Seherin von Kell
reden. Das größte Problem sind die langen Sätze, bei denen man leicht vergessen kann, was man eigentlich hatte sagen wollen.«
Sie folgten Baron Astellig über die Zugbrücke und saßen auf dem gepflasterten Burghof ab. »Meine Diener werden Euch und Eure Begleiter zu geziemenden Gemächern bringen, meine Herren Ritter«, sagte er, »wo Ihr Euch frisch machen könnt. Wenn ich Euch danach ersuchen dürfte, mir die Ehre zu erweisen, mir in der großen Halle Gesellschaft zu leisten, würde ich mich freuen zu hören, wie ich Euch in Eurer edlen Angelegenheit unterstützen kann.«
»Wir wissen Eure Großzügigkeit zu würdigen, Baron«, antwortete Garion. »Seid versichert, daß mein Mitritter und ich uns Euch umgehend anschließen werden, sobald wir uns vergewissert haben, daß die Damen unsere Hilfe eine Zeitlang entbehren können.«
Sie folgten einem Diener zu komfortablen Gemächern im ersten Stock der Burg.
»Ich kann nur noch staunen, Garion«, sagte Polgara. »Ich dachte, du hättest nicht die geringste Ahnung von einer zivilisierten Sprache.«
»Danke – für das zweifelhafte Lob.«
»Vielleicht solltet ihr, du und Zakath, allein mit dem Baron sprechen«, wandte Belgarath sich an Garion. »Du hast ihm bereits die Notwendigkeit klargemacht, daß du deinen Namen nicht nennen darfst. Aber wenn wir anderen dabei sind, könnte er vielleicht darum bitten, daß du uns vorstellst. Frag ihn behutsam aus. Erkundige dich nach den hiesigen Gebräuchen und dergleichen und frag ihn, ob hier irgendwelche Fehden im Gange sind.« Er blickte Zakath an.
»Wie heißt die Hauptstadt dieser Insel?«
»Dal Perivor, glaube ich.«
»Dorthin sollten wir uns als nächstes begeben. Wo liegt sie?«
»Auf der anderen Seite der Insel.«
»Natürlich.« Silk seufzte.
»Geht schon«, forderte Belgarath die beiden Gepanzerten auf.
»Laßt unseren Gastgeber nicht warten.«
»Wenn das alles vorüber ist, würdest du ihn mir dann zur Verfü-
gung stellen?« fragte Zakath Garion, während sie knarrend den Korridor entlang stapften. »Du könntest einen ordentlichen Gewinn machen, und ich hätte die leistungsfähigste Regierung der Welt.«
»Möchtest du wirklich, daß ein Mann deine Regierung führt, der wahrscheinlich ewig lebt?« entgegnete Garion belustigt. »Ganz zu schweigen davon, daß er wahrscheinlich noch korrupter ist als Silk und Sadi zusammen. Er ist ein sehr schlimmer alter Mann, Kal Zakath. Er ist weiser als ganze Generationen, und er hat einige absto-
ßende Angewohnheiten.«
»Er ist dein Großvater, Garion!« entrüstete sich Zakath. »Wie kannst du nur so über ihn sprechen?«
»Wahrheit bleibt Wahrheit, Eure Majestät.«
»Ihr Alorner seid merkwürdige Leute, mein Freund.«
»Das haben wir nie zu verbergen versucht, mein Freund.«
Ein Laut von Krallen war hinter ihnen zu hören, und die Wölfin schlüpfte zwischen die beiden. »Ich frage mich, wohin du läufst«, sagte sie zu Garion.
»Ich und mein Freund wollen mit dem Herrn dieses Hauses sprechen, kleine Schwester.«
»Ich werde dich und deinen Freund begleiten«, erklärte sie.
»Wenn nötig, kann ich vielleicht helfen, falsche Schritte zu vermeiden.«
»Was hat sie gesagt?« erkundigte sich Zakath.
»Sie kommt mit, um zu verhindern, daß wir bedenkliche Fehler machen«, antwortete Garion.
»Ein Wolf?«
»Sie ist keine gewöhnliche Wölfin, Zakath. Ich mache mir so meine Gedanken über sie.«
»Ich freue mich, daß sogar ein Welpe so etwas wie Scharfsinn zeigt.« Die Wölfin rümpfte die Nase.
»Danke. Und ich freue mich über die Billigung von so einem lieb-lichen Wesen.«
Sie wedelte mit dem Schwanz. »Ich muß dich jedoch ersuchen, deine Erkenntnis für dich zu behalten.«
»Selbstverständlich«, versprach er.
»Worum ging es?« fragte Zakath.
»Um etwas Wölfisches«, erklärte ihm Garion. »Es läßt sich nicht übersetzen.«
Baron Asteilig hatte seine Rüstung ausgezogen und saß in einem wuchtigen Sessel vor dem prasselnden Kaminfeuer. »Es ist leider so, meine Herren Ritter«, sagte er, »Stein bietet guten Schutz gegen Feinde, aber er ist immer kalt, und die Winterkälte hält sich hartnäckig in ihm; so sehen wir uns gezwungen, Feuer zu machen, sogar wenn der Sommer unsere Insel freigebig mit seiner Wärme be-schenkt.«
»Wie recht Ihr habt, Baron«, erwiderte Garion. »Selbst die dicken Mauern von Vo Mimbre beherbergen diese bis in die Knochen drin-gende Kälte.«
»Ihr habt Vo Mimbre gesehen, Herr Ritter?« rief der Baron in
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