend auf: »Da haben wirâs ja. Also ⦠Rufus und Jakobus heiÃen in Wirklichkeit ⦠mit bürgerlichem Namen, meine ich â¦Â« Sie hob den Blick und sah die Umsitzenden der Reihe nach an.
»Kommen Sie, machen Sieâs nicht so spannend«, drängte Wolf.
»Peter Loske und Hartmut Neidling.«
Für einen Moment herrschte Grabesstille â bis sich Vögelein auf die Schenkel klatschte und laut »Also doch!« rief.
»Augenblick mal, heiÃt das, Sie sind bereits auf die Namen gestoÃen?«, wunderte sich Karin.
»So ist es«, klärte Wolf sie auf. »Trotzdem danke, Ihr Hinweis ist auÃerordentlich wichtig für uns. Jetzt können wir wenigstens sicher sein, dass wir in die richtige Richtung ermitteln. Geht aus Ihren schlauen Notizen auch hervor, welche Funktion die beiden bei der Sekte ausüben?«
»Nur ansatzweise. Wenn ich mich recht erinnere, war Loske für das Organisatorische, die Ãffentlichkeitsarbeit und die Gebäudetechnik zuständig, während Neidling sich um die Finanzen und alles Kaufmännische kümmerte.«
»Das könnte passen«, sagte Jo und warf einen versteckten Blick auf ihre Uhr.
»Welchen der beiden würden sie als den Dominanteren einschätzen?«, wollte Wolf wissen.
»Loske scheint mir gewandter, intelligenter. Neidling ist eher der Typ âºBefehlsempfängerâ¹. Leider habe ich keine genaue Vorstellung mehr über ihr ÃuÃeres, zumindest kann ich sie nicht auseinanderhalten.«
»Da kann ich vielleicht behilflich sein«, erklärte Jo und verschwand kurz in ihr Büro. Von dort kehrte sie mit zwei DIN-A 4-Blättern zurück, die sie mit der
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