Sehnsucht
nicht kann, dann erhält sie von Carrie Bradshaw Nachhilfeunterricht. Insofern kann man Sex and the City auch als einen Lehrfilm in elementarer Symbolik für die moderne Frau ab 30 bezeichnen. Männer sollen diese Symbolik der weiblichen Sehnsüchte nicht lesen können, sondern am besten nur ihr Opfer sein. Leider sind aber auch die Frauen selbst Opfer dieser weiblichen Symbolisierungen der Sehnsucht. Nach einer neueren britischen Untersuchung 81 tragen Frauen im Durchschnitt nur 34 Minuten ihre neuen High-Heels, bevor sie die Schuhe genervt wieder ausziehen. 40 % wollen dann gern in ein bequemes Zweitpaar wechseln und die Mehrheit von 50 % läuft sogar lieber barfuà weiter. Sehnsucht hat also auch eine Schmerzgrenze, das klingt doch beruhigend.
Und was sind die materiellen Symbole der männlichen Sehnsüchte? Alle neuesten Errungenschaften der Computertechnologie, der IT-Branche und vor allem der Autoindustrie. Während die Frau mit groÃem zeitlichen und finanziellen Aufwand die Mystifikation des eigenen Körpers zur Steigerung ihrer Begehrlichkeit betreibt, materialisiert sich das männliche Ego immer noch am ehesten im Auto. Spätestens seit den Zeiten von Ben Hur sind Wagenrennen mit realen Pferden oder Pferdestärken Symbole der Männlichkeit. Eines der modernen Symbole männlicher Sehnsucht ist der Porsche 911 GT 2 RS mit folgenden atemberaubenden Daten: 620 PS bei 6500 Umdrehungen pro Minute, einer Beschleunigung von 0â100 in sagenhaften 3,5 Sekunden und einer Höchstgeschwindigkeit von 330 km in der Stunde; einem Verbrauch von lediglich 11,9 Liter auf 100 km und einer CO2 Emission von 284 Gramm pro km. Der Preis wendet sich natürlich nur an Kenner, Liebhaber und Sehnsüchtige: 237578 Euro, natürlich inklusive Mehrwertsteuer. Hat man(n) noch Fragen? Dagegen sind High-Heels doch lächerliche Dinger, oder? Natürlich gibt es einen Porsche auch schon für den halben Preis, den Unterschied erkennen wahre Liebhaber aber auf den ersten Blick.
Die weiblichen und männlichen Statussymbole wie High-Heels und Porsche symbolisieren die Sehnsucht, bedeutsam zu sein und begehrt zu werden, die Blicke auf sich zu lenken, und damit den potentiellen Partner zu verzaubern. So werden die eigenen Symbole der Bedeutsamkeit nicht nur Ausdruck der eigenen Sehnsüchte, sondern zugleich ein Mittel, mit dem Sehnsucht bei anderen ausgelöst werden soll. Sehnsucht soll ansteckend wirken. Dazu bedarf es eines Körperkontaktes für den Raum zwischen einem Blick und dem möglichen sexuellen Kontakt. Die legitime und zivilisierte Form dieser sinnlichen und körperlichen Kontaktaufnahme, bei der zugleich der Virus der Sehnsucht übertragen werden soll, sind die Musik und der gemeinsame Tanz. Dabei sprechen die Körper von den Sehnsüchten der Tanzenden und drücken in ihren Bewegungen das aus, was der Mensch gern sagen möchte oder sich aufgrund seiner Ãngste noch nicht zu sagen traut.
Tango ist der Tanz der Sehnsucht
Es gibt viele Gründe, warum unter allen Tänzen der Welt gerade der Tango der Tanz der Sehnsucht ist, denn in den unterschiedlichen Varianten des Tangos geht es immer wieder um die Sehnsucht des Mannes nach dem Weib und damit dem Ende seiner Einsamkeit, nach Liebe und Partnerschaft, nach Flucht aus Elend und Arbeitslosigkeit, nach sozialer Anerkennung und Zugehörigkeit und nicht zuletzt nach Erotik und Sexualität. Dem Mann alleine obliegt die Führung bei diesem Tanz. Und so ist der Tango auch ein stolzer Ausdruck männlichen Leidens und Begehrens, eine Hymne des Mannes auf die Frau, eine Huldigung des Weibes, eine Kapitulation vor ihrer Schönheit, seine getanzte und inszenierte Sehnsucht. Dabei ist der Tango keine rein männliche Selbstinszenierung oder ein getanzter Versuch, die Harmonie eines Paares in Bewegungen umzusetzen, sondern vor allem eine tänzerische Liebeserklärung des Mannes an die Frau, mal melancholisch, mal aggressiv. Auch und vor allem deswegen lieben die meisten Frauen den Tango.
Entstanden ist der Tango am Ende des 19. Jahrhunderts am Rio Plata, in der Gegend von Buenos Aires und Montevideo. Verschiedene Vorformen, wie die Habanera, gab es auf Kuba allerdings schon ein halbes Jahrhundert vorher. Millionen von Einwanderern aus Spanien und Italien, aber auch aus Afrika und Osteuropa suchten in dieser Zeitspanne ihr Glück in Argentinien und Uruguay und die meisten von ihnen
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