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Sehnsüchtig (German Edition)

Sehnsüchtig (German Edition)

Titel: Sehnsüchtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Woodtli
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her“, sagt er und zieht sie mit der freien Hand an sich, das Champagnerglas in der anderen. Sie hält ihm die linke Wange hin aber er spekuliert auf die andere oder ist einfach ungeschickt , all der Alkohol, der Kuss verrutscht und landet auf ihrem Mundwinkel. Seine Lippen sind weich. So weich wie sie es sich vorgestellt hat. Sie schmeckt Whiskey. Alys gerät ein wenig ins Schwanken, als wäre sie es, die betrunken ist und nicht er. Sie nützt die Gelegenheit und hält sich an ihm fest. Er scheint das kleine Kuss-Malheur nicht einmal bemerkt zu haben. Schlingt einen Arm um ihre Taille als wolle er sie stabilisieren. Er hält sie eine ganze Weile fest. 2012 beginnt gut.
    Dann lässt er sie los und greift nach der Whiskey-Flasche, füllt sich schon wieder das Glas. Sie fühlt das dringende Bedürfnis, ihm die Flasche wegzunehmen. Aber was kann sie schon tun? Er ist ein erwachsener Mann und wenn er das Gefühl hat, sich die Kante geben zu müssen – und zwar so richtig – dann kann sie nichts dagegen tun. Beziehungsweise, sie könnte es versuchen, aber sie ist sich ziemlich sicher, dass er nicht besonders positiv darauf reagieren würde.
    Sie sieht, dass Marlen ihn ebenfalls beobachtet. „Eliot hat einen ganz schönen Zug drauf heute“, sagt Alys und lässt es neutral klingen. Marlen nickt. „Kommt das öfter vor?“, getraut sich Alys zu fragen. Der Gin Tonic von vorher und der Champagner machen sie mutig. Trotzdem , sie fühlt sich nüchtern. Marlen furcht die Stirn. „Nein, eigentlich nicht. Er trinkt gerne, aber mit Mass. Ich hab ihn lange nicht mehr so erlebt. In letzter Zeit trinkt er zwar mehr als auch schon ...“ Warum?, liegt Alys auf der Zunge, aber sie hält sich zurück. Dann wieder scheint Marlen die unausgesprochene Frage auf ihrem Gesicht zu sehen „Der Stress mit dem Album, die Tour. Wahrscheinlich ist er völlig überarbeitet. Er muss ja auch immer alles selber machen und alles kontrollieren, jedes Detail.“ Alys nickt, ihr Blick ruht auf Eliot.
    „Du machst dir Sorgen um ihn“, sagt Marlen. Alys’ Blick ruckt zurück zu Marlen. Dann zuckt sie mit den Schultern. „Es ist mir schon aufgefallen, dass er etwas am Anschlag ist. Ich hab ja ziemlich viel Kontakt mit ihm wegen dem CD-Booklet.“ Sie lässt es beiläufig klingen. Marlen ist offenbar aufmerksam. Dabei gebe ich mir doch alle Mühe, dass niemand meine Faszination für Eliot bemerkt. Du bist wohl doch keine so gute Schauspielerin, feixt die kleine Stimme im Kopf. Wie immer böse. Sei still.
    Alys’ Blick wandert durch den Raum und was sie sieht, vertreibt Eliot schlagartig aus ihrem Kopf. Mascha sitzt auf Noahs Schoss, seine Hand auf ihrem Rücken, die andere irgendwo auf ihrem Hintern, ihre Arme um seinen Hals. Das ist kein unschuldiger Gutes-Neues-Jahr- Kuss. Die beiden knutschen rum wie Teenager. Seine Zunge in ihrem Hals. Oder umgekehrt. Wer weiss das schon. Dann findet Alys’ Blick Frederic. Er steht irgendwo hinten im Raum, beobachtet das Geschehen halb fassungslos, halb verzweifelt und ist eben dabei, sich die Jacke anzuziehen. Verharrt in der Bewegung, als sei er nicht sicher, ob er fliehen soll oder sich den Anblick länger antun soll.
    „Scheisse!“, murmelt Alys. Marlen hat es offenbar auch gesehen. „Ich muss mich mal um Frederic kümmern“, sagt Alys und ist mit wenigen Schritten bei ihm. Sie packt ihn am Unterarm. „Komm mit“, sagt sie. „Was?“, sein Blick haftet immer noch an Mascha. Er sieht aus als hätte ihn jemand ins Gesicht geschlagen. „Wir gehen eine rauchen ...“ Alys zieht ihn mit sich. „Ich rauche nicht ...“ Seine Stimme klingt brüchig. „Heute schon. Komm jetzt.“ Du klingst schon wie Eliot, schiesst ihr durch den Kopf. Komm her. Komm mit. Sie blickt über ihre Schulter zurück zu Eliot. Er sitzt auf dem Sofa, das Whiskey-Glas in der Hand und scheint seine eigene Party zu feiern. Als würde er nicht mitbekommen, was um ihn herum passiert. Aber Marlen ist ja da. Er ist nicht allein.
    Frederic reagiert jetzt endlich, lässt sich von ihr mitschleifen. Erst draussen lässt sie ihn los und drückt ihm eine Zigarette in die Hand. „Danke“, murmelt er. Sie lässt ihr Feuerzeug aufflammen und steckt sie ihm an. Er nimmt einen tiefen Zug. Sie kann seine Hand zittern sehen und zündet sich selbst eine an. „Es tut mir leid“, sagt sie dann. „Ich wollte nicht, dass der Abend so endet.“
    „Du weisst es also ...“, murmelt er. Seine Augen glänzen seltsam. Vielleicht vom Alkohol.

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