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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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Buggy ein Kopf in Sicht – der eine hager und mit roter Kappe, der andere struppig und rund aufgeblasen. Was sie gemeinsam hatten, waren die entsetzt aufgerissenen Augen.
    »Aaaa…«, hob der Kau an.
    Alebin nickte. »Ganz recht: Aaaalebin. Und wen haben wir hier?« Er trat neben den Kinderwagen, blickte hinein und begann zu strahlen. »Ja, das ist ja der kleine Talamh!« Er klatschte die Hände zusammen. »So eine nette Überraschung aber auch. Da können wir ja alle zusammen nach Lyonesse gehen.«
    Alebin wandte sich Shumoonya zu, schlagartig wieder ernst. Er fragte mit kalter Stimme: »Kannst du ihn irgendwie zum Schweigen bringen, ehe er die ganze Stadt zusammenbrüllt?«
    »Sicher.«
    »Aber tu ihm nichts! Er ist unsere einzige Hoffnung, die verlorene Unsterblichkeit zurückzugewinnen!« Alebin machte der Torfmuhme Platz.
    Sie zeigte flüchtig auf Cor und den Kau. »Was ist mit denen?«
    »Die nehmen wir mit.«
    Sie nickte den verängstigten Elfen zu. »Ab ins Körbchen!«, befahl sie und wies auf die Gitterablage unterhalb des Buggys. Cor gehorchte, sein Partner nicht. Blitzschnell warf sich der Kau herum und flitzte davon. Er war klein und mager – er musste nur einen passenden Spalt finden, dann wäre er weg.
    Die Augen der Torfmuhme glühten auf. Sie begann zu schmelzen, sie und ihr schwarzes Flattergewand, sank dem Boden zu, verlor alle Konturen. Nur die Augen blieben, wie sie waren. Um diese schrecklichen gelben Lichter herum formte sich eine neue Gestalt, wuchs hoch, wurde größer und immer kräftiger. Zehn, elf Herzschläge, dann hatte sich Shumoonya in die Bestie verwandelt. Ihre langen Reißzähne blitzten, als sie lossprang.
    Wie ein schwarzer Höllendämon fegte das raubtierähnliche Wesen die Straße hinunter, dem flüchtenden Elfen hinterher. Trotz ihrer Größe schaffte sie die schnellsten Richtungswechsel, balancierte sich dabei nach Katzenart mit dem Schwanz aus. Einmal hin, einmal her, und schon hatte sie den Kau gestellt.
    Alebin sah amüsiert zu, wie sie das schlotternde Elflein vor sich her zurücktrieb. Er warf einen Blick auf Talamh. »Kannst aufhören zu schreien! Ihr habt verloren.«
    Doch das Baby verstummte nicht. Es brüllte aus Leibeskräften, und Alebin wurde allmählich unruhig. Er hatte nicht übel Lust, dem Kind eine reinzuhauen.
    Als Shumoonya den Wagen erreicht hatte, trieb sie den Kau in den Korb und nahm ihre Torfmuhmengestalt wieder an. Dann beugte sie sich über Talamh.
    »Halt den Mund!«, fuhr sie ihn an.
    Das zeigte keinen Erfolg, also versuchte sie es auf andere Weise. Sie starrte ihn an, den Sohn des Frühlingszwielichts, mit durchbohrendem Blick voll finsterer Magie. Doch der kleine Junge widerstand ihrer Macht, sog sie hinein in seine dunkelblauen Elfenaugen und warf sie zurück.
    Die Torfmuhme richtete sich auf, sichtlich irritiert.
    »Er ist gefährlich«, sagte sie zu Alebin, während sie aus dem Handgelenk einen Bann über den Buggy warf. Er konnte Talamh nichts anhaben, hüllte aber das Gefährt ein, sodass kein Laut mehr nach außen drang.
    »Ja, das ist er wohl.« Alebin steckte sein Schwert durch die Manteltasche, damit es einen Halt hatte, und griff nach dem Kinderwagen. »Sobald das Unsterblichkeitsproblem gelöst ist, werde ich ihn unschädlich machen. Aber im Moment müssen wir das Risiko Talamh ertragen, da führt kein Weg dran vorbei. Apropos Weg.« Er zeigte nach vorn. »Da geht’s lang! Auf nach Lyonesse.«
    Derselbe Mond, der das schlafende Marazion bewachte, stand auch über Lyonesse. Doch während sich sein magisches Winterlicht in der vorweihnachtlichen Menschenwelt an geheimnisvoll glitzernden Dekorationen spiegelte, holte es in Cunomorus’ Reich ein Bild aus der Dunkelheit, das niemand sehen wollte.
    Wahrlich nicht.
    Es war ein Bild des Zerfalls. Einer Vergänglichkeit, deren Schrecken unermesslich schien, weil man ihr nach Jahrhunderten unbeschwerten Daseins zum ersten Mal begegnete. Auf den endlos weiten Rosenfeldern rings um die Hauptstadt war seit Elfengedenken nichts anderes zu sehen gewesen als prachtvolle, überschwänglich blühende Pflanzen. Hochstämme zumeist, deren lieblicher Duft je nach Windrichtung wechselte. Er hatte die ganze Stadt durchdrungen.
    Die Stämme waren noch immer da, doch was sich an ihnen gen Himmel reckte, war ohne Leben. Kahle, dürre Zweiglein, wie Koboldfinger. Grau versteinert, mit bröckelnden Knospen. Der ganze Boden – einstmals gute Erde – war von einer Staubschicht überzogen. Wer genau hinsah,

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