Segeln im Sonnenwind
Geheimnis vor. Natürlich kam Nelson aufgrund eines seiner Familienzweige für die Howard-Stiftung in Frage; wir hatten die Großeltern Johnson gemeinsam (und die Urgroßeltern, von denen allerdings drei inzwischen tot waren, verstorben mit jeweils mehr als hundert Jahren). Wie ich später erfuhr, hatte Vater an Judge Sperling geschrieben und ihn darüber informiert, daß die Eltern seiner Schwägerin Mrs. James Ewing Johnson aus Thebes, geborene Carole Yvonne Pelletier aus New Orleans, noch lebten und sein Neffe Nelson Johnson demzufolge für die Howard-Stiftung in Frage kommen könnte, vorausgesetzt, er verheiratete sich auch mit einer Stiftungskandidatin.
Die Prüfung dauerte eine ganze Weile, da auch die Gesundheit des Kandidaten und andere Dinge unter die Lupe genommen wurden, und in Nelsons Fall war es auch bedeutsam zu klären, daß sein Vater tatsächlich durch einen Unfall (Ertrinken) ums Leben gekommen war und nicht aus einem anderen Grund.
Nelson war nun nach Kansas City gekommen, da es in Thebes und seiner Umgebung keine jungen Frauen auf Howardlisten gab. Dafür erhielt er eine Liste für beide Kansas Citys, das in Missouri und das in Kansas.
Und so begegneten wir alle Betty Lou – Miss Elizabeth Louise Barstow. Nelsons Werbung fand in unserem Haus ihren Abschluß – womit ich meine, daß er sie schwängerte. Maureen spielte dabei die Rolle einer Anstandsdame mit geschlossenen Augen, eine Rolle, die ich in künftigen Jahren noch häufig für die eigenen Töchter spielen würde.
Das schützte mich vor der eigenen Dummheit – und ich war ziemlich sauer darüber. Nelson war sozusagen schon mein persönliches Eigentum gewesen, ehe Betty Lou ihn überhaupt zu Gesicht bekommen hatte. Sie war allerdings ein Schatz; ich konnte nicht sauer bleiben. Und wozu auch?
Sie stammte aus Massachusetts und hatte die Universität in Kansas besucht – Gott weiß warum, schließlich gab es in Massachusetts auch geeignete Unis. Es ergab sich schließlich, daß wir bei der Hochzeit für ihre Eltern einspringen mußten, die nicht kommen konnten, da sie die eigenen Eltern zu versorgen hatten. Theoretisch hätten Nelson und Betty Lou zurück nach Boston fahren sollen, um zu heiraten, aber sie wollten das Geld dafür nicht ausgeben. Der Gold-Crash machte der Wirtschaft gerade zu schaffen, und obwohl das für Brians Geschäft später einen Boom auslöste, war bislang das Geld doch knapp.
Die Trauung fand am 14. Februar in unserem Salon statt, und es war ein stürmischer, kalter Tag. Unser neuer Pastor, Dr. Draper, gab dem Paar seinen Segen. Ich war für den Empfang verantwortlich und erhielt dabei ein wenig zuviel Unterstützung durch Random Numbers, der überzeugt war, daß die Party zu seinen Ehren veranstaltet wurde.
Nachdem Dr. und Mrs. Draper gegangen waren, stieg ich langsam die Treppe hinauf, und Brian und Dr. Rumsey halfen mir dabei. Es war das erste und fast auch das letzte Mal, daß ich auf das Eintreffen meines Arztes gewartet hatte.
George Edward wog sieben Pfund und drei Unzen.
KAPITEL ZEHN
RANDOM NUMBERS
Pixel ist wieder fort – wohin auch immer – und hat meinen ersten Hilferuf mitgenommen. Jetzt kann ich mir nur noch selbst die Daumen drücken…
Mein geliebter Freund und Mitehemann Dr. Jubal Harshaw versuchte sich einmal mit einer Definition des Glücks. »Das Glück«, begann er, »besteht in dem Privileg, lange und hart für etwas arbeiten zu dürfen, das man dieser Mühe für wert erachtet.
Man kann sein Glück darin finden, für eine Frau und Kinder zu sorgen. Ein anderer sucht es in Banküberfällen. Ein dritter vertieft sich jahrelang in Grundlagenforschung, ohne sichtbare Resultate zu produzieren.
Man muß den individuellen und subjektiven Charakter dieses Begriffes bedenken. Keine zwei Menschen sind sich gleich, und es besteht auch überhaupt kein Grund, von ihnen zu erwarten, daß sie es wären. Jeder Mann und jede Frau muß für sich selbst die Aufgabe suchen, die ihn oder sie glücklich macht. Ist jemand scharf auf kürzere Arbeitszeit und längeren Urlaub und früheren Ruhestand, so hat er eindeutig den falschen Beruf. Vielleicht sollte er es mal mit einem Banküberfall probieren. Oder als Stichwortgeber im Variete auftreten. Oder in die Politik gehen.«
Während der zehn Jahre von 1907 bis 1917 genoß ich das Privileg, nach Jubals Definition vollkommen glücklich zu sein. Bis 1916 gebar ich acht Kinder. In dieser Zeit arbeitete ich härter und länger als jemals zuvor oder danach in
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