Segeln im Sonnenwind
versammelten sich um unseren Wagen; ein Junge lief laut rufend ins Haus. Kurz darauf kam Mr. Igo zum Vorschein. »Jackson!« rief Vater ihm zu.
»Yeah, Doc?«
»Holen Sie die Hunde von meinem Wagen weg!«
»Die machen doch nix.«
»Los! Ich möchte nicht, daß sie an mir hochspringen.«
»Wie'se meinen, Doc. Cleveland! Jefferson! Schnappt euch die Hunde! Bringtse nach hinten.«
Der Befehl wurde ausgeführt; Vater stieg aus und wies mich noch über die Schulter leise an: »Bleib du im Wagen!«
Vater blieb nur kurz in der Hütte, was mir recht war, denn der älteste Junge, Caleb, der ungefähr in meinem Alter war, setzte mir in einem fort zu, ich solle doch aussteigen und mir einen frischen Wurf Ferkel anschauen. Ich kannte ihn aus der Schule, wo er seit einigen Jahren die fünfte Klasse besuchte. Meiner Meinung nach war er ein wahrscheinlicher Kandidat für die Lynchjustiz, wenn nicht irgendein Vater ihn schon vorher umbrachte. Ich mußte ihn anweisen, die Finger von Daisy zu lassen, denn er brachte sie dazu, den Kopf hin und her zu werfen und vor ihm zurückzuweichen. Ich nahm die Peitsche aus der Halterung, um meinen Worten den nötigen Nachdruck zu verleihen.
Ich war froh, als ich Vater wieder aus dem Haus kommen sah.
Er stieg schweigend ein. Ich schnalzte Daisy aufmunternd zu, und wir fuhren los. Vater machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter, also hielt ich den Mund.
Eine Viertelmeile weiter sagte er: »Fahre aufs Gras.« Ich gehorchte, sagte: »Ho, Daisy!« und wartete.
»Danke, Maureen. Würdest du mir bitte helfen, mich zu waschen?«
»Sicher, Sir.« Dieser Einspänner, den er für seine Fahrten aufs Land benutzte, war eine Spezialanfertigung der Stellmacher, die auch seine Rennsulkys bauten, und hatte demzufolge mehr rückwärtigen Gepäckraum und ein Regendach. Vater transportierte damit einige Dinge, die er vielleicht bei Krankenbesuchen brauchte, die aber nicht in seine schwarze Arzttasche paßten. Dazu gehörten ein Ölkännchen mit Tülle, das mit Wasser gefüllt war, ein Blechbecken, Seife und Handtücher.
Er bat mich, Wasser über seine Hände zu gießen. Er seifte sie ein, und ich spülte den Schaum mit der Kanne ab. Er schüttelte die Hände, damit sie trocken wurden, wusch sie noch einmal im Becken und trocknete sie anschließend, indem er sie erneut schüttelte und dann mit einem Handtuch abrieb.
»So ist es besser«, seufzte er. »Ich habe mich da drin weder hingesetzt noch irgend etwas angefaßt, wenn es sich vermeiden ließ. Maureen, erinnerst du dich noch an die Badewanne, die wir in Chicago benutzt haben?«
»Na klar!« Die Weltausstellung war ein nie enden wollendes Wunder gewesen, und ich werde nie meinen ersten Blick auf den gewaltigen See vergessen und auch nicht meine erste Fahrt mit einer Eisenbahn hoch in der Luft. Doch träumte ich von nichts so sehr wie von dieser Badewanne (ganz aus Emaille) und von heißem Wasser, das einem bis ans Kinn reicht. Für ein heißes Bad hätte man mich verführen können. Man sagt, jede Frau hätte ihren Preis. Das ist meiner.
»Mrs. Malloy berechnete uns fünfundzwanzig Cent für jedes Bad. In diesem Moment würde ich ihr glatt zwei Dollar für eines geben. Maureen, ich brauche Glyzerin und Rosenwasser, bitte. In meiner Tasche.«
Vater mischte sich seine Lotion selbst, und sie war vor allem für rauhe Hände gedacht. Jetzt brauchte er sie, um die Hände nach der starken Seifenlauge, die er gerade benutzt hatte, wieder zu entspannen.
Als wir zurück auf der Straße waren, erzählte er: »Maureen, das Kind war schon lange tot, ehe Jackson Igo nach mir schickte. Seit letzte Nacht, schätze ich.«
Ich versuchte, Mitleid für das Baby aufzubringen, aber im Haushalt der Igos aufzuwachsen war kein Schicksal, das man irgend jemandem wünschte. »Warum hat er dann überhaupt nach dir geschickt?«
»Um dem Todesfall meinen Segen zu geben, einen Totenschein auszustellen, ihn vor Schwierigkeiten mit dem Gesetz zu bewahren, wenn er das Kind begräbt… was er wahrscheinlich in dieser Minute tut. Vor allem aber, damit wir beide eine Rundfahrt von sechs Meilen unternehmen, nur damit er sein Maultier nicht anschirren und in die Stadt fahren muß.« Vater lachte freudlos. »Er wies immer wieder darauf hin, daß ich ihm keine Rechnung schreiben könne, da ich ja nicht gekommen wäre, bevor das Kind starb. Schließlich sagte ich: ›Halten Sie die Klappe, Jackson. Sie haben mir eh keinen Cent mehr bezahlt, seit Cleveland damals Harrison
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