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Segeln im Sonnenwind

Segeln im Sonnenwind

Titel: Segeln im Sonnenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert A. Heinlein
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Mitglied der Regenbogendivision, ausgezeichnet mit Silver Star und Purple Heart, ohne daß er einen Körperteil verloren hatte (als einzige Spur des Krieges blieb ihm eine Narbe auf dem Bauch). Er hatte ursprünglich an der Illinois Tech Mathematik studiert und sich dabei auf Topologie spezialisiert, aber nach dem Krieg wechselte er zur Theaterwissenschaft, denn er wollte von einem Amateurmagier zum Profi wechseln – Bühnen-magie, versteht sich. Wie er es mir gegenüber erklärte, hatte ihn der Krieg veranlaßt, seine Werte und Zielsetzungen neu festzulegen.
    Carol begann somit ihr Eheleben als Bühnenassistentin ihres Gatten, wobei sie so spärlich bekleidet auftrat, daß sie das Publikum jedesmal ablenkte, wenn sie mit einem Muskel zuckte. Sie versuchte, ihre Zeit so einzuplanen, daß sie ihre Kinder zur Welt bringen konnte, wenn Rod einmal nicht auf Tournee war. Als sich das als unmöglich erwies, arbeitete sie jedesmal so lange weiter, bis ein Theatermanager der Sache Einhalt gebot – gewöhnlich aufgrund von Beschwerden weiblicher Zuschauer, die körperlich weniger gut bestückt waren. Carol gehörte zu den glücklichen Frauen, die immer schöner wurden, je weiter die Schwangerschaft fortschritt.
    Die Kinder blieben bei Rods Mutter, wenn das Paar auf Tournee ging. Für gewöhnlich nahmen sie jedoch einen oder zwei ihrer Sprößlinge mit – ein vielgeliebtes Privileg. Es war, glaube ich, 1955, als Rod bei einer Illusion, die sich um das Auffangen von Kugeln drehte, einen Fehler machte und auf der Bühne starb.
    Carol veranstaltete die Show am nächsten Abend allein, wobei sie seine Requisiten benutzte. Dabei war eines jedoch offensichtlich: Sie versteckte keinerlei Sachen oder Kaninchen in ihrem Kostüm. Als sie anfing, in Reno und Vegas und Atlantic City aufzutreten, reduzierte sie ihre Kleidung noch weiter, bis sie nur noch einen Lendenschurz trug, und sie ergänzte ihr Repertoire um Jonglier-kunststücke.
    Später nahm sie Singen und Tanzen mit hinzu. Ihren Fans war jedoch egal, was sie tat, sie wollten einfach nur Carol sehen. Theater in Las Vegas oder Reno warben allein mit dem Wort CAROLITA, sonst nichts. Manchmal unterbrach sie das Jonglieren und sagte: »Ich bin heute abend zu müde dafür, und W. C. Fields hat es sowieso besser gemacht.« Sie spazierte dann, mit nichts als einem Lendenschurz bekleidet, auf den Laufsteg, stemmte die Hände in die Hüften, lächelte und sagte: »Machen wir uns besser miteinander bekannt. Du da! Das hübsche kleine Mädchen in dem blauen Kleid! Wie heißt du, Schatz? Würdest du mir eine Kußhand zuwerfen? Wenn ich dir eine zuwerfe, nimmst du sie dann oder wirfst du sie zurück?« Oder: »Wer hat heute Geburtstag? Bitte die Hand heben!«
    Unter Theaterbesuchern hat immer mindestens einer von fünfzig Leuten Geburtstag, nicht einer von dreihundertfünfundsechzig. Carolita bat die Geburtstags-kinder aufzustehen und wiederholte jeden Namen laut und deutlich. Dann forderte sie die Menge auf, mit ihr zusammen Happy Birthday zu singen, und wenn der Knittelvers ›Happy Birthday, dear…‹ erreichte, unterbrach die Kapelle, und Carol sang nacheinander die Vornamen und zeigte dabei auf das jeweilige Geburtstagskind: ›… dear Jimmy, Ariel, Bebe, Mary, John, Philip, Amy, Myrtle, Vincent, Oscar, Vera, Peggy…‹ Und auf ein Handzeichen setzte die Musik wieder ein: ›Happy Birthday to you!‹
    Wenn Besucher hätten abstimmen dürfen, wäre Carolita durch einen überwältigenden Wahlsieg zur Bürger-meisterin von Las Vegas ernannt worden.
    Ich fragte sie einmal, wie es ihr gelang, die ganzen Namen zu behalten. »Das ist nicht schwer, wenn man es wirklich möchte, Mama«, antwortete sie. »Und wenn ich mal einen Fehler mache, verzeihen sie es mir; sie wissen, daß ich mir Mühe gebe.« Dann setzte sie noch hinzu: »Mama, die Leute wollen im Grunde nur wissen, ob ich ihre Freundin bin – und das bin ich.«
    Im Verlauf dieser zehn Jahre unternahm ich gelegentlich Reisen, um die Menschen, die mir am liebsten waren, zu sehen, aber meistens blieb ich zu Hause und wartete darauf, daß sie mich besuchen kamen. Die übrige Zeit freute ich mich einfach, noch am Leben zu sein, und genoß neue Freunde, einige im Bett, andere nicht.
    Als ich auf die Hundert zuging, litt ich manchmal an leichter »Herbstkälte« – steife Gelenke am Morgen, graue Strähnen im roten Haar, ein bißchen schlaffes Fleisch hier und dort und am schlimmsten von allem das Gefühl, zerbrechlich zu werden, so daß

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