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Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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nach musste es sich um einen Anschluss der Stadtverwaltung handeln. Sie meldete sich.
    Â»Schönen guten Abend. Mein Name ist Steckborn, ich bin der Leiter des Standesamtes Überlingen. Uns wurde heute ein Todesfall gemeldet, eine alleinstehende Frau, neunundsiebzig, vermutlich nicht unvermögend. Todeszeitpunkt heute Vormittag neun Uhr dreißig. Wie Sie sicher wissen, wurden wir gestern von der Staatsanwaltschaft angewiesen, alle Fälle, die bei uns auflaufen und in dieses Raster fallen, bis auf Weiteres an Sie weiterzumelden. Fangen Sie damit was an?«
    Â»Aber sicher. Was hat der diensthabende Arzt als Todesursache angegeben?«
    Â»Akutes Nierenversagen. Die Frau hatte es wohl schon längere Zeit mit den Nieren.«
    Â»Ja, könnte passen«, antwortete Jo gedehnt. »Würden Sie uns bitte den Totenschein rüberfaxen?«
    Â»Gerne. Sagen Sie mir schnell die Nummer?«
    Jo nannte ihm die Faxnummer und bedankte sich für den Anruf. Ungeduldig trommelte sie mit den Fingern auf den Tisch, während sie darauf wartete, dass das Gerät den Totenschein ausspuckte. So langsam schwammen ihr die Felle davon. Jetzt musste sie Wolf auch noch über die neue Tote unterrichten.
    Ihr Date mit Tom Schürmann konnte sie sich vermutlich abschminken. Zumindest würde sie nicht pünktlich an ihrem Treffpunkt sein.
    Hektisch suchte sie seine Karte heraus und wählte die Nummer. Nichts. Genauer gesagt: seine Mailbox. Bei Wolf dasselbe. Sie verlor keine weitere Sekunde.

8
    Als Jo am darauffolgenden Morgen zum Dienst erschien, war sie noch immer stinksauer. Zum ersten Mal in ihrem Leben hasste sie ihren Job. Sie hatte sich am Vorabend so ins Zeug gelegt, war anschließend in Windeseile zu ihrer Wohnung gerast, um sich wenigstens notdürftig herzurichten, doch alles war umsonst gewesen. Tom war nicht mehr da gewesen; wie hätte sie auch erwarten können, dass er sich eine Dreiviertelstunde lang die Füße in den Bauch stand. Sie hatte ihn angerufen und sich kleinlaut entschuldigt.
    Â»Tut mir leid, Lady, bin bereits wieder im Dienst. Sie wissen ja: Ohne Eier keine Feier, wie man bei uns zu sagen pflegt. Vielleicht ein andermal.«
    Er hatte nicht sehr enttäuscht geklungen. Das war’s dann wohl, dachte sie und knallte ihre Tasche auf den Schreibtisch.
    Erschreckt schnellte am zweiten Tisch eine Gestalt auf. Vögelein. Was wollte der denn schon hier? Als Frühaufsteher war er ihr bisher noch nicht aufgefallen. Mit leichter Sorge musterte sie sein Äußeres. Anders als sonst ging er heute nicht barhäuptig, sondern hatte sich eine Wollmütze über den Kopf gezogen und den Hals womöglich noch dicker als sonst mit einem Schal umwickelt. Teilnahmslos starrte er auf seinen Bildschirm.
    Â»Du hier?«, staunte sie und schluckte den üblichen Morgengruß hinunter. »Solltest du nicht besser bei deiner Soko sein?«
    Â»Geht nicht, muss zum Arzt«, hauchte er leidend, was umso ungewöhnlicher war, da er am Vortag vor Gesundheit doch nur so gestrotzt hatte.
    Sie betrachtete ihn aufmerksam von allen Seiten. »Wo fehlt’s denn heute, wenn man fragen darf?«
    Â»Nun ja«, setzte er mit halb geschlossenen Augenlidern zu einer Erklärung an, ȟber den drohenden grippalen Infekt, mit dem ich heute früh aufgewacht bin, will ich jetzt nicht reden, der wäre noch das Wenigste. Nein, Sorgen macht mir der Bauchbereich … Ein Tumor vielleicht … der mich langsam von innen auffrisst.«
    Â»So plötzlich? Woran erkennt man das?«
    Â»Hab mich heute früh gewogen. Drei Mal, wie jeden Morgen. Beim dritten Mal zeigte die Waage hundertfünfzig Gramm weniger.«
    Ohne es zu wollen, brach Jo in lautes Gelächter aus. Es dauerte eine Weile, bis sie sich beruhigt hatte.
    Â»Ja, lach du nur«, quittierte Vögelein ihren Heiterkeitsausbruch mit beleidigter Miene. Dann sah er flüchtig auf die Uhr. »Um acht macht mein Arzt seine Praxis auf. Er wird mir die ungeschminkte Wahrheit sagen, dann werden wir ja sehen.«
    Jo riss sich zusammen und blickte mitfühlend auf Vögeleins zusammengesunkene Gestalt hinab. »Sag mal«, setzte sie vorsichtig an, »könnte es vielleicht sein, dass der wahrhaft dramatische Gewichtsverlust nur deshalb eingetreten ist, weil du zwischen dem zweiten und dritten Wiegen auf der Toilette warst?«
    Vögelein stand abrupt auf und stapfte mit gesenktem Kopf zur Tür.
    Â»Der

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