Sehnsucht nach dem Maerchenprinzen
auf andere wirkte.
âIch habe für Samstag einige Gäste eingeladenâ, sagte er, nachdem er den Espresso probiert hatte. âSie kommen am Nachmittag und bleiben bis Sonntag. Im Ganzen sind wir zehn Personen ⦠mit dir natürlich.â
Charlotte lieà sich ihre Ãberraschung nicht anmerken. âWarum soll ich denn dabei sein?â, fragte sie.
âAch, kommâ, spottete er. âDu hast mir einmal sehr viel bedeutet und nimmst nur deine alte Stellung ein.â
âIch bin überwältigt, Rohan, aber das ist Erpressung.â
âVielleicht erinnerst du dich, dass es einen Grund dafür gibt.â Das klang hart und kompromisslos. âProbier mal den Kuchen. Er ist vorzüglich.â
âWas erwartest du von mir an dem Tag?â, fragte Charlotte nach einer Pause.
âNichts, was dich belasten könnte. Meine Haushälterin hat frei, und Miss Rodgers überwacht den Service des Caterers. Du solltest nur hübsch aussehen und pünktlich zum Essen erscheinen.â
âMehr nicht?â Charlotte hätte ihm gern zu verstehen gegeben, dass sie seine Mitarbeiterin nicht übermäÃig schätzte. Nicht auszudenken, dass sie in Riverbend die Hausherrin spielte! Charlotte würde es nur schwer ertragen, sie auf dem Platz ihrer Mutter sitzen zu sehen.
âNein ⦠abgesehen von einer kleinen musikalischen Darbietung nach dem Dinner.â
âDa muss ich leider passen, Rohan. Ich bin völlig aus der Ãbung.â Das war gelogen, denn sie spielte regelmäÃig auf ihrem Flügel. Sie war eine begabte Pianistin, genau wie ihre Mutter. Auch Christopher bekam seit seinem fünften Lebensjahr Unterricht. âAbgesehen davon, müsste ein Instrument da sein.â
âDer neue Steinway ist bereits geliefert worden. Solltest du wirklich aus der Ãbung sein, was ich bezweifle, würden dir ein oder zwei Stunden sicherlich genügen, um dich einzuspielen.â
Charlotte dachte an die Gartenparty, bei der sie ohnmächtig geworden war. Sie erinnerte sich schwach, einen Flügel gesehen zu haben.
âNur zwei, drei leichtere Stückeâ, meinte Rohan groÃzügig. âIch möchte mit dir angeben. Jeder soll merken, dass wir wieder gute Freunde sind.â
Gute Freunde? Das Ganze behagte Charlotte nicht. âÃbertreibst du nicht ein bisschen?â
âDurchaus nicht. Meine Freunde wissen, dass ich in Silver Valley aufgewachsen bin. Jetzt sollen sie auch erfahren, dass ich Riverbend von deinem Vater gekauft habe.â
âDas hast du ihnen noch nicht gesagt?â
Rohan schüttelte den Kopf. âNur Diane ist eingeweiht.â
âDiane ⦠natürlich. Sie scheint dir ja unentbehrlich zu sein. Darf man erfahren, ob sie an dem Essen teilnimmt?â
âDu kennst die Regeln, Charlotte.â Rohan schien sein kleines Spiel zu genieÃen. âDie Tischordnung muss stimmen.â
âDann hast du einen Tischherrn für mich?â
âIch habe jemanden für Diane. Du sitzt neben mir. Ich habe seit Jahren auf eine solche Gelegenheit gewartet, ohne allerdings zu ahnen, was du inzwischen angestellt hast.â
Charlotte überhörte die Spitze. âKleine oder groÃe Garderobe?â
âNatürlich groÃe ⦠was denn sonst? Deine Eltern gaben doch nur hochkarätige Dinnerpartys. Meine Mutter â für euch die Küchenhilfe â erzählte mir jedes Mal, wie festlich die Gäste gekleidet waren, wie vornehm Mrs Marsdon aussah und welchen erlesenen Schmuck sie trug. Mum war der Herrin von Riverbend sehr zugetan ⦠damals.â
Charlotte benutzte die Gelegenheit, das Thema zu wechseln. âWie geht es ihr?â, erkundigte sie sich. âIch wollte längst danach fragen.â
âWarum hast du es dann nicht getan?â
âWeil ich gemerkt habe, dass bei dir äuÃerste Vorsicht geboten ist. Du hast dich verändert, Rohan.â
âLeider, jaâ, bestätigte er lächelnd. âWoran mag das wohl liegen?â
âSagen wir, am Schicksal.â Charlotte trank einen Schluck Cappuccino, ehe er ganz kalt wurde.
âIch muss heute Nachmittag nach Sydney zurückâ, fuhr Rohan unbekümmert fort. âWegen verschiedener geschäftlicher Termine. Freitagabend bin ich wieder da.â
âDarf ich fragen, wo der Schwerpunkt deiner Geschäfte liegt?â
âWarum nicht?â Er beugte sich vor.
Weitere Kostenlose Bücher