SehnSucht - Erotischer Roman: Erotischer Roman (German Edition)
Leander anrufen, denn einen Rewind-Button, mit dem sie den Morgen zurückspulen und das misslungene Material löschen konnte, gab es nicht.
Er hatte ihr gesagt, dass er ihr nicht glaubte, also wartete er vielleicht sogar darauf, dass sie sich meldete. Was sie sofort tun musste!
Erneut griff Muriel nach dem Handy, wählte seine Nummer, hielt das Gerät an ihr Ohr und hoffte, der Klingelton würde lauter sein als ihr wummerndes Herz. Statt des Klingelns hörte sie jedoch die automatisierte Ansage, dass der Angerufene nicht erreichbar sei.
Muriel fluchte und wählte nochmals – mit dem gleichen Ergebnis.
Sie ließ das Handy über den Schreibtisch schlittern, stand auf und tigerte durch die Wohnung. Auf der Suche nach Ablenkung warnte sie sich vor einer Analyse. Wenn sie damit begann, würde sie ganz sicher wahnsinnig werden, stellte sie für sich klar ... und analysierte die Tatsache, dass Leander nicht erreichbar war. Entweder befand er sich in einem Funkloch, was in Chicago unwahrscheinlich war, oder sein iPhone versagte ihm einmal mehr den Dienst, was Muriel sich ebenso wenig vorstellen konnte, denn er hatte das Problem nach ihrer Rückkehr aus New Orleans behoben. Dann gab es noch die sowohl schrecklichste als auch wahrscheinlichste aller Möglichkeiten: Er hatte das Gerät ausgeschaltet. Leander war immer über Handy zu erreichen, wahrscheinlich sogar nachts, und bekanntermaßen bekam er Wutanfälle, sollte ihm das Handy selbst einen Strich durch die Rechnung machen.
Nun, da es ihr verwehrt war, mit Leander zu sprechen, wollte Muriel es natürlich umso dringender – wie es sich nicht selten mit Wünschen verhielt, die sich erst dann manifestierten, wenn sie nicht realisierbar schienen. Eine zunehmende Hilflosigkeit verspürend, spielte sie sogar mit dem Gedanken, zu Leander nach South Loop zu fahren, doch verwarf die Idee, da die Wahrscheinlichkeit, dass er das Telefon ausgeschaltet hatte, mit einem ziemlich klaren Statement verbunden war. Und was sein Haustelefon betraf, diese Nummer hielt er so geheim wie jedes andere Detail seines Privatlebens.
So war es doch ... niemand wusste irgendetwas über den Menschen Leander Sands.
Außer ihr. Die Einsicht, wie weit er sie in diese gehütete Privatsphäre gelassen hatte und wie sie auf sein Vertrauen reagiert hatte, verursachte Muriel Übelkeit. Es war nicht so, als habe er sie hineingezerrt, vielmehr hatte sie angeklopft, er hatte die Tür geöffnet, sie war eingetreten, hatte sich umgeschaut – und schließlich die Flucht ergriffen. Als habe sie etwas ganz Furchtbares entdeckt. Dabei war nichts, was sie bei ihm gesehen hatte, furchtbar. Im Gegenteil.
Ihr Verhalten war nicht nur feige gewesen, gestand Muriel sich weiter ein, sondern auch egoistisch und eine auf Misstrauen basierende Beleidigung. Wie sie selbst hatte Leander guten Grund, vor einer Bindung zu scheuen. Was hingegen Misstrauen betraf, bestand für ihn sehr viel mehr Anlass als für sie.
Da sie von Minute zu Minute nervöser wurde, beschloss sie, sofort aus der Wohnung zu verschwinden – ohne Telefon, denn sie wollte ebenso wenig erreichbar sein wie Leander.
***
Finley Harrison öffnete die Tür, schaute verwundert über den Rand seiner eckigen Brille und lachte dann.
»Hey Darling!«, rief er. »Das ist aber eine Überraschung.«
»Hey Dad!« Muriel ließ sich von ihm in eine Umarmung ziehen und bettete die Stirn an seine Schulter. »Ich dachte, ich schau mal vorbei«, nuschelte sie in den weichen Stoff seines Sweatshirts.
Finley schloss sie fest in die Arme und strich durch ihr Haar. Nach einer Weile hauchte er einen Kuss auf ihre Stirn und rückte ein Stück von ihr ab, um sie anschauen zu können.
Muriel las seine Gedanken, wusste, dass er zur Kenntnis nahm, wie müde sie aussah und überlegte, ob die Ursache noch immer dieselbe war, doch statt die Frage zu äußern, gab er ihr mit einer Kopfbewegung zu verstehen, endlich ins Haus zu kommen.
Im Inneren roch es wie eh und je nach Holz und Gewürzen, was Muriel das Gefühl vermittelte, doch irgendwie zu Hause zu sein. Gleichermaßen anheimelnd war das vorherrschende Chaos. So lange es bei Finley unordentlich war, ging es ihm gut. Sollte er eines Tages beginnen aufzuräumen, würde sie sich Sorgen machen.
Muriel ging in den Wintergarten, wo sie sich beide am liebsten aufhielten. Indes kochte ihr Vater Kaffee und brachte ihn bald an den Tisch.
»Meine Güte«, grunzte er und fuhr sich mit der Hand durch das wirr vom Kopf abstehende und
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