Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse
Mine. Einen Moment blickte er verunsichert zu Alebin hoch; dann erwachte seine Erinnerung, und er klatschte die Steinhände zusammen, dass die Funken sprühten.
»Der Elfenspion!«, rief er freudig überrascht.
»Der Steinling«, äffte Alebin ihn nach, leiser und gänzlich unbegeistert.
»Langstreckenmeldesteinling«, verbesserte Rocky automatisch, ohne sein erfreutes Lächeln zu verlieren. »Du erinnerst dich also an mich!«
»Wie könnte ich dich vergessen?« Alebin dachte an seine Zehen und an den heißen Schmerz, den sie ihm nach dem Zusammenstoß mit Rockys Faust durch den Körper gejagt hatten. »Hör zu: Ich brauche eine Auskunft.«
»Da bist du hier genau richtig! Wir handeln mit Informationen, und …«
»Das hast du mir alles schon erzählt. Mein Gedächtnis ist in Ordnung, du brauchst also nichts zu wiederholen.« Etwas hatte Alebin doch vergessen, nämlich, wie nervtötend er den erzählfreudigen Steinling fand. Inzwischen war ihm das aber wieder eingefallen.
»Nicht? Schade! Na ja. Hauptsache, du bist hier und wir können uns unterhalten. Hast du deine Mission schon beendet?«
»Meine was?«
»Deine Spionagetätigkeit. Du bist doch ins Moor gekommen, um einen Auftrag zu erledigen.« Rocky stutzte, lachte auf und schlug sich vor die Stirn. »Wie dumm von mir! Du hast ihn natürlich noch nicht erledigt, sonst wärst du ja nicht hier. Wo warst du eigentlich die letzten Tage?«
Alebin setzte sich auf den Boden. Er ahnte, dass er länger als die erhofften zwei Minuten bleiben musste. Kurz erwog er, die Beine anzuziehen, um seine Arme auf den Knien zu parken, nahm aber wieder Abstand davon, als ihm die klamme Feuchtigkeit des Hosenstoffes an die Haut drang. Es war nicht eben warm unter Tage. Genauer gesagt: Es war lausig kalt.
Alebin überlief ein Schauer, als er die Frage des Steinlings beantwortete. »Ich war in Whispering Willows.«
»Das ist ein Scherz!«
»Ist es nicht.«
»Aber … aber ich hatte dich doch extra davor gewarnt, da hinzugehen!«
»Ja. Und herzlichen Dank noch mal, dass du dich so klar und deutlich ausgedrückt hast!«
Rocky lächelte geschmeichelt. »Das bringt der Beruf so mit sich. Weißt du, beim Nachrichtenklopfen muss man genau auf seine Wortwahl achten; es sind ja viele Stationen zwischengeschaltet, und wenn man nicht achtgibt, kommt beim Empfänger eine ganz verdrehte Information an. Das wiederum wäre schlecht fürs Geschäft, schließlich zahlt die Kundschaft ja … für … unsere …« Der Redefluss wurde immer langsamer. Als er endete, war auch Rockys Lächeln fort. Aus erschrockenen Augen sah er zu Alebin auf.
»Aber der Lebensfaden!«, flüsterte er. »Wenn du in Whispering Willows warst, dann hängt …«
»Mein Lebensfaden fest? Erzähl mir was, das ich noch nicht weiß.«
»Heiliger Schnappwichtel!« Rocky war entsetzt. »Aber das ist furchtbar! Ganz entsetzlich und grauenhaft! Ich meine, wie willst du deinen Beruf noch ausüben, wenn du von dem Dorf nicht mehr loskommst?«
»Deshalb brauche ich ja eine Auskunft.«
»Gern.« Der Steinling nickte eifrig. »Was kann ich dir erzählen?«
Alebin holte tief Luft. »Ich will wissen, wie der Fluch zustande kam, was die Bestie damit zu tun hat, wie man ihn wieder loswird und wer die schwarze Flatterkrähe ist, die durchs Moor schleicht, um harmlose Wanderer zu Tode zu erschrecken!«
»Die schwarze Flatterkrähe?«, wiederholte Rocky gedehnt. Er sah etwas ratlos aus. »Es gibt jede Menge Krähen hier, sie sind alle schwarz, und sie flattern alle. Aber erschreckend ist das eigentlich nicht.«
»Ich meinte keinen Vogel.« Alebin beschrieb ihm die unheimliche Frau am See, und während er das tat, sank Rockys Unterkiefer in die Tiefe.
Hörbar knallte er den Mund zu, ehe er ihn wieder öffnete, um zu flüstern: »Das war die Torfmuhme! Shumoonya, der böse Geist vom Bodmin Moor! Sie kennt jeden Weg, jeden Ort, jeden Stein, und wenn du irgendwo auf magische Kreise stößt – oder Schlimmeres –, kannst du sicher sein, dass sie von der Torfmuhme stammen. Sie ist sehr mächtig. Und du hast sie wirklich gesehen?«
»Scheint so, oder?«
»Wieso lebst du dann noch?« Rockys Blick wanderte an Alebin herunter, als suche er nach grässlichen Verletzungen. Stattdessen fand er etwas anderes, was ihn erleichtert auflachen ließ. Allerdings nur für einen Moment. »Aha, du bist ihr entwischt! Reingesprungen in den Dozmary Pool, ja? Aber halt mal, Augenblick! Im Dozmary Pool haust ein anderer Geist …«
»Treggle, ich
Weitere Kostenlose Bücher