Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
Vom Netzwerk:
verhandeln; die Frau hatte so eine Art, ihm Löcher in den Bauch zu fragen und ständig etwas in ihren Notizblock zu kritzeln. Es folgte eine Szene aus dem Gasthof »Krone«, in der er mit großem Appetit einen Rostbraten verdrückte und genussvoll mit einem Meersburger Roten hinunterspülte. Endlich zu Hause, war er in einen traumlosen Schlaf gefallen – bis dieses nervtötende Schrillen erklang.
    Als das Geräusch nicht verstummen wollte, griff er laut fluchend nach dem Hörer. Eine erschreckend muntere Stimme strapazierte sein Trommelfell.
    Â»Chef, Sie sollten mal Ihr Radio aufdrehen. SWR vier. Da läuft ein Bericht über Heaven’s Gate. Dürfte Sie interessieren.«
    Â»Und deshalb rufst du mich am frühen Sonntagmorgen an? Wie spät ist es?«, schnaubte Wolf.
    Â»Halb sieben.«
    Â»Halb sieben? Und du bist schon auf?«, staunte er.
    Â» Noch ! Ich bin noch auf!«, girrte Jo und kicherte wie ein Schulmädchen.
    Wolf drehte nebenbei das Radio an. »Verstehe, du warst mit dem Ar… mit dem Taximann zusammen. Muss ja eine tolle Nacht gewesen sein.« Übergangslos hing er die Frage dran, was sich bei der Bächle getan habe.
    Â»Keine Ahnung, da müssen Sie meine Ablösung fragen. Wir sehen uns dann bei der Lagebesprechung. Bis später also.« Ehe er noch etwas sagen konnte, hatte sie aufgelegt.
    Wolf hatte Mühe, sich auf die Sendung zu konzentrieren. Getragen, fast flüsternd beschrieb der Moderator eine Zeremonie, die Wolf irgendwie bekannt vorkam.
    Â»Die Teilnehmer dieser Zusammenkunft – ich nenne sie jetzt mal Gottesdienst – sind ausnahmslos in lange, weiße Umhänge gekleidet, es fehlen lediglich die Kapuzen, um die Illusion einer Ku-Klux-Klan-Verschwörung perfekt zu machen. Andächtig halten sie die Hände gefaltet, scheinen tief ins Gebet versunken, und über allem schweben leise, mystische Klänge, die uns ein wenig an gregorianische Choräle erinnern …«
    Nur mit Müde widerstand Wolf dem Impuls, das Gerät abzuschalten und sich wieder hinzulegen.
    Â»Der Blick der Brüder und Schwestern, wie sich die Mitglieder der Glaubensgemeinschaft untereinander nennen, richtet sich nun auf einen Mann in ihrer Mitte, einen Mann von beeindruckender Statur, mit schlohweißen Haaren und markanten Gesichtszügen. Als Einziger trägt er einen Anzug, schlicht im Schnitt und natürlich in weiß, anscheinend die bevorzugte Farbe bei Heaven’s Gate . Dieses Outfit weist ihn, wie wir gehört haben, als spirituellen Führer der Glaubensgemeinschaft aus, die vor gut einem Jahr aus den USA zu uns herüberkam …«
    Â»Als ob von dort je etwas Gutes gekommen wäre«, grummelte Wolf abfällig, während der Moderator mit seiner Schilderung fortfuhr.
    Â»In diesem Moment scheint der Gottesdienst zu Ende gegangen zu sein. Wir wollen versuchen, mit dem Führer der Gemeinschaft – seine Anhänger nennen ihn ›Gabriello‹ oder auch ›Meister‹ – zu sprechen, um Näheres über die Glaubensrichtung zu erfahren, die ihren Anhängern die Vergebung ihrer Sünden und – man höre und staune – das ewige Leben verspricht und die speziell im Raum Überlingen frappierenden Zulauf haben soll …«
    Wolf drehte das Radio etwas lauter und marschierte in die Küche, um nebenher Kaffee aufzusetzen.
    Â»â€¦Â wir haben eine Mission zu erfüllen« , verkündete Gabriello gerade mit durchaus überzeugendem Tonfall. »So viele Menschen haben sich von Gott und dem Kreuz abgewandt. Deshalb beten wir täglich um Seine wunderbare Führung, und wir spüren Seine Gegenwart, denn Er hat Seinen Thron bei uns aufgeschlagen.«
    Â»Sie und Ihre Anhänger halten sich für Auserwählte, verstehe ich das richtig?« Der Moderator schien um neutrale Berichterstattung bemüht.
    Â»Wir haben den heiligen Lebensstrom Gottes empfangen. Die Mitglieder unserer Gemeinschaft leben frei von Sünde, eine der Voraussetzungen für ein ewiges Leben …«
    Spätestens jetzt hatte Wolf genug gehört, mehr konnte er beim besten Willen nicht ertragen. Mit einem Knopfdruck brachte er den Oberguru zum Schweigen. Der Mann glaubte offenbar, was er sagte. Und er schien keinen blassen Schimmer zu haben, welches Natterngezücht er über lange Zeit an seinem Busen genährt hatte.
    * * *
    In

Weitere Kostenlose Bücher