Sehnsucht erwacht auf Mallorca
bekräftigte sie reumütig. „Und ich werde versuchen, nicht wieder so heuchlerisch zu sein“, fügte sie hinzu.
Er musterte sie mit halb geschlossenen Augen. Er wusste genau, was sie mit der letzten Bemerkung meinte. Sie wollte sicherstellen, dass er nicht noch einmal die Gelegenheit bekam, mit ihr zu schlafen.
Er wusste, dass das vernünftig war. Es war das einzig Richtige. Doch Vernunft war nicht gerade das Gefühl, das diese junge Frau bei ihm hervorrief. Gestern Abend hatte er sie so sehr gewollt. Und als er sie vor wenigen Minuten berührt hatte, erbebte sie unter seinen Händen. Er konnte nicht dafür garantieren, dass so etwas nicht noch einmal vorkam.
„Du willst es ‚versuchen‘?“
Ihre Lippen wurden schmal. „Ja.“
Er nickte. „Dann will ich es auch versuchen“, murmelte er heiser. „Aber ich weiß nicht, ob das hier das richtige Zimmer ist, um so eine Behauptung aufzustellen.“ Er sah sich demonstrativ um.
Plötzlich stellte er sich vor, wie sie nackt mit ihm auf diesem Himmelbett lag. Ihre Arme und Beine waren ineinander verschlungen, ihre feuerroten Haare ergossen sich wie ein Wasserfall über seine Brust. Dieses Bild war vermutlich auch nicht sehr hilfreich, wenn er vorhatte, sich zurückzuhalten.
„Ich werde mich eine Weile zu Michael setzen.“ Abrupt wandte sie sich von ihm ab.
„Brynne …?“ Sanft ergriff er ihren Arm. Sie schaute ihn an, und er betrachtete ihr wunderschönes, blasses Gesicht. An ihren Augen erkannte er, wie sehr sie ihre Gefühle zurückhielt.
Er verspürte ein überwältigendes Verlangen, sie erneut zu küssen, sie zu berühren und zu liebkosen.
Stattdessen sagte er kurz angebunden: „Ich werde heute Abend nicht zum Essen hier sein, aber ich werde noch mal nach Michael schauen, bevor ich gehe.“
Brynne brauchte nicht zweimal zu überlegen, um zu erraten, mit wem er dinieren würde. Doch konnte sie es Antonia Roig übel nehmen, wenn sie alles daran setzte, um diesen Mann für sich zu gewinnen?
Alejandro hatte recht, sie in diesem Punkt zu tadeln. Ihre eigene Reaktion auf ihn hatte ihren Vorwürfen jede Glaubwürdigkeit geraubt. In der letzten Nacht war ihr Verlangen nach diesem Mann übermächtig gewesen. Sie konnte nicht leugnen, dass er sie mit seinen Händen und Lippen verzaubert hatte, bis sie alles andere vergaß.
Er legte seine Hand auf ihren Arm, und schon begann der Zauber von Neuem.
„Ich bin sicher, dass Michael sich darüber freuen wird“, stieß sie hervor.
„Und du?“, flüsterte er. „Worüber würdest du dich freuen?“
Wenn er nicht zu Antonia Roig führe! Sondern den Abend hier mit ihr verbrächte. Wenn sie sich unterhielten und zu sammen lachten. Bevor sie einander langsam und behut sam liebten.
Das war verrückt.
Sie hob das Kinn, fest entschlossen, diese Gefühle zu verdrängen und zu bekämpfen.
„Sobald Michael aufwacht, würde ich gerne ein Bad nehmen, bevor wir zu Abend essen“, erklärte sie leichthin.
Der Gedanke an eine nackte Brynne, die mit ihren langen Beinen und hochgesteckten Haaren in der Badewanne lag, war beinahe zu viel für ihn.
Doch statt sie in die Arme zu nehmen, ließ er ihren Arm los. Mit unbeteiligtem Gesichtsausdruck sagte er: „Du kannst auch gerne jetzt schon baden.“ Verzweifelt versuchte er, das Bild aus dem Kopf zu bekommen. „Ich setze mich zu Michael, bis du wiederkommst.“
Fragend schaute sie ihn an. „Du hast dich also doch entschlossen, ihn Michael zu nennen?“
„Zumindest im Moment. Vielleicht wollte ich zu schnell zu viel und wünschte mir, dass er möglichst rasch zu einem Spanier wird.“
Brynne lächelte ihn an. „Das ist sehr verständnisvoll von dir.“
„Verständnisvoll?“, wiederholte er spöttisch. „Ich dachte, du würdest mir solche Gefühle nicht zutrauen.“
Sie traute ihm mehr Gefühle zu, als sie zugeben wollte.
Vor allem glaubte sie, dass er absolut zuverlässig war, sobald es um seinen Sohn ging.
Sechs Jahre lang hatte er nichts von Michaels Existenz gewusst. Als er das Zeitungsfoto sah und den Verdacht hatte, dass es sich bei dem Kind um seinen Sohn handeln könnte, zwang ihn nichts dazu, Nachforschungen anzustellen. Er hätte auch einfach darüber hinweggehen können. Doch stattdessen beantragte er das Sorgerecht und kämpfte vor Gericht um Michael. Und bei all dem bewahrte er sich seinen Respekt und seine Zuneigung für die Mutter seines Sohnes.
Alejandro Santiago, stellte Brynne für sich fest, ist in der Tat ein Gentleman.
Ihr Lächeln
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