Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel
daran auf und ab. Isabelle ... Sie hätte auf ihm sitzen müssen. Sie hätte ihm schmutzige Anweisungen zuraunen müssen, ihm und nicht Kyo!
Toshi rieb sich härter. Es schien, dass er sich bestrafen wollte. Die Augen geschlossen, tanzten die Bilder der schlanken, geschmeidigen Frau vor seinem Geist, die sich bewegte, und auf deren weißer Haut die verschlungene Seide lag. Sie hatte ihn herausgefordert, das wusste er, aber es gehörte zu ihrem Reiz. Es machte ihn aus. Sie gab sich ihm hin und gleichzeitig trotzte sie ihm. Doch was schlimmer war, war die Tatsache, dass er darauf reagierte. Sie faszinierte ihn, und er war schon lange nicht mehr so unbeteiligt, wie er es ursprünglich vorgehabt hatte.
Sein Rhythmus wurde stärker und Toshi stöhnte laut. Es hallte im Raum wieder und klang hohl. Verflucht, er sollte jetzt mit Isabelle in diesem Bett liegen und sie zum Stöhnen bringen! Toshi keuchte und spürte, wie sein Körper starr wurde, als er in sein Taschentuch spritzte. Der Orgasmus umklammerte ihn, aber er konnte nur an eines denken: an ihr rotes Haar und die grünen, funkelnden Augen, die ihn herausgefordert hatten.
K APITEL 12
Kyo kam die kommenden Tage regelmäßig zu Isabelle. Toshi hatte nicht gelogen; der Host war ihre ganz persönliche Hilfe, was das Üben des Shibari betraf. Anfangs hatte sie Schwierigkeiten. An sich selbst ein Seil zu knoten, das war einfacher gewesen, als sie gedacht hatte, aber es an einem anderen Menschen zu tun, war schwerer. Die Aufgabe, sich in der letzten Woche vor einer Gruppe von erfahrenen Bondage-Liebhabern beweisen zu müssen, trieb Isabelle an.
„Das ist zu schwer“, schnaubte sie, nachdem sie einmal mehr an einer komplizierten Figur gescheitert war.
„Es ist eine der angesehensten Figuren“, mahnte Kyo sie und sah auf das Knotengewirr, das halb um seine Hüften und den Hals hing. „Aber so, wie es aussieht, hast du eher vor, mich aufzuknüpfen.“
Isabelle stöhnte und raufte sich die roten Haare. „Das fehlte mir noch – ich erwürge dich vor dem Publikum!“
Kyo lachte und strich ihr beruhigend über die Oberarme. „Entspann dich, bisher hast du die meisten Figuren doch gut gemeistert.“
„Das ist Kinderkram! Wenn ich bestehen will, muss ich etwas weitaus Komplexeres als ein dummes Karada schaffen. Und mir läuft die Zeit weg“, seufzte Isabelle. Tatsächlich waren bereits die Hälfte der dreißig Tage verstrichen. Viel Zeit blieb ihr nicht mehr.
Kyo kniff die Augen zusammen, als wäre ihm etwas eingefallen. „Warte hier.“
Er ließ Isabelle einfach im Wohnraum des Appartements stehen und verschwand aus der Tür. Isabelle ließ sich in einen Sessel sinken und drehte nachdenklich das Seil in ihren Händen. Einfacher Hanf, keine Seide. Aus irgendeinem Grund hatte Isabelle Furcht davor, die Seile, die Toshi für sie hatte anfertigen lassen, an jemand anderem auszuprobieren.
Das Bild des Yakuza war so plötzlich vor ihrem inneren Auge, dass Isabelle scharf die Luft einsog. Sie hatte ihn ganz verdrängt, aber der Gedanke an ihn kam dafür jetzt mit umso größerer Heftigkeit zurück. Isabelle kreuzte die Beine und knotete eine Schlaufe in das Seil. Es ging ganz automatisch, die Bewegung war ihr bereits in Fleisch und Blut übergegangen.
Seit der Aufgabe mit Kyo hatte Isabelle Toshi weder gesehen, noch hatte er angerufen. Auch die Zwillinge waren nicht mehr aufgetaucht. Isabelle hatte sich mit Tomo getroffen, war durch Tokio gelaufen, wenn ihr das Appartement zu eng wurde – aber kein Anzeichen davon, dass einer der drei in ihrer Nähe war oder überwachte, wohin sie ging und was sie tat. Aber irgendjemand musste für ihr Wohl sorgen. Für sie war Geld in einem Safe an der Rezeption hinterlegt worden. Eine Summe, die gereicht hätte, ihr einen luxuriösen Flug zurück nach Deutschland zu sichern. Einen Flug, der für sie bedeuten würde, Shin seinem Schicksal zu überlassen und auch ... Toshi nicht mehr wiederzusehen. Mit Kyo sprach Isabelle nicht darüber. Er half ihr jedoch umso intensiver bei den Shibari-Übungen. Kyo wusste mehr darüber, als er Isabelle bisher verraten hatte, aber das kam ihr jetzt zugute. Ohne seine Hilfe wäre sie keinesfalls so weit wie jetzt. Aber auch diese Hilfe hätte sie nicht bekommen, wenn Toshi ihn nicht hergebracht hätte. Toshi. Egal was, schlussendlich drehte sich alles nur um ihn. Und Isabelle wusste nicht mehr, wie sie für den Yakuza empfinden sollte. Es war nicht mehr nur Negatives, was sie für ihn empfand.
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