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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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wurde nach dem zweiten Klingeln geöffnet. Der Mann war in Bergenhems Alter.
    Die dunklen Haare hingen ihm genau wie beim letzten Mal in die Stirn. Es wirkte genauso absichtlich wie damals. Das Gesicht war unrasiert wie damals. Peters trug ein weißes Unterhemd genau wie damals, es hob sich gegen den sonnengebräunten, muskulösen Körper ab.
    »Hallo«, sagte Peters. »Sie sind wiedergekommen.« »Jetzt kann ich den Whisky annehmen«, sagte Bergenhem.
    Bergenhem hatte in einer Serie von Misshandlungen ermittelt. Ein Freund von Krister Peters, Jens Book, war in der Nähe von Peters' Wohnung niedergeschlagen und schwer verletzt worden.
    Bergenhem hatte Peters besucht und ihn befragt. Peters war unschuldig. Peters hatte ihm einen Maltwhisky angeboten. Bergenhem hatte dankend abgelehnt.
    »Ich bin mit dem Auto da und muss hinterher gleich nach Hause«, hatte er geantwortet.
    »Ihnen entgeht ein guter Springbank«, hatte Peters gesagt.
    »Vielleicht habe ich später ja noch mal die Gelegenheit«, war Bergenhems Antwort gewesen.
    »Vielleicht«, hatte Peters geantwortet.
    Peters wandte Bergenhem den Rücken zu und ging in die Wohnung. Bergenhem folgte ihm. Peters hatte sich auf das dunkelgraue Sofa gesetzt. Auf einem niedrigen Glastisch lagen Zeitschriften. Rechts von den Zeitschriften standen drei Gläser und eine Flasche. Bergenhem setzte sich in einen Sessel, der genauso bezogen war wie das Sofa.
    »Wie geht's?«, fragte Peters.
    »Nicht besonders«, antwortete Bergenhem.
    »Haben Sie das Gefühl, Sie müssten mit jemandem sprechen?«
    »Ja.«
    »Dann sind Sie bei mir richtig«, sagte Peters. »Es ist alles so verwirrend«, sagte Bergenhem.

16
    Auf Donsö war es immer noch taghell. Winter stand auf dem Achterdeck der »Magdalena«. Die Sonne hing tief über dem Meer und begann zu brennen. Bald würde sie verschwinden. Wird die Sonne ausgeknipst, wenn sie im Wasser untergeht?, hatte Elsa im letzten Sommer gefragt, als sie in Vallda Sandö gebadet hatten und lange geblieben waren. Das war eine gute Frage.
    »Ihr erlebt sicher viele solcher Sonnenuntergänge draußen auf dem Meer«, sagte Winter zu Erik Osvald, der neben ihm stand.
    »Na ja, wir stehen nicht gerade da und applaudieren dem Sonnenuntergang jedes Mal«, antwortete Osvald.
    »Aber die Schönheit siehst du wohl doch?«
    »Ja.«, sagte Osvald, und Winter begriff, dass Wetter, Sonne, Regen, die vierundzwanzig Stunden eines Tages und die Schönheit der Natur für Osvald etwas anderes waren als für ihn, für alle, die an Land lebten.
    Osvald schaute nach der Sonne, die nun schnell sank.
    »Jetzt kommt eine Jahreszeit, in der man das Licht vermisst«, sagte er in die Dämmerung hinein. »Bald müssen wir schon nachmittags um drei bis vormittags um zehn Licht anmachen.« Er sah Winter an. »Und im Sommer ärgert man sich, wenn einem die Sonne schon morgens um vier in die Augen scheint.«
    Winter nickte. Hier draußen wurde alles viel deutlicher.
    »Aber auf dem Meer gibt es eigentlich keinen Tag und keine Nacht.«
    Winter wartete, dass er weitersprach. Die Sonne war jetzt verschwunden.
    »Es gibt keinen Tag, gibt keine Nacht«, wiederholte Osvald.
    Es klang wie Poesie. Vielleicht war es Poesie. Arbeit und Alltag sind Poesie, wenn alles Unwesentliche weggeschrubbt ist.
    Osvald sah ihn wieder an, zurückgekehrt in die Realität der Arbeit.
    »Einen richtigen Morgen oder Abend haben wir ja eigentlich nie. Die Stunden rasen davon, alle fünf oder sechs Stunden muss das Schleppnetz eingeholt werden.«
    »Bei jedem Wetter?«, fragte Winter.
    Osvald blinzelte zum Himmel. Sein Gesicht war voller feiner Linien. Es gab eine Sonnenbräune, die auch zwischen zehn und drei, wenn es dunkel war, nicht verschwinden würde. In seinen Augenschlitzen war etwas Blaues. In diesem Augenblick überlegte Winter, was Osvald draußen auf dem einsamen Meer dachte. Was dachte er bei Sturm?
    »Das Wetter ist heutzutage kein großes Problem mehr für uns«, sagte Osvald und nickte, als wollte er seinen Worten Nachdruck verleihen. »Früher gingen Schiffe in den Stürmen unter.« Wieder schaute er übers Meer. »Oder wurden von Minen in die Luft gesprengt...«, sagte er wie zu sich selber. Er warf Winter wieder einen raschen Blick zu. »Im letzten Herbst hatten wir sehr schlechtes Wetter. Aber wir mussten nur zwei Nächte wegen Sturm mit dem Fischen aussetzen. Ist er stärker als zwanzig Meter pro Sekunde, dann fahren wir nicht raus.« Er lächelte Winter an. »Jedenfalls nicht, wenn der Grund

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