Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sehnsuchtsland

Sehnsuchtsland

Titel: Sehnsuchtsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
Vom Netzwerk:
und drehte sich zu ihm um. »Drei bis vier Tage.«
    Erik schüttelte entnervt den Kopf. »Da wollten wir schon im Skagerrak sein!«
    Jan hob leicht spöttisch die Brauen, enthielt sich aber einer Bemerkung.
    Hanna schaute zu ihm auf. »Können wir nicht einfach weiterfahren und den Motor dann irgendwo unterwegs austauschen? Ein bisschen funktioniert er doch noch.«
    Jan unterdrückte ein amüsiertes Grinsen. »Wenn Sie nur hier in den Schären segeln würden...« Er machte eine ausholende Geste. Überall Land, schien sie zu besagen, kein Problem.
    Jan streckte sich unmerklich, weil ihm plötzlich wieder der Rücken und die Schulter wehtaten. Bestimmt fügte er hinzu: »Bei dem, was Sie Vorhaben, würde ich das für fahrlässig halten.«
    Erik war offenbar überzeugt. Fahrlässigkeit war ein Begriff, mit dem er als Jurist etwas anfangen konnte.
    »Sie wollen ein ganzes Jahr unterwegs sein«, fuhr Jan fort. »Was sind da schon drei oder vier Tage.« Bezeichnend deutete er auf die grüne Küstenlinie. »Und außerdem ist es doch hier auch sehr schön.«
    Er zog sich in das kleine Kontor am Eingang zur Halle zurück, um die Bestellliste für die Ersatzteile aufzusetzen.
    Hanna warf Erik einen beschwörenden Blick zu. Die Aussicht, hier tagelang festzuhängen , hatte etwas Bedrohliches für sie.
    Erik ignorierte den flehenden Ausdruck in ihren Augen. »Herr Olsson hat Recht. Mir wäre wohler, wenn der Motor einwandfrei funktionieren würde.«
    »Erik, ich will endlich hier weg!«
    Erik bedachte sie mit einem nachsichtigen Lächeln. »Wir sind doch schon unterwegs.« Er legte ihr den Arm um die Schultern und ging mit ihr den Steg entlang. »Komm Schatz, wir machen uns hier ein paar nette Tage, und dann geht’s richtig los.«
    Vor der offenen Hallentür blieben sie stehen. Jan machte sich an einem Pult Notizen.
    »Gibt es hier ein Hotel, das Sie uns empfehlen können?«, fragte Erik.
    Hanna schaute überrascht zu ihm auf. »Wir können doch auf dem Schiff schlafen!«
    Erik streichelte kurz ihren Arm. »Wir werden noch so oft in der Kajüte schlafen, da will ich jede Nacht, die ich in einem richtigen Bett verbringen kann, unbedingt ausnutzen.«
    »Es gibt hier ganz in der Nähe ein hübsches kleines Hotel direkt am Wasser, das Hotel Solros «, meldete sich Jan zu Wort. »Wenn Sie wollen, bringe ich Sie hin.«
    »Das ist doch nicht nötig«, wehrte Erik höflich ab. »Wenn Sie uns sagen, wo es ist, finden wir es bestimmt.«
    Das hätte Jan um nichts in der Welt zugelassen. Immerhin hatte Lotta heute Geburtstag, und hier standen gleich zwei Gründe vor ihm, die ihm endlich den bisher fehlenden Vorwand lieferten, zu der Party zu erscheinen.
    »Übers Wasser geht’s schneller«, gab er sich großzügig. »Ich wollte sowieso heute noch dort vorbeischauen.«
    »Ich hole die Taschen«, sagte Erik.
    Jan nickte und ging hinüber zum Ende des Stegs, wo ein paar Motorboote vertäut lagen.
    Hanna blieb stehen, die Arme vor der Brust verschränkt. Es war wirklich kein Unglück, dass sie noch ein paar Tage hier warten mussten, bevor sie zu ihrem großen Törn aufbrachen. Im Grunde war es überhaupt kein Problem. Drei, vier Tage nur, und sie konnten weitersegeln. Davor hatte sie ja auch wochenlang auf den Aufbruch warten können, warum nicht noch diese kurze Zeit?
    Hanna starrte die Reihe von Ruderblättern an, die hochkant angelehnt von außen an der Wand des Bootsschuppens standen. Sie horchte in sich hinein und versuchte zu ergründen, woher der unangemessene Fluchtimpuls kam. Vielleicht lag es an dieser eigentümlichen Ahnung, von der sie plötzlich erfüllt war. Sie spürte mit einer unausweichlichen Klarheit, dass etwas geschehen würde, wenn sie hier bliebe. Etwas, das ihr ganzes bisheriges Leben über den Haufen werfen würde.

    *

    Das Hotel lag inmitten einer ausgedehnten, sattgrünen Rasenfläche, die bis zum Ufer reichte. Kleine Wellen schwappten ins Gras, ohne dass ein Sand- oder Felsstreifen das Land vom Wasser trennte. Der Landungssteg mündete in einen bekiesten Weg, der zwischen prächtigen alten Bäumen hindurch schnurgerade zum Haus führte, das mit seinem bernsteingelben Anstrich, den rot leuchtenden Schindeln und der weiß lackierten Veranda aussah wie der Landsitz eines begüterten Adligen aus einem Lagerlöf-Roman. Drei hohe, geschwungene Gaubenfenster im tief gezogenen Dachgeschoss vervollständigten das Bild eines malerischen Postkartenidylls.
    Hanna war angenehm überrascht. Für ihren Zwangsaufenthalt hätten

Weitere Kostenlose Bücher