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Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Capp
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Indischen Ozean im Norden eine große Wüste lag, die Heimat – wie es hieß – von Riesenameisen, die winzige Sandberge aufhäuften, in denen man Gold finden könne. In früheren Zeiten pflegten die Inder auf ihren Kamelen dort hineinzureiten und die Goldberge zu plündern, solange die Ameisen vor der Hitze des Tages unter der Erde Schutz suchten. Waren die Inder allerdings zu langsam beim Füllen ihrer Säcke, gingen die Ameisen auf sie los und fraßen sie alle auf.
    »Sie sind ein begnadeter Geschichtenerzähler, Mr. Byrne. Aber glauben Sie wirklich, derartige Geschichten hätten sie abzuhalten vermocht?«
    »Vermutlich nicht. Die Macht des Goldes über die Seelen der Menschen gehört zu den Dingen, die mir unergründlich sind. Ich mag viele Schwächen haben, das Gold gehört nicht dazu.«
    Daran zweifelt Jemma nicht. Er ist viel zu überlegt und unabhängig, als sich auf den Zufall oder das Glück zu verlassen. Und zu eigensinnig, um sich dem Mob anzuschließen. Und so überrascht es sie nicht, dass er sich lieber auf die Suche nach Wasser in der Wüste machen würde, als das Gold in der Mine unter seinen Füßen herauszuholen.
    »Ich hatte geglaubt, immun gegen dieses Fieber zu sein«, gesteht Jemma. Aber der Verlust von Gotardos Herde hat sie noch einmal daran erinnert, dass es im Leben keine Sicherheit gibt, auch wenn es den Anschein hat. Als ihr Vater starb, hatte sie auf schmerzhafte Weise die Erfahrung gemacht, wie rasch einem alles, was man für gegeben ansah, wieder genommen werden konnte. Jetzt begriff auch sie, warum Menschen davon träumten, auf Gold zu stoßen. Träume waren frei und standen jedermann offen. Wer man war, zählte dabei nicht. Je mehr Geldsorgen sie hatte, umso öfter gab sie sich der Fantasie hin, plötzlich Glück zu haben. Selbst wenn sie im Rosengarten das Unkraut jätete, ertappte sie sich dabei, Felsbrocken umzudrehen und den Schmutz abzuwischen, oder bildete sich ein, zwischen den Karotten und Kartoffeln im Gemüsebeet Goldsprenkel zu entdecken.
    Nathaniel entfernt sich von seinem Platz am Felsen und nähert sich ihr. »Wir kennen uns selbst nicht so gut, wie wir glauben.«
    Jemma blickt von ihrer Leinwand auf, und ihre Blicke treffen aufeinander.
    »Ich muss Ihnen etwas gestehen, Mrs. Voletta. Meine Mutter hat mich gar nicht um dieses Porträt gebeten. Ich habe diesen Plan ausgeheckt, weil ich Ihre Gesellschaft suchte, und hielt mich für klug dabei. Doch jetzt bin ich über meine eigene Klugheit gestolpert. Meine Gefühle sind mächtiger, als mir bewusst war.«
    Sie holt tief Luft. Er hat sie in einen Hinterhalt gelockt. Darauf war sie nicht vorbereitet. Mit brüchiger Stimme, die Jemma selbst kaum als die ihre erkennt, sagt sie: »Eine Ihrer Schwächen, Mr. Byrne?«
    »Es stimmt, ich hielt mich für unverwundbar, was diese Art von Gefühl betrifft. Eine arrogante Einschätzung. Ich habe mich geirrt. Sehr geirrt.« Er hatte geglaubt, diesen Begegnungen gewachsen zu sein. War davon ausgegangen, dass es ihm gelänge, die Freude, mit ihr zusammen zu sein, genießen zu können und dabei den nötigen Abstand zu wahren. Aber er kann es nicht. Und das hat ihn waghalsig gemacht. Er befindet sich in den Fängen von etwas, das sich seiner Kontrolle entzieht.
    Nathaniel nimmt ihr die Kohle aus den Fingern. »Die üblichen Gesetze gelten für uns nicht, Jemma. Das wissen wir beide. Und das können wir nicht ignorieren.«
    Es ist das erste Mal, dass er es wagte, sie so intim anzusprechen. Jemma sieht ihn nicht an und nennt ihn auch nicht beim Namen, weil sie sich selbst nicht traut. Sie spürt, wie sie zu zittern beginnt, ob vor Wut oder Verlangen vermag sie nicht zu unterscheiden.
    »Ich hätte nicht mit Ihnen hierherkommen dürfen. Das ist Wahnsinn. Sie wissen, dass ich auf das Gerede der Leute nichts gebe, aber mein Mann und mein Kind sind mir wichtig. Ich darf meinen Gefühlen nicht nachgeben.«
    »Wenigstens sagen Sie mir, dass Sie genauso empfinden wie ich.«
    »Es wäre nur eine Qual für uns beide.«
    »Was soll ich damit anfangen? Dass sie mit mir gespielt haben und überhaupt nichts empfinden?«
    Jemma klammert sich an ihre Wut. Sie ist ihre einzige Waffe gegen den Sturm von Gefühlen, den er entfesselt hat. Wenn sie hart sein muss, dann muss es eben sein.
    »Wir haben miteinander gespielt, Mr. Byrne, und zahlen jetzt den Preis dafür. Lassen Sie uns zurückkehren und nicht mehr darüber sprechen.«
    »Werden Sie das Porträt fertigstellen?«
    »Es ist keine weitere Sitzung

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