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Sehnsuchtsland

Sehnsuchtsland

Titel: Sehnsuchtsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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völlig verdattert drein. Dann meinte sie langsam: »Du, Stockholm wird dir gefallen. Es ist großartig da, und du wirst...«
    »Ich will aber da nicht hin! Ich will hier bleiben!«
    Niclas war unbemerkt auf den Steg gekommen und ging hinter ihnen in die Hocke. »Es ist das Beste für uns, Pelle, auch wenn du das jetzt noch nicht sehen kannst.«
    Siv drehte sich zu ihm um, ein fragendes Lächeln auf den Lippen. »Wieso hast du nichts davon gesagt? Das ist ja eine tolle Neuigkeit!«
    »Ich habe die Wohnung heute erst bekommen. Ein Angebot unter der Hand. Sie ist perfekt für uns.«
    Pelle stemmte sich hoch und sprang auf. Er entfernte sich ein paar Schritte, dann drehte er sich zu Niclas um. » Unser Haus ist perfekt. Hier ist es perfekt! Ich will nicht wegziehen!« Mit wütend gesenktem Kopf rannte er über den Steg davon.
    Niclas richtete sich seufzend auf und schob die Daumen in die Schlaufen seiner Jeans. Heute lief anscheinend nichts so, wie es sollte. Gemeinsam mit Siv schlenderte er über den Steg zurück in den Garten.
    Sie versuchte, ihm Mut zu machen. »Er wird sich schon daran gewöhnen. Es ist ganz sicher die richtige Entscheidung.«
    »Ich habe keine andere Wahl.« Niclas hob die Schultern. »Ich habe einen neunjährigen Sohn, den ich nicht allein lassen kann, und ich habe einen anstrengenden Job in Stockholm. Außerdem hat meine Haushälterin mich verlassen.«
    Siv schaute ihn betroffen an. »Lina ist weg?«
    »Ja.«
    »Das tut mir Leid.«
    Niclas konnte den Verlust in menschlicher Hinsicht durchaus verschmerzen, doch darum ging es bei der ganzen Geschichte ja überhaupt nicht. Der entscheidende Punkt war, dass er irgendwie sein Leben in den Griff kriegen musste. Nicht nur um seinetwillen, sondern vor allem wegen Pelle. Es kostete so viel Kraft, ohne einen Partner die Verantwortung für ein Kind zu tragen, weit mehr, als er manchmal glaubte, schaffen zu können. Doch ihm blieb nichts anderes übrig, als es zu versuchen. Auch wenn das vielleicht bedeutete, dass sie beide Federn lassen mussten, er und Pelle.
    »Es muss einfach sein«, sagte Niclas, mehr zu sich selbst. »Ich muss wieder die Kontrolle über mein Leben bekommen. Und das ist nur möglich, wenn wir in Stockholm wohnen.«
    Er wandte sich Siv zu, und seine Stimme wurde eindringlich in dem Bemühen, seine Pläne überzeugend zu begründen. »Das ist doch nicht so schwer zu verstehen, oder? Ich kann einfach nicht dort arbeiten und Pelle hier jemand Fremdem überlassen!« Er nickte, als wolle er sich selbst noch einmal bestätigen, dass er Recht hatte. »Im Übrigen wird es ihm in Stockholm gefallen. Er wird schnell neue Freunde finden und... «
    »Natürlich wird er das«, fiel Siv ihm beruhigend ins Wort. »Du hast absolut Recht.«
    Niclas kam sich reichlich albern vor, als er begriff, dass der einzige Mensch, dem er den bevorstehenden Wechsel schmackhaft machen musste, er selbst war. Und Pelle natürlich, doch dessen Einstellung dazu war ihm bereits sattsam bekannt. Aber daran würde er noch arbeiten.
    »Wann willst du denn umziehen?«
    »Ende des Monats können wir in die Wohnung. Bis dahin habe ich mir freigenommen. Ich muss ja noch jede Menge organisieren. Das Haus und die Praxis verkaufen, ein neues Mädchen für den Haushalt finden, packen...«
    »Wenn du willst, helfe ich dir gerne«, sagte Siv eifrig.
    Niclas lächelte sie erfreut an. »Das ist nett von dir. Offen gesagt, jetzt, wo Lina weg ist, werde ich jede Hilfe brauchen können.«
    »Du weißt doch, dass du dich auf mich verlassen kannst!« Siv strahlte ihn an und strich ihm sanft über die Wange. Dann legte sie den Arm um ihn und drückte ihn an sich. Niclas erwiderte die Umarmung und küsste sie kurz auf die Wange.
    Hanna, die sich mit Erik vor ein paar Minuten zu Lotta und Jan Olsson gesellt hatte, sich jedoch nicht an der Unterhaltung beteiligte, konnte ihre Blicke nicht von dem Paar beim Getränkestand abwenden. Als Siv und Niclas einander umarmten, verfolgte Hanna jede einzelne ihrer Bewegungen. Sie wollte wegschauen, doch sie konnte es nicht. Ihr Herz tat einen schmerzhaften kleinen Hüpfer, als sie sah, wie Niclas’ Hand über den Rücken des Mädchens glitt. Sie starrte die beiden mit brennenden Augen an.

    *

    Die Nacht erfüllte das Zimmer mit drohenden Schatten, die Hanna am Einschlafen hinderten. Sie war todmüde gewesen, als sie endlich zu Bett gegangen war, doch sie kam nicht zur Ruhe. Sie hatten die Läden offen gelassen, weil Hanna sich weigerte, bei absoluter

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