Sehnsucht FC Bayern
ich mit der Saison insgesamt zufrieden sein. Zwar war leider kein wirklich exotischer Gegner dabei, doch mit Braga in Portugal und seinem architektonisch spektakulären Stadion, das an eine Felswand gebaut wurde und kolossartige Haupttribünen aus Stahlbeton aufweist, fing die Reiserei schon mal ganz gut an, während mich der Flug nach Aberdeen zum wiederholten Mal zum Airport von Edinburgh verschlug. Auch mit dem FC Getafe, einer Nachbarstadt von Madrid, betrat ich kein Neuland. Als weiterer Europacup-Appetitanreger hatte die spanische Hauptstadt für Stefanie einiges zu bieten, zumal das extrem glückliche 3:3 unter sportlichen Gesichtspunkten als denkwürdiges Spiel in die Annalen einging.
Als bei der Auslosung zur UEFA-Cup-Gruppenphase Aris Saloniki gezogen wurde, ballte ich die Faust. Mein lautes »Ja, endlich!« ließ meine neue Partnerin augenblicklich zusammenzucken und weckte in ihr kurzzeitig Zweifel am neuen Lebensgefährten. Egal – endlich, endlich der lang ersehnte »Länderpunkt Griechenland«, auf den ich so lange gewartet hatte. In 45 Jahren Europapokal-Geschichte des FCB hatten wir es erst zweimal mit Gegnern aus Griechenland zu tun. Das letzte Spiel lag bereits auch schon 24 Jahre zurück und wurde durch das denkwürdige Elfmeterschießen gegen PAOK Saloniki mit Jean-Marie Pfaff als Torschützen entschieden.
Der weitere Verlauf der Geschehnisse 2007 ist bekannt: Aris Saloniki wurde uns nur als Heimspiel zugelost. Ich biss in mein Kissen. Die entgangene Reise kompensierte ich mit einer Reportage für das Bayern-Magazin während eben jenes Heimspiels gegen die Griechen. Denn anlässlich dieses Spiels traf sich die DFB-Pokalsiegermannschaft von 1957, um 50 Jahre nach dem Erfolg von Augsburg ihr Jubiläum zu feiern. Die stilvolle Zusammenkunft fand in der Bayern-Loge der Allianz-Arena statt, zu der ich an diesem Tag als Schreiberling ausnahmsweise und erst dann Zutritt erhielt, nachdem ich mich auf dem langen Weg bis zur Ebene sechs der Arena mehrfach legitimiert hatte. Unglaublich, wie oft man hier oben, im VIP-Bereich, nach seiner Daseinsberechtigung gefragt wurde. Bei Live-Stubenmusik und einem leckeren Buffet wärmten die alten Herren ihre nicht mehr ganz so frischen Erinnerungen an die damalige Begegnung wieder auf.
Für mich bedeutete das Spiel gegen Saloniki dennoch ein Novum, denn erstmalig verfolgte ich ein Heimspiel von einer Loge aus. Immer muss ich das nicht haben, aber als einmalige Aktion fand ich es inmitten des erlauchten Kreises wirklich angenehm. Bis zum nächsten Tag sollte der Bericht für die Vereins-Homepage und später auch für das Bayern-Magazin fertig sein. Das bedeutete Nachtschicht für mich. Gegen 0.45 Uhr verließ ich die Allianz-Arena gut genährt und so spät wie nie zuvor. Um drei Uhr war der Bericht fertig. Und am nächsten Tag? Urlaub!
Die Ambitionen zum Gewinn des UEFA-Cups fanden in St. Petersburg ihr unerwartet deutliches Ende. Mein Flug dorthin war erst dank tatkräftiger Mithilfe einer Kollegin zustande gekommen. Ich hockte in einer unabwendbaren Tagung meines Arbeitsgebers weit von München entfernt und schickte die Kollegin zum Generalkonsulat der Russischen Förderation. Dort lag mein Visum, das ich urlaubsbedingt erst spät beantragen konnte und das nun, am letzten Tag vor dem Abflug, abzuholen war. Die Tickets für den Flug über Zürich und das Hotel vor Ort hatte ich bereits gebucht. Um 13 Uhr dann die erlösende Nachricht per SMS: »Habe dein Visum!« Das war wieder einmal nichts für schwache Nerven.
Das herrlich rustikale Stadion auf einer Insel (!) mitten im Stadtgebiet war der archaische Gegenentwurf des alten Ostblocks zur glit zernden Fassade der Champions League. Herrlich! Dass die Partie mit 4:0 an den ehemaligen Klassenfeind ging, war mir in dieser Deutlichkeit allemal lieber als ein knappes Ausscheiden. Der sportliche Misserfolg muss im Zusammenhang einer solchen Reise immer mit einkalkuliert werden. Im Gegensatz zu vergleichbaren Trips bei Konzerten oder Ausstellungen ist eine hohe Qualität beim Fußballspiel keineswegs im Fahrpreis enthalten. Im Gegenteil, das Erlebte ist manchmal sogar mit einer ganz bitteren, lang anhaltenden Enttäuschung verbunden. Mit Wodka bot sich immerhin ausreichend Gelegenheit zur landestypischen Frustbewältigung. Leicht angeheitert begab ich mich zurück in meinen Zwei-Sterne-Betonbunker.
Ich mag das Erleben extremer Kontraste. Bayern-Loge in der Allianz-Arena schön und gut. Wie rasch so etwas ins
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