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Segnet die Tiere

Segnet die Tiere

Titel: Segnet die Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Haber
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die Gravitation beschloß, ihn nicht freizugeben. Entsetzt stellte er sich vor, wie er zurückfiel, um sich auf dem Deck des Schiffes alle Knochen zu brechen. Oder er stürzte ins rote Meer und ertrank…
    Dann streckte er die Arme und spürte, wie ihn der Wind erfaßte. Von einem Augenblick zum anderen flog er.
    Das Schiff schrumpfte unter ihm, schien sich in ein kleines Spielzeug zu verwandeln. Und dann machte Kim eine weitere Entdeckung.
    Er war nicht nur seekrank, sondern auch luftkrank.
    An Bord der Voyager passiert mir so etwas nie.
    Tief unter ihm glitt das winzige micaszianische Schiff auf den Wellen dahin. Kim spürte, wie sich in seiner Magengrube etwas zusammenkrampfte, und er wünschte sich nichts
    sehnlicher, als wieder auf dem Deck zu stehen. Die
    Gravitationskompensatoren und Trägheitsabsorber der
    Voyager fielen ihm ein: Sie garantierten, daß man an Bord nicht hin und her geschleudert wurde, wenn sich Flugrichtung oder Geschwindigkeit änderten.
    Um sich abzulenken, blickte Kim zum gewölbten Horizont.
    Er sah nur Wolken und vernahm ein Platschen, als sich eine große Schwanzflosse aus dem Wasser hob und dann wieder darin verschwand.
    Er stieg noch höher, und das am Harnisch befestigte Seil gab nach, gewährte ihm genug Freiraum. Der Wind trug ihn, erwies sich als zuverlässiger Begleiter.
    He, es ist eigentlich gar nicht so übel.
    Kim neigte sich nach rechts, und daraufhin flog er in einem weiten Bogen. Seinem Sinn für Ästhetik offenbarte sich plötzlich eine Eleganz, die ihn erfreut lächeln ließ.
    Es macht Spaß.
    Er experimentierte damit, zwischen verschiedenen
    Aufwinden und Luftströmungen zu wechseln, begann auf diese Weise mit einem Tanz am Himmel. Bald faßte er mehr Mut und ließ sich noch höher hinauf tragen.
    Kurze Zeit später bemerkte er eine dunkle Masse am
    Horizont. Land. Eine Küstenlinie. Handelte es sich um Vandorra? Kim reckte den Hals, hielt jedoch vergeblich nach den glänzenden Türmen der Stadt Ausschau.
    Also ist es nicht Vandorra. Vielleicht Micaszia? Sollten wir den Weg dorthin fortsetzen? Der Fähnrich fragte sich, was sie in Micaszia erwarten mochte. Konnten sie dort mit Freiheit rechnen? Oder gerieten sie nur vom Regen in die Traufe?
    Er stemmte sich dem Druck des Windes entgegen, bewegte die Arme, flog erst nach rechts und dann wieder nach links. In alle Richtungen hielt er Ausschau, sah jedoch nur diese eine Küstenlinie.
    Damit dürfte wohl alles klar sein.
    Der Vereinbarung gemäß bewegte er die Arme wie ein
    Schwimmer, vor und zurück, vor und zurück – das Zeichen dafür, daß er an Bord zurückkehren wollte.
    Allmählich verringerte sich die Höhe. Marima und Paris betätigten eine Winde, holten damit das Seil wie eine Angelschnur ein.
    Tiefer und tiefer. Das Schiff wurde wieder größer. Kim spürte, wie das flaue Gefühl aus seinem Magen verschwand.
    Nur noch wenige Sekunden, und dann hatte er wieder festen Boden – beziehungsweise ein festes Deck – unter den Füßen.
    Es knarrte, und dann riß das Seil mit einem jähen Knall. Dem erschrockenen Harry Kim blieb gerade noch Zeit genug, die blassen Mienen von Paris und Marima zu erkennen, als er über das Schiff hinwegflog. Einige Sekunden lang stieg er wieder auf, doch dann fiel er, dem blutroten Meer entgegen.
    20
    Mit verschränkten Armen saß Kathryn Janeway dem Vulkanier Tuvok in ihrem Bereitschaftsraum gegenüber. Von Borizus hatte sie gerade etwas gehört, das einem halben Geständnis gleichkam.
    »Ja, Captain«, hatte er gesagt. »Ich wußte tatsächlich, daß Ihre beiden vermißten Besatzungsmitglieder mit Kolias’
    Tochter auf dem Meer unterwegs waren.«
    Angeblich stammten diese Informationen aus Gesprächen, die Borizus zufälligerweise in Kolias’ Büro gehört hatte. Doch Janeway bezweifelte das. Sie glaubte noch immer, daß der zweite Minister von Vandorra hinter dem Verschwinden von Kim und Paris steckte, beschloß daher, ihn noch ein wenig länger in der Arrestzelle schmoren zu lassen.
    Als sie mit Tuvok allein war, richtete sie einen
    durchdringenden Blick auf ihn. »Wie ist es Ihnen gelungen, Borizus zu diesem Geständnis zu bewegen, Lieutenant? Haben Sie gegen Ihre vulkanischen Prinzipien verstoßen und ihn belogen?«
    Tuvoks Gesicht brachte höchstens so etwas wie verletzten Stolz zum Ausdruck. »Captain, gerade Sie sollten wissen, daß ich überhaupt nicht lügen kann.«
    »Wie würden Sie es nennen?«
    Der Glanz in Tuvoks Augen veränderte sich. »Um Ihre
    eigenen Worte zu

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