Seherin von Kell
fragend an.
»Wahrlich. Und sobald wir uns dieser Küste nähern, müßt Ihr beide das Visier herunterklappen, und auf keinen Fall dürft Ihr es öffnen, solange wir uns auf dieser Insel befinden, außer ich erlaube es Euch.«
»Und Ihr wollt uns den Grund nicht nennen?«
Sie lächelte sanft und legte eine Hand auf Garions Arm. »Wisset nur, daß es nötig ist.«
»Mit dieser Antwort hatte ich irgendwie gerechnet«, sagte Garion zu Zakath. Er trat zur Kajütentür. »Durnik!« rief er. »Wir brauchen deine Hilfe.«
»Wir ziehen sie doch jetzt noch nicht an, oder?« fragte Zakath.
»Hast du schon jemals Panzerrüstung getragen?«
»Nein.«
»Es dauert eine Weile, bis man sich daran gewöhnt. Sogar Mandorallen stöhnte, als er zum erstenmal eine trug.«
»Mandorallen? Dein mimbratischer Freund?«
Garion nickte. »Er ist Ce'Nedras Streiter.«
»Ich dachte, das bist du!«
»Ich bin ihr Gemahl. Dafür gelten andere Regeln.« Er betrachtete zweifelnd Zakaths Schwert, das verhältnismäßig leicht war und eine schmale Klinge hatte. »Er wird ein größeres Schwert brauchen, Cyradis«, meinte er.
»In diesem Schrank, Belgarion.«
»Sie denkt doch an alles«, sagte Garion. Er öffnete den Schrank und sah ein schweres Breitschwert, das ihm fast bis zur Schulter reichte. Er hob es mit beiden Händen heraus. »Euer Schwert, Eure Majestät.« Er streckte es Zakath mit dem Griff voraus entgegen.
»Danke, Eure Majestät«, erwiderte Zakath grinsend im gleichen Ton. Als er das Schwert nahm, weiteten sich seine Augen. »Bei Toraks Zähnen!« fluchte er und hätte die mächtige Waffe fast fallen gelassen. »Gehen Männer tatsächlich mit so was aufeinander los?«
»Sogar recht häufig. In Arendien ist es ein beliebter Zeitvertreib.
Und wenn du glaubst, daß deines schwer ist, solltest du meines ausprobieren.« Da fiel Garion etwas ein. »Wach auf!« sagte er ziemlich gebieterisch zu dem Auge.
Das Murmeln des Steines klang leicht gekränkt.
»Übertreib nicht gleich«, mahnte er. »Das Schwert meines Freundes ist ein wenig zu schwer für ihn. Mach es leichter – nicht zuviel auf einmal!« Er sah, wie Zakath sich anstrengte, das Schwert zu heben. »Noch ein bißchen leichter«, wies er das Auge an.
Die Schwertspitze kam hoch – aber langsam.
»Wie ist es jetzt?« fragte Garion.
»Noch mehr«, ächzte Zakath.
»Mach schon«, sagte Garion zu dem Auge.
»So ist es besser…« Zakath seufzte. »Darfst du wirklich so zu dem Stein reden?«
»Man muß streng sein. Er ist manchmal wie ein Hund oder ein Pferd – oder gar wie eine Frau.«
»Ich werde mir Eure Worte merken, König Belgarion«, drohte Cyradis.
Er grinste sie an. »Ich habe es nicht anders erwartet, heilige Seherin«, entgegnete er freundlich.
»Ein Punkt für dich«, sagte Zakath.
»Na also!« Garion lachte. »Ich werde noch einen Alorner aus dir machen.«
11
as Schiff segelte weiter gegen den Wind, und als sie sich etwa Ddrei Seemeilen vom Hafen entfernt hatten, schwebte der Albatros auf fast bewegungslos ausgebreiteten Schwingen herbei. Er stieß einen einzelnen Schrei aus, und Polgara nickte als Erwiderung, dann flog er dicht vor dem Bugspriet dahin, als lotse er das Schiff.
»Ist das nicht merkwürdig?« staunte Sammet. »Er ist fast wie der, den wir unterwegs nach Verkat gesehen haben.«
»Nicht fast«, entgegnete Polgara. »Es ist derselbe.«
»Das ist doch unmöglich, Lady Polgara! Das war eine halbe Welt entfernt!«
»Für einen Vogel mit solchen Schwingen sind Entfernungen bedeutungslos.«
»Was macht er hier?«
»Auch er hat eine Aufgabe.«
»Oh? Was für eine?«
»Er hat es mir nicht gesagt, und ich wollte nicht so unhöflich sein, ihn zu fragen.«
Zakath war inzwischen auf dem Deck hin und her gestapft, um mit seinem Panzer zurechtzukommen. »Sie sehen immer so prächtig aus«, sagte er, »aber sie sind schrecklich unbequem, findest du nicht?«
»Aber nicht halb so unbequem, wie es ohne sie wäre, wenn man sie wirklich braucht«, entgegnete Garion.
»Gewöhnt man sich mit der Zeit daran?«
»Nein, nie.«
Trotz der beachtlichen Entfernung zur Insel Perivor brachte sie das seltsame Schiff mit seiner stummen Besatzung bereits am nächsten Mittag zu einer bewaldeten Küste.
»Um ganz ehrlich zu sein«, sagte Silk zu Garion, während sie die Pferde ausluden, »ich bin froh, an Land zu kommen. Ein Schiff, das gegen den Wind segelt und dessen Mannschaft nicht flucht, macht mich nervös.«
»Eine Menge an der ganzen Sache macht
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