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Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Capp
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wurde. Vielleicht ist es derselbe Mörder, der die Tür verriegelt hat, und kommt nun gleich zurück, um ihr den Rest zu geben. Sie weiß, das sind verrückte Ideen, doch nun hat die Lampe zu zischen begonnen, und der Gedanke, hier unten in der Dunkelheit gefangen zu sein, ist ihr unerträglich.
    Sie muss zusehen, noch etwas Kerosin zu finden, ehe die Lampe ausgeht. In der Eile, rasch nach unten zu kommen, verliert sie den Halt. Die Leiter schwankt nach hinten und wäre fast umgekippt. Mit einem Schrei wirft Jemma ihr ganzes Gewicht nach vorne. Die Leiter wankt und könnte jede Richtung einschlagen, aber sie neigt sich zu ihren Gunsten und findet Halt an der Falltür. Keuchend legt sie ihren Kopf auf das Holzgeländer, zwei Herzen schlagen wild in ihrer Brust.
    Jetzt ist es zwar dunkel, doch sie ist ruhiger. Nachdem sie sich wieder gefangen hat, klettert sie langsam die Leiter hinab und testet dabei jede Sprosse mit übertriebener Sorge, bis sie den harten Boden unter sich spürt. Mit einem Seufzer der Erleichterung streckt sie sich auf dem feuchten Erdboden aus und schließt die Augen. Sie träumt, wieder sie selbst zu sein und auf ihrer Stute durch die dunklen Schluchten des Waldes von Wombat Hill und hinaus auf die dahinter im grellen Sonnenlicht liegenden Basaltebenen zu reiten.
    Das Knarren der Falltür weckt sie. Licht durchflutet den Keller. Gotardo beugt sich über sie und ruft sanft ihren Namen.
    Warum, fragt sie ihn später, habe er die Kellertür verriegelt, obwohl er doch wusste, dass sie dort unten war?
    Er sagt ihr, die Falltür sei offen gewesen, als er das Haus verließ.

17
    »Du bist also entschlossen hinzugehen?«, fragt Gotardo erschöpft.
    Sie scheint bar jeglichen Gefühls dafür zu sein, wie die Welt sie wahrnimmt. Der Anblick einer hochschwangeren Frau, die einem derart schrecklichen Prozess beiwohnt. Die Leute werden reden. Jemma hat fast gierig die Ermittlungen verfolgt und den Advocate eifrig nach neuen Berichten durchforstet. Seit die gerichtliche Untersuchung bevorsteht, ist es das Tagesgespräch der Stadt. Zweifellos wird die halbe Stadtbevölkerung gemeinsam mit seiner Frau ins Gericht strömen.
    »Es kann doch nicht gut für dich sein, dir die Einzelheiten dieses Verbrechens anzuhören?«
    »Wenn es mich zu sehr erschüttern sollte, verspreche ich dir zu gehen.«
    Gotardo schweigt dazu. Er wäre unfähig, seinen Willen durchzusetzen, selbst wenn er es wollte. Seit sie schwanger geworden ist, scheinen sie keine Einigkeit mehr erzielen zu können. Trotz all seiner Vorbehalte gegen die Kirche möchte er doch, dass das Kind im Glauben aufwächst. Jemma weiß, was das für ihn bedeutet und dass alle in der Gemeinschaft erwarten, bei der Taufe dabei zu sein, und es unvorstellbar wäre, dies nicht zu tun. Im Moment jedoch verweigert sie ihre Zustimmung. Sie sagt, sie habe sich noch nicht entschieden. In seiner Natur liegt es nicht, sich zu streiten, aber sie scheint den Kampf zu wollen, als wäre sie wütend auf ihn. Als bedauere sie ihre bevorstehende Niederkunft und mache ihn dafür verantwortlich. Was ihn verwirrt, denn sie hat sich seiner Berührung nie verweigert. Tatsächlich hatte sie diese sogar mit einem Eifer begrüßt, der sie beide erregte. Sie las ihm jeden Abend eine Geschichte von Ovid vor, nachdem sie entdeckt hatte, dass es kein besseres Vorspiel gab.
    Gotardo sagt sich, dass sie wohl nicht anders handeln kann, dass ihr Zustand besondere Vorlieben und Stimmungen mit sich bringt. Vielleicht hat sie zu viel Zeit im Keller verbracht und muss einfach mal unter Leute. Wenn das Kind da ist, wird sie schon zur Vernunft kommen, und alles wird gut werden.
    »Geh, wenn du musst«, sagt er.
    Jemma bindet die Bänder ihrer Haube unter ihrem Kinn zusammen und lässt ihre Hand auf ihrem angeschwollenen Bauch ruhen. Sie blickt in Gotardos niedergedrücktes Gesicht. Normalerweise hätte sie für die Lüsternheit der Leute, die einem solchen Spektakel beiwohnen, nur Verachtung übrig, und deshalb wundert sie Gotardos Verwirrung nicht. Sie möchte ihn nicht verärgern. Sie weiß, wie schwierig sie ist, ja sogar wie pervers. Doch da sie es selbst kaum versteht, vermag sie ihm nicht verständlich zu machen, warum sie gehen muss. Anlass ist nicht nur das, was im Keller passiert ist, ihre Identifikation mit der fraglichen Frau. Sie kann es nur mit einer Art Getriebenheit erklären, die auch mit der Erkenntnis zu tun hat, dass das blutige Schauspiel der Geburt nicht viel von dem des Todes

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