SehnSucht - Erotischer Roman: Erotischer Roman (German Edition)
kurz vor acht und Emma die letzte Kollegin, die sich ins Wochenende verabschiedete. Mit Ausnahme von ihr selbst. Ihr eigener Feierabend war noch nicht in Sicht.
Emma schlenderte zu ihr und setzte sich auf Paulas Platz.
»Wie lange willst du noch machen?«, erkundigte sie sich und begann im Stuhl zu schaukeln.
»Bis ich fertig bin natürlich. Heute ist Deadline.«
»Wann, denkst du, bist du fertig?«
Muriels Antwort war ein Schnauben.
»Kann ich dir irgendwie helfen?«
Muriel schüttelte den Kopf.
»Okay ...« Emma stand auf und hängte sich ihre Tasche um. »Bleibt es bei nachher? Um zehn Uhr bei mir zum warm-up-Martini?«
Im Bemühen, ihren letzten Gedanken zu halten, kniff Muriel die Augen zu und wünschte, Emma würde sie endlich allein lassen. »Möglich, dass ich mich etwas verspäte«, grummelte sie und klimperte einen Satz in das Dokument.
»Also dann, bis irgendwann nachher.«
»Jupp ... «
Als es endlich still war, grübelte Muriel über Leanders Worte nach: Was war so falsch daran, Schluss zu machen, wenn es am schönsten war? Und wie fand man heraus, wann es am schönsten war? Vielleicht war es am schönsten, wenn man sein Herz verlor – was sich mit der Headline des Absatzes stritt. Aber vielleicht war es das wirklich.
Allmählich verabscheute Muriel diese ganze letzte Passage. Zwar war sie Expertin, wenn es darum ging, sich nicht zu verlieben. Nicht aber in Sachen Seitensprünge, denn für sie gab es nun einmal niemanden, den es zu betrügen galt.
Am Ende verstand Muriel, dass es der Titel war, der ihr Denken blockierte und sie änderte ihn ab in Aufhören, wenn es sich am besten anfühlt. Nicht nur trat sie damit keine Phrase mehr breit, sie vermied zudem das heikle Thema Liebe – das grundsätzlich an anderer Stelle und von einer anderen Person diskutiert werden sollte.
Eine Stunde später tippte sie den letzten Satz, speicherte das Dokument und blickte auf. Mit Ausnahme zweier Lichtquellen war das Büro in Dunkelheit getaucht. Neben ihrem Arbeitsplatz war der Glaskasten erleuchtet. Leander saß hinter seinem Schreibtisch und schrieb ebenfalls. Mitunter hielt er inne, dachte nach und klimperte dann weiter auf der Tastatur.
Geistesabwendend, und mit den Gedanken eigentlich noch beim Artikel, musterte Muriel ihn. Heute trug er Jeans und ein schwarzes Hemd. Sein Haar war völlig zerzaust, so oft war er in den vergangenen ... Muriel blickte zur Uhr, es war nach neun ... elf Stunden mit den Händen hindurchgefahren. Wahrscheinlich war ihm nicht bewusst, wie oft er das tat. Es war eine Macke, wie sicher jeder eine hatte – oftmals ohne es zu wissen. Während andere mit den Fingerknöcheln knackten oder Selbstgespräche führten, raufte Leander sich eben die Haare.
Bald stand er vom Schreibtisch auf, zog eine graue Jacke über und schaltete die Schreibtischlampe aus. Muriel verscheuchte ihre Gedanken und lud endlich das Postfach auf den Bildschirm. Sie schrieb Leander eine Notiz, packte den korrigierten Artikel in den Anhang und freute sich im Stillen über ihr Timing. Schließlich hielt sie die Deadline ein und konnte zugleich sicher sein, dass Leander die Mail erst zu Hause oder am nächsten Morgen lesen würde.
»Wie lange bleibst du noch?«, fragte er, als er an ihrem Schreibtisch vorüberkam.
»Nicht mehr lange. Zehn Minuten oder so.«
Er nickte, murmelte: »Bis Montag!« und verschwand. Muriel lauschte, wie sich seine gedämpften Schritte auf dem Velours entfernten, wie ihr Stakkato beim Empfang lauter wurde und wartete auf den Gong des Fahrstuhls. Als er ertönte, fuhr auch sie den Computer herunter.
Leander verabschiedete sich grundsätzlich bis zum nächsten Tag oder zum Montag. Nie wünschte er einen angenehmen Feierabend oder ein schönes Wochenende. Wahrscheinlich, so vermutete Muriel mit einem abschätzenden Grinsen, weil er nicht wusste, was das war.
***
Das Nightlight war ein Club nördlich des Loops, den Emma und Janis vor einigen Wochen entdeckt hatten. Die zwei waren schon viele Jahre befreundet und hatten die Tradition der nächtlichen Freitagstouren durch die Diskotheken gegründet, bevor Muriel nach Chicago gezogen war.
Beide waren auf sehr individuelle Weise schräg. Emma war die Femme Fatal mit der knallroten Hochsteckfrisur und Kurven, die nicht nur Biker gern einmal abfahren wollten. Janis war die Frau mit dem durchtrainierten Körper, der Sucht nach Tätowierungen und dem Beauty-Face, in das ihre Verehrer nicht selten schockiert starrten, wenn sie erfuhren,
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